Wer höflich ist, verliert oft bares Geld.
Meist abends, wenn der Verbraucher auch zu Hause ist, klingelt überraschend das Telefon. Doch keineswegs ist der Grund des Anrufes erfreulich. In den letzten Jahren hat sich eine zunehmende Zahl von Anbietern professioneller Telefonwerbung etabliert. Doch auch viele Firmen selbst haben sich auf den lukrativen Vertrieb ihrer eigenen Produkte per Telefon eingestellt. Die Angerufenen empfinden solche Telefonanrufe oftmals als lästig. Die Wenigsten legen aber sofort wieder auf.
Da die professionell geschulten Anrufer darauf trainiert sind, den überrumpelten Gesprächspartner am Telefon zu halten, kommt meist gegen den ursprünglich festen Willen des Angerufenen dennoch ein Gespräch über das Produkt zustande und endet nicht selten in einem Vertragsschluss.
Was häufig in den Hintergrund tritt: Die Rechtslage ist eindeutig. Telefonwerbung ist verboten, es sei denn, der Anrufer hat ausdrücklich sein Einverständnis erklärt. Selbst wenn man bereits Kunde eines Unternehmens ist oder war darf dieses am Telefon nicht unaufgefordert neue Produkte anbieten. Konkrete gesetzliche Grundlagen für Telefonwerbung bestehen nicht. Um so mehr sind daher die Leitlinien der Rechtsprechung zu beachten. Danach sind Anrufe bei Verbrauchern zu Werbezwecken nur dann erlaubt, wenn sich der Angerufene zuvor ausdrücklich oder konkludent (= aus den Umständen heraus) damit einverstanden erklärt hat (OLG Köln, Urteil vom 30.11.2001 – 6 U 158/01). An einem solchen Einverständnis fehlt es im Regelfall insbesondere bei der Anbahnung von Geschäftsverbindungen.
In einem späteren Urteil vom 5.12.2005 hatte das OLG Köln unter dem Aktenzeichen 6 U 155/04 die Rechtsschutzmöglichkeiten für Verbraucher erheblich erweitert in dem es feststellte, dass Telefonwerbung auch dann unzulässig ist, wenn bereits zwischen dem anrufenden Unternehmen und dem Verbraucher eine Geschäftsbeziehung besteht. (Die Rechtsanwälte berichteten:
https://www.dr-schulte.de/index.php?option =com_letterman&task=view&Itemid=62&id=10 )
Diejenigen Verbraucher, die sich somit durch die in letzter Zeit häufig vorkommenden Werbeanrufe einiger Telefonunternehmen belästigt fühlen, haben nunmehr die Möglichkeit, gegen diese Anrufe vorzugehen. Die Durchsetzung der Rechte der Verbraucher ist über einen Rechtsanwalt im Rahmen einer Abmahnung mit zusätzlicher strafbewährter Unterlassungserklärung, einer einstweiligen Verfügung vor den Gerichten und letztendlich im Rahmen einer Klage gegen die betroffenen Unternehmen möglich.
Wegen unlauterer Telefonwerbung haben Verbraucherschützer nun den Telefondienstleister Tele2 ins Auge gefasst. Die Verbraucherzentralen von Nordrhein-Westfalen und Bayern erklärten, dass sich die Beschwerden von Kunden wegen ungebetener Werbeanrufe häuften. Die Verbraucherschutzzentralen teilten mit, dass kein anderer Anbieter im vergangenen Jahr so negativ mit Telefonwerbung aufgefallen sei.
Im konkreten Fall hatten die Telefonverkäufer von Tele2 ausgesprochenes Pech: Ausgerechnet den Hausjuristen der bayerischen Verbraucherschützer hatten die Telefonwerber bei einem ihrer Anrufe am anderen Ende der Leitung. Dieser klagte vor dem Düsseldorfer Landgericht und erwirkte gegen Tele2 eine Unterlassungsverfügung (Az.: 38 O 145/06). Der Gerichtssprecher bezeichnete die genannte Firma sogar als „Dauerkunden“, der schon wegen seiner Werbemethoden gerichtsbekannt sei.
Hier hatte die Sache jedoch eine Besonderheit: Tele2 wies darauf hin, dass die Werbeanrufe im konkreten Fall nicht an sich rechtswidrig seien. Die Adressdaten habe Tele2 im vorliegenden Fall von einem renommierten Adressen-Lieferanten erhalten. Dieser habe der Tele2 vertraglich zugesichert, dass für jede Adresse eine wirksame Einwilligungserklärung des Verbrauchers vorliege, ihn telefonisch kontaktieren zu dürfen. Nun müsse der Adresshändler aber mit Konsequenzen rechnen, da sich die Erklärung im Fall als unwirksam erwiesen habe.
Trotzdem scheint Tele2 hier nicht immer im Einklang mit den angerufenen Verbrauchern gehandelt zu haben: Ein Sprecher der Telekom AG in Bonn berichtete von vielen Kunden, deren Anschluss nach einem unerwünschten Anruf plötzlich auf Tele2 umgestellt wurde ohne dass dies gewollt war. Diese verlangten nun von der Telekom die Rückumstellung. Dabei wäscht die Telekom ihre Hände in Unschuld. Sie sei verpflichtet, den Anschluss umzustellen, falls ein Mitbewerber dies wünsche.
Um sicher zu gehen bleibt somit dem Verbraucher nur ein sicherer Weg: Unhöflich sein und sofort auflegen, wenn ein psychologisch und rhetorisch geschulter Telefonverkäufer sein Unwesen treibt.
Selbst wenn man sich dennoch auf ein Gespräch eingelassen hat sollte man beharrlich erfragen, wie der Anrufer an die Telefonnummer gekommen ist und den Namen des Anrufers und des Unternehmens sowie Datum und Uhrzeit notieren. Keinesfalls sollten vertrauliche Daten wie Konto- oder Kreditkartennummer preisgegeben werden.
Sollte vielleicht sogar Interesse am Produkt vorhanden sein und Prospektmaterial angefordert werden, sollte hier unmissverständlich klar gemacht werden, dass dies keinen Vertragsabschluss darstellt und das Unternehmen die Kosten für die Übersendung trägt.
Der letzte Rettungsanker kann auch die gesetzlich vorgeschriebene zweiwöchige Widerspruchsfrist nach einem telefonischen Vertragsabschluss sein, die einen Rücktritt ohne Angaben von Gründen erlaubt. Diese verlängert sich sogar auf sechs Monate, wenn das Unternehmen nicht schriftlich auf das Widerspruchsrecht hingewiesen hat.
Die Rechtsanwälte haben schon eine Reihe von Verfahren gegen Unternehmen wegen unzulässiger Werbung per Fax, email, Briefkastenwerbung und Telefonwerbung erfolgreich durchgeführt.
Der Autor Dr. Thomas Schulte ist seit 1995 selbständiger Rechtsanwalt in Berlin und Bankkaufmann (IHK). Spezialisiert auf Verbraucher- und Kapitalanlageschutz, vertritt er Geschädigte und Opfer.
Weitere Informationen zu Autor und Thema finden Sie unter
https://www.dr-schulte.de/index.php? option=com_letterman&task=view&Itemid=62&id=49
oder unter
http://apie-online.com/images/ kapitalbetrug_2005.pdf