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Bundesgerichtshof stärkt Immobilienanlegerrechte

LICON Wohnbau GmbH, VITO City Properties GmbH und Patria Invest GmbH – sie alle verwendeten teilweise die sogenannte Fortgeltungsklausel in ihren Kaufverträgen! Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Fortgeltungsklausel in notariellen Kaufvertragsangeboten gekippt und stärkt damit die Rechte von Kapitalanlegern sogenannter Schrottimmobilien!

Welche Rolle spielt der Notar?

In den sogenannten Schottimmobilien-Fällen spielen die Verkäufer der Eigentumswohnungen, die Vertriebsgesellschaften mit ihren Finanzberatern, die kreditfinanzierenden Banken und immer auch ein Notar, ohne den die notarielle Beurkundung des Kaufvertrages nicht von Statten gehen könnte, eine Rolle. Die notariell zu beurkundenden Kaufverträge sind meistens einseitig durch die Verkäufer vorgegeben. Eine Verhandlung über die genauen Regelungen des Kaufvertrages fand nicht statt. Ein Notar liest die Vertragsklauseln vor. Die Käufer der der Immobilien erkennen als normale Verbraucher die juristischen Feinheiten der Ihnen vorgegebenen komplexen und vielfach komplizierten Vertragsklauseln meist nicht und nehmen deshalb auch während der Beurkundung keinen Einfluss. Allein der Umstand, vor einem Notar zu sitzen ist für die meisten Menschen so ungewöhnlich, dass sie auch psychisch und nervlich in einer Ausnahmesituation sind.

Die sogenannte Fortgeltungsklausel

Eine solche Klausel befindet sich in einer Vielzahl von Kaufverträgen, die von geschädigten Schrottimmobilien-Käufern unterschrieben und beurkundet wurden. Diese kann zum Beispiel wie folgt lauten:

„1. An das Angebot hält sich der Käufer bis zum (X) unwiderruflich gebunden.

2. Nach Ablauf der Frist erlischt lediglich die Bindung an das Angebot, nicht jedoch das Angebot, dass in stets widerruflicher Weise fortbesteht.“

Diese Regelung benachteiligt den Verbraucher nach § 308 Nr.1 BGB unangemessen. Denn sie sieht vor, dass das Kaufvertragsangebot nach dem Tag X trotzdem so lange fortbesteht, bis der Käufer sein Angebot von sich aus aktiv widerruft.

Was hat der BGH am 07.06.2013, V ZR 10/12, entschieden?

Ein Kaufvertrag, der weder durch die Käufer selbst formuliert wurde noch von den Parteien im Einzelfall ausgehandelt wurde, unterliegt der Klauselkontrolle der allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Die AGB-Kontrolle bezweckt den Schutz der Verbraucher, die sich im Geschäftsverkehr oftmals seitens der Unternehmer einseitig gestellter und vorformulierter Vertragsbedingungen ausgesetzt sehen.

Der BGH sieht den mit der Fortgeltungsklausel verbundenen Nachteil darin, „dass der Antragende möglicherweise auch sehr lange Zeit nach der Abgabe seines Angebots noch nicht weiß, ob der von ihm gewünschte Vertrag zustande kommt oder nicht.“

Der Käufer kann also noch nach Monaten oder Jahren durch die Annahme des Vertrages überrascht werden, selbst wenn der Vertrag längst nicht mehr gewünscht ist.

Der BGH hat auch entschieden, dass insbesondere die Kaufpreiszahlung grundsätzlich nicht als schlüssige Annahmeerklärung auszulegen ist, „wenn der Erstanbietende, weil er von der Unwirksamkeit der Fortgeltungsklausel nichts weiß, davon ausgeht, dass der Vertrag bereits mit der Annahme seines Angebots durch den Verwender zustande gekommen und daher von dieser Seite auch nichts mehr zu erklären ist.“

Gerichtsverfahren bekommen neuen Wind!

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Dr. Schulte ist überzeugt, dass dieses Urteil Bewegung in die Fälle seiner durch ihn vertretenen Anleger und Käufer von sogenannten Schrottimmobilien bringt:

„Diese Fortgeltungsklauseln wurden in einer Vielzahl von Fällen durch verschiedenste Bauträger verwendet. Aus meiner langjährigen Berufserfahrung ist mir bekannt, dass sich zum Beispiel dieLICON Wohnbau GmbH, VITO City Properties GmbH und Patria Invest GmbH solcher Fortgeltungsklauseln in einem Teil der Kaufvertragsangebote bediente. Für die Käufer der Eigentumswohnungen bedeutet dies, dass ggf. nunmehr auf Grund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ihre Chancen auf Rückabwicklung der Eigentumswohnung um ein Vielfaches besser stehen. Hierzu müssen Sie allerdings beweisen können, dass der Kaufvertrag seitens der Verkäuferin vorformuliert war und sie auf den Inhalt der Klausel, insbesondere auf die Geltungsdauer des Kaufvertragsangebotes, selber keinerlei Einfluss nehmen konnten.“

„Unter Umständen sehen sich nun auch die beurkundenden Notare einer Inanspruchnahme durch die Verkäuferfirmen ausgesetzt. Dies bleibt abzuwarten.“, sagt Rechtanwalt Dr. Thomas Schulte und Team, der mit seinem Team regelmäßig Immobiliengeschäfte von verunsicherten Käufern prüft.

Betroffene und Ratsuchende sollten ihre Kaufverträge daher durch einen fachkundigen Rechtsanwalt prüfen lassen, der auf Grund jahrelanger Berufserfahrung im Bank- und Kapitalmarktrecht fachlich spezialisiert ist. Die Entwicklung und Rechtsprechung für den Anlegerschutz im Bereich „Schrottimmobilien“ lässt darauf hoffen, dass neue Chancen für die Betroffenen und ihre Familien eröffnet werden.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
23. Jahrgang - Nr. 1009 vom 26. Juli 2013 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich