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Wo ist Dr. Kloiber? Autoren erwirken Schadensersatz

Wo ist Dr. Kloiber?

Autoren erwirken Schadensersatzurteile gegen die Vermittler von Evantus-Produkten (=Kloiber)

Wer Geld braucht, hat ein Problem. Wer ein Problem hat, braucht eine Lösung. Zum Beispiel einen Kredit. Wer aber Kredite anbietet oder vermittelt, ist nicht immer ein Finanzgenie und noch seltener ein Menschenfreund. Ein besonders bizarres Angebot kam von der Evantus GmbH, die über ihre Vermittler ein als „Sorglos-Paket“ bezeichnetes Darlehen vertreiben ließ. Die Absurdität: Die Kreditnehmer sollten vor Auszahlung der Valuta eine „Eigenkapitalzahlung“ an die Evantus leisten. Mit diesem Kapital, so hieß es, würden Banken „besondere Geschäfte“ machen, so dass der Kredit praktisch zinslos sei. – Wie immer, verbarg sich auch hinter dieser bizarren Idee ein Betrugsmodell. Die Autoren haben Schadensersatzurteile gegen Kreditvermittler erstritten.

Die Evantus arbeitete mit der Firma BKS Geld- und Werttransport GmbH zusammen. Die Gesellschaft für Informationsmanagement (GFI) und andere durften das Darlehensmodell der kreditsuchenden Bevölkerung näherbringen. Das Eigenkapital sollte vor Darlehensgewährung an das Unternehmen Evantus oder an die Firma BKS ausgezahlt werden. Für die BKS konnte sogar Alt-Bundespräsident Dr. von Weizäcker als Werbeträger motiviert werden. Das Unternehmen galt daher als grundsolide. Das Modell lautete wie folgt: Um einen günstigen Kredit – etwa über 150.000 Euro – zu erlangen, sollte der Darlehnssuchende zunächst einmal 10% der Darlehnssumme an die Evantus oder die BKS auszahlen. Die hier fälligen 15.000 Euro sollten als so genanntes Bankinvest für zwölf Jahre festgelegt werden. Nach Fälligkeit des Darlehens sollte nach zwölf Jahren allein durch das gut laufende Bankinvestment das Darlehen zurückgezahlt werden. Was genau sich hinter dem Begriff Bankinvest verbirgt, wurde niemandem erklärt. Allerdings sollten Traumrediten um die 18 % erreicht werden. Bei der Einzahlung an die BKS oder auch an Evantus erhielten die Anleger ein Dokument in englischer Sprache, das mit Safekeeping Receipt (SKR) überschrieben war. Dieses garantierte, dass die BKS das eingezahlte Geld für 50 Tage verwahren würde. Eine Auszahlung sollte nur bei schriftlicher Anweisung und Vorlage der Original-Einlagebestätigung erfolgen. Nachdem die von Evantus oder deren Vermittlern versprochenen Darlehn nicht zur Auszahlung gelangten, nahmen etliche Anleger die BKS auf Rückzahlung ihrer Einlage in Anspruch. Das Unternehmen stellte daraufhin selbst Insolvenzantrag, welcher am 16.12.2004 durch Beschluss des Amtsgericht Memmingen (AZ 1 IN 310/04) angenommen wurde. Hintergrund des Insolvenzantrages war die Tatsache, dass die BKS die eingenommenen Gelder mittlerweile an die Evantus weitergeleitet hatte. Für die Rückforderungen der Kreditnehmer stand nichts mehr zur Verfügung.
Die Autoren haben vor dem LG Berlin (AZ: 8 0 139/05) gegen die Berliner Finanzmakler ein Urteil auf Rückzahlung des vereinnahmten Eigenkapitals erwirkt, weil die Berater sich an dem System beteiligt hatten.. Der Fall war exemplarisch: Der Kläger hatte einen „Nichtumgehungs-, Quellenschutz- und Geschäftsbesorgungs-vertrag“ mit den Beklagten geschlossen, der im wesentlichen das oben beschriebene „Kapitalbeschaffungsprogramm“ zum Inhalt hatte. Nach Zahlung seiner Eigenbeteiligung wurde dem Kläger allerdings kein Kredit ausgereicht, sondern mitgeteilt, dass die Empfängergesellschaft BKS nun insolvent sei. Das Gericht folgte der Ansicht der Autoren und sah die Vermittler als rückzahlungspflichtig an. Der Finanzmakler, der das betrügerische Geschäftsmodell nach seinen Aussagen gutgläubig gegen Provision weitervermittelt hat, wollte sich damit nicht zufrieden geben und ging in Berufung. Das Berliner Kammergericht (AZ: 16 U 18/06) bestätigte das erstinstanzliche Urteil vollumfänglich und begründete dies mit deutlichen Worten:
„Die Pflichtverletzung war die Vermittlung des Kreditangebots, das ersichtlich unsinnig und unseriös ist. Eine derartige „Vertragskonstruktion“ spricht schon auf den ersten Blick für einen Betrugsversuch. (…) Eine derartige Konstruktion, bei der die Begriffe und Zusammenhänge völlig durcheinander geraten, dient typischerweise dazu, unsinnige und betrügerische Verträge zu verschleiern. Ein Kredit- oder Anlagevermittler darf so einen Unsinn einem Kunden nicht anbieten und vermitteln.“
 
Was ist nun mit der Evantus, der BKS und Dr. Kloiber? Den Autoren liegen Entscheidungen des Landgerichts Memmingen vor, die die weiteren Hintergründe der „Eigenkapitalzahlung“ beleuchten: Mit Urteil 3 O 2483/04 vom 21. April 2006 wurden der Geschäftsführer der BKS und der Gerling-Konzern als deren Versicherer zum Schadensersatz verurteilt: Der Kläger hatte der BKS knapp 50.000 Euro in bar als „Eigenkapitalnachweis“ für einen Kloiber-Kredit in bar anvertraut, wofür ihm vom BKS-Geschäftsführer ein entsprechender Verwahrungsschein ausgehändigt worden war. In dessen deutscher Übersetzung hieß es unter anderem: „Die Freigabe des Inhalts dieses Depots erfolgt nur gegen Vorlage des Originals der Depotbescheinigung.“ Und weiter: „Alle Rechte, die sich aus dem Eigentum an dieser Empfangsbescheinigung ergeben, sind bei Erteilung schriftlicher Anweisungen frei abtretbar…“ Es kam, wie es kommen musste: Die BKS gab die Bargeldbestände an die Firma Evantus weiter. Deren Legitimation zur Entgegennahme hatte sich aus Beklagtensicht aus einem „Kooperationsvertrag“ zwischen der BKS und der Evantus ergeben. Das Berliner Kammergericht hätte die Abrede höchstwahrscheinlich ebenfalls als „Unsinn“ bezeichnet. Das LG Memmingen jedenfalls sah in der Weitergabe der Bargeldbestände eine Untreue des BKS-Geschäftsführers und verurteilte ihn zum Schadensersatz nach den §§ 266 StGB und 826 BGB. Der Gerling-Konzern war als Geld- und Wertpapierversicherer der BKS ebenfalls in der Haftung. Ganz ähnlich ist der Fall 3 O 506/05 vom 15. März 2006: Hier ging es allerdings um über 830.000 Euro, die als „Eigenkapitalnachweis“ – zunächst in Form eines Schecks – erbracht, von der BKS eingelöst und zur Überraschung des Klägers an Evantus weitergeleitet worden waren.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter dem Aktenzeichen 430 Js 43417/04 gegen den angeblichen Erfinder der Geldvermehrung Dr. Kloiber. In unserem letzten Artikel zu dem Thema hatten wir fälschlicherweise mitgeteilt, Dr. Kloiber befinde sich in Untersuchungshaft. Dies entspricht bedauerlicherweise nicht den Tatsachen. Dr. Kloiber ist weiterhin auf freiem Fuß und es wird weiterhin gefahndet.

Update vom 06.07.2015

Der Finanznachrichtendienst Gomopa.net berichtet heute, dass Herr Dr. Kloiber immer noch auf der Flucht sei. 

 

 

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 208 vom 20. Oktober 2006 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich