Wenn Unternehmen zu Waren werden- ein explosiver Markt - Valentin Schulte

Wenn Unternehmen zu Waren werden: ein explosiver Markt!

Unternehmenskauf – Der Kauf und Verkauf von Unternehmen sind kein alltäglicher Vorgang. Es handelt sich um ein Milliardengeschäft, das die wirtschaftliche Landschaft nachhaltig prägt. 2016 belief sich das Volumen von Unternehmenskäufen mit deutscher Beteiligung auf unglaubliche 220 Milliarden Euro. Doch so gewaltig diese Summen auch sind, so komplex und risikoreich ist der gesamte Prozess. Gesetzliche Regelungen greifen nur bedingt, und die Vertragsfreiheit der Parteien spielt eine entscheidende Rolle.

Die Grundlagen des Unternehmenskaufs: Ein rechtliches Minenfeld

Trotz der immensen wirtschaftlichen Bedeutung ist der Unternehmenskauf im deutschen Recht nicht gesondert geregelt. Die allgemeinen Vorschriften über den Kauf von Sachen nach § 453 Abs. 1 BGB finden entsprechende Anwendung. Doch Unternehmen sind keine „gewöhnlichen“ Kaufgegenstände. Ihre Komplexität erfordert eine differenzierte Betrachtung, die weit über die einfachen Regeln des Sachenrechts hinausgeht. Die Rechtsprechung hat hier eine überragende Bedeutung erlangt.

Asset Deal vs. Share Deal: Der Kampf der Kaufmodelle

Der Unternehmenskauf kann grundsätzlich in zwei Varianten erfolgen: dem Asset-Deal und dem Share-Deal. Beim Asset-Deal werden einzelne Vermögenswerte des Unternehmens übertragen. Dies kann Maschinen, Vorräte, Immobilien und sogar Verträge betreffen. Die Herausforderung liegt hier im sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz und in der Notwendigkeit, die Zustimmung Dritter einzuholen, wenn Verträge übernommen werden sollen. Besonders hervorzuheben ist § 613a BGB, der den Übergang von Arbeitsverhältnissen auf den Erwerber regelt.

Der Share Deal hingegen ist sachenrechtlich einfacher: Hier werden die Gesellschaftsanteile übertragen, wodurch der Erwerber mittelbar das Unternehmen kontrolliert. Alle bestehenden Verträge, Verbindlichkeiten und Vermögenswerte verbleiben bei der Gesellschaft. Gemäß § 453 BGB findet auch hier das Kaufrecht Anwendung, obwohl es sich um den Kauf von Rechten handelt.

Mängel und Fallen: Wann ist ein Unternehmen „mangelhaft“?

Eine der kniffligsten Fragen beim Unternehmenskauf ist die nach der Mangelhaftigkeit des Unternehmens. Beim Asset Deal richtet sich die Mangelhaftigkeit nach § 434 BGB. Entscheidend ist hier, ob die vereinbarte Beschaffenheit vorliegt. Ist unter anderem ein erheblicher Teil des Betriebsvermögens marode oder sind wichtige Maschinen defekt, kann dies einen Mangel darstellen.

Beim Share Deal hingegen haftet der Verkäufer im Grundsatz nur für das Bestehen der Gesellschaftsanteile (§ 453 BGB). Die Frage, ob das Unternehmen wirtschaftlich gesund ist, bleibt auf den ersten Blick außen vor. Doch die Rechtsprechung hat diese formalistische Sichtweise aufgeweicht. Bereits das Reichsgericht und später der Bundesgerichtshof (BGH) haben entschieden, dass ein Mangel des Unternehmens auch beim Share Deal zu berücksichtigen ist, wenn der Erwerb der Anteile wirtschaftlich einem Unternehmenskauf gleichsteht.

Valentin Schulte / Kanzlei Dr. Schulte
Valentin Schulte / Kanzlei Dr. Schulte

Das Gericht spricht: Urteile, die Geschichte schrieben

Der BGH hat in seinem Urteil vom 20.10.2009 (DAR 2010, 77) klargestellt, dass der Verkäufer beim Unternehmenskauf für die wirtschaftliche Tauglichkeit des Unternehmens haftet, wenn dies explizit oder implizit Vertragsinhalt ist. Ebenso hat das OLG Köln im Jahr 2009 (BeckRS 2009, 27644) gefordert, dass ein Unternehmen mangelhaft ist, wenn der normale Betriebsablauf gestört wird oder die wirtschaftliche Zielsetzung nicht erreicht werden kann.

Das Drama um den Baumarkt: Ein Beispiel aus der Praxis

Ein anschauliches Beispiel: Ein Unternehmer verkauft seinen Baumarkt inklusive zwei Grundstücken. Tatort: Wuppertal. Eines der Grundstücke, das nicht mehr für den laufenden Betrieb genutzt wird, ist stark kontaminiert. Die Sanierungskosten betragen zwei Millionen Euro, der Verkaufswert sinkt drastisch. Der Käufer argumentiert, dass dies einen Mangel darstellt, da der Wert des Unternehmens massiv beeinträchtigt wurde. Nach der gängigen Rechtsprechung ist dies jedoch kein Mangel, da der Betriebsablauf nicht direkt betroffen ist. Dennoch wäre es wirtschaftlich unbillig, den Käufer auf diesem Schaden sitzenzulassen.

Die Rechtsfolgen von Mängeln: Nacherfüllung, Rücktritt und Schadensersatz

Ist ein Unternehmen mangelhaft, stehen dem Käufer die Rechte aus § 437 BGB zu. Die Nacherfüllung ist jedoch oft problematisch, da eine „Nachlieferung“ eines Unternehmens unmöglich ist (§ 275 BGB). Eine Nachbesserung kann dem Käufer unzumutbar sein, wenn der Verkäufer erneut Einfluss auf das Unternehmen erhält.

Der Rücktritt vom Vertrag nach § 323 BGB ist nur bei erheblichen Mängeln möglich. Hierzu gehört etwa die Insolvenz des Unternehmens kurz nach dem Kauf. Die Minderung des Kaufpreises nach § 441 BGB ist eine weitere Option, jedoch gestaltet sich die Wertermittlung bei Unternehmen oft als schwierig und streitanfällig.

Vertragsgestaltung: Der Teufel steckt im Detail

In der Praxis spielen individuelle Vertragsgestaltungen eine überragende Rolle. Unternehmenskaufverträge umfassen oft mehrere hundert Seiten. Wichtige Bestandteile sind Kaufpreisanpassungsklauseln, Garantien, Freistellungen und Schiedsklauseln.

Der Kaufpreis: Mehr als nur eine Zahl

Die Bestimmung des Kaufpreises ist ein heikler Punkt. Oft werden sogenannte „Cash-free-/Debt-free“-Klauseln verwendet, bei denen der Kaufpreis an die zum Stichtag vorhandenen Barmittel und Schulden angepasst wird. Feste Kaufpreise bergen das Risiko, dass der Verkäufer vor Vertragsvollzug noch Vermögen abzieht. Hier helfen „Locked-box“-Klauseln, die dies verhindern sollen.

Garantien und Freistellungen: Die Sicherheitsnetze im Vertrag

Da die gesetzlichen Gewährleistungsrechte oft nicht ausreichen, sichern sich Käufer durch umfangreiche Garantien ab. Der Verkäufer garantiert unter anderem die Richtigkeit der Bilanz oder das Bestehen bestimmter Verträge. Für bekannte Risiken werden Freistellungen vereinbart. Besonders bei Steuerverbindlichkeiten sind solche Klauseln überlebenswichtig.

Streitigkeiten vermeiden: Schiedsklauseln als Rettungsanker

Unternehmenskaufverträge enthalten häufig Schiedsklauseln, um langwierige Gerichtsverfahren zu vermeiden. Schiedsgerichte arbeiten schneller, vertraulicher und oft fachlich kompetenter. Das Urteil bleibt unter Verschluss, was besonders bei sensiblen Unternehmensdaten von Vorteil ist.

Fazit: Unternehmenskauf als Hochseilakt

Der Kauf und Verkauf von Unternehmen ist ein komplexer Prozess, der weit über einfache Kaufverträge hinausgeht. Die richtige rechtliche Beratung und eine detaillierte Vertragsgestaltung sind unerlässlich, um Fallstricke zu vermeiden und teure Rechtsstreitigkeiten zu verhindern.

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Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
23. Jahrgang - Nr. 10436 vom 28. Februar 2025 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich