Sicherheit und Schutz für den Vertrieb und die Vertriebsmitarbeiter. Was wenn ein Haftungsfall eintritt, ist der Vermittler in der Haftung? Wieviel Schutz kann das Haftungsdach bieten?
Haftungsdächer sind eine bildhafte Formulierung für den Schutz von Vertriebsmitarbeitern, wenn sie für Rechnung eines Dritten tätig werden. Das Haftungsdach soll dann Schutz bieten, wenn wegen fehlerhafter Kapitalanlageberatung und/oder Kapitalanlagenvermittlung eine Haftung droht.
Im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung in den Räumen der Rechtsanwälte Dr. Schulte und sein Team in Berlin 24.03.2014 gingen die Juristen der Frage nach, inwiefern aus juristischer Sicht der rechtliche Rahmen für die Erfüllung des Haftungsdaches für Vertrieb und Vermittler ausreichend ist. An Hand von jüngsten Beispielen wie bei der Infinus AG, FuBus, S&K wurden die Konstellationen diskutiert und verglichen.
Dabei kann sich das Haftungsdach in zweierlei Richtungen darstellen:
Einmal kann der Begriff Haftungsdach unjuristisch gebraucht werden. Dies ist meist dann der Fall, wenn ein Vermittler für einen Dritten eine Beratung erbringt. In diesen Fällen kann eine Zurechnung der Beratung über die Vorschrift des § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der so genannte Erfüllungsgehilfe, möglich sein.
Zum anderen gibt es das Haftungsdach im engeren Sinne. Dies ist ein Einlagenkreditinstitut oder Wertpapierhandelsunternehmen und verfügt über eine Erlaubnis nach § 32 KWG.
Wo sind die Unterschiede?
Das unjuristische Haftungsdach bietet praktisch jedem Schutz vor haftungsrechtlichen Folgen, wer bei Erbringung seiner Tätigkeit in offener Vertretung für einen Dritten auftritt. Ist das bei einem Verkäufer in einer der großen Warenhausketten meist recht offensichtlich, kann sich das bei Vermittlern und Beratern etwas schwerer darstellen. Hier kommt es maßgeblich darauf an, ob für den der eine Beratung sucht, erkennbar ist, dass der Vermittler oder Berater für ein anderes Unternehmen nach außen auftritt.
Oftmals ergibt sich dies auch aus den Umständen, so z.B. wenn der Berater eine Visitenkarte überreicht, welche ein Unternehmen ausweist und der Name des Vermittlers darauf vermerkt ist. Hier haben bereits zahlreiche Gerichte, so auch der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 14.03.2013 – Az.: III ZR 296/11, deutlich gemacht, dass sich ein Anlageberatungsunternehmen die Beratung durch den Vermittler dann zurechnen lassen und somit haften muss, wenn der Anlageberater nach außen durch Werbemaßnahmen, Beschilderung, Briefpapier und Visitenkarten für das Anlageberatungsunternehmen auftritt.
Das Haftungsdach im engeren Sinne stellt sich komplexer dar. Es bietet dem Vermittler, der sich dem Haftungsdach angeschlossen hat, ebenfalls Schutz bei einer möglichen Haftung wegen einer fehlerhaften Anlagenberatung. Der Vermittler ist an das Haftungsdach vertraglich gebunden. Das bedeutet, er darf nur die Produkte des Haftungsdaches anbieten und handelt auf Rechnung seines Haftungsdaches.
Dafür darf der Vermittler ohne eine eigene Erlaubnis nach § 32 KWG nachweisen zu müssen Finanzdienstleistungen in Form von
– Anlagenberatung
– Anlagenvermittlung
– Abschlussvermittlung
und
– des Platzierungsgeschäfts erbringen.
So hat ein Vermittler, welcher einem Haftungsdach mit der Erlaubnis nach § 32 KWG angeschlossen ist, die Möglichkeit seine Kunden auch bezüglich der Handhabung von Kapitalanlagen, welche bei einer Bank gezeichnet wurden, zu beraten.
Tritt ein Haftungsfall ein, ist der Vermittler theoretisch nicht in der Haftung.
Was lehrt die Praxis? – Können sich Vermittler mit dem „Haftungsdach“ in Sicherheit wiegen?
Ereignisse in naher Vergangenheit (Infinus AG, S&K, FuBus) haben gezeigt, dass Vermittler, welche sich einem Haftungsdach angeschlossen haben, nicht unbedingt vor einer Inanspruchnahme gefeit sein dürften. So z.B. wenn das Haftungsdach untergeht. Hier ist noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob dann auch die Vermittler selbst in die Pflicht genommen werden dürfen.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung entwickeln wird und ob der Vermittler neben dem Haftungsdach gesamtschuldnerisch in Haftung genommen werden kann.
Darüber hinaus sollte jeder, der sich einem Haftungsdach mit der Erlaubnis nach § 32 KWG angeschlossen hat, seinen Vertrag genau prüfen oder besser durch einen kompetenten Rechtsanwalt prüfen lässt.
Fazit dieser juristischen Diskussion:
Selbst wenn das Haftungsdach nach außen, also gegenüber dem falsch beratenden Kunden haftet, heißt dies für den betroffenen Vermittler noch lange nicht, dass ihn die Haftungsfolgen nicht treffen. Ausschlaggebend sind hier die Regelungen im Vertrag. Oftmals hat sich das Haftungsdach vorbehalten, den verantwortlichen Vermittler in Regress zu nehmen.