„Sehr geehrte Kunden der Privatbank Reithinger GmbH & Co KG, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat dieses Institut am 2. August 2006 um 18:00 Uhr mit sofortiger Wirkung geschlossen. Es hat weiter verfügt, dass das Institut bis auf weiteres keine Einzahlungen mehr entgegennehmen und keine Auszahlungen mehr leisten darf. Zahlungen zur Tilgung bestehender Kredite sind die Kunden weiter zu zahlen verpflichtet und nimmt die Bank weiter entgegen. Eine weitere Annahme von Einlagen ist nicht gestattet. Sämtliche Auszahlungen werden nicht mehr geleistet. Aus diesem Grund bleibt unser Haus ab heute bis auf weiteres geschlossen. Wir richten ein Kundentelefon ein. Die Nummer wird Ihnen, sobald die Einrichtung erfolgt ist, bekannt gegeben. Die Bekanntgabe erfolgt durch einen Anschlag und auf unserer Website im Internet unter www.pb-reithinger.de . Wir bedauern diesen Umstand.“
Dieser Aushang war am vergangenen Donnerstag an den verschlossenen Türen der Privatbank Reithinger zu lesen. Seitdem ist endgültig klar: Die Krise spitzt sich zu. Bereits in den vergangenen Wochen hatte das Kreditinstitut für Schlagzeilen gesorgt, weil die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ankündigte, ihm die Erlaubnis für das Kreditgeschäft entziehen zu wollen und überdies jegliche Kreditzahlungen an seinen Eigentümer Klaus Thannhuber sowie ihm geschäftlich verbundene Personen untersagte. Offenbar waren diese Maßnahmen zur Abwendung der Zahlungsschwierigkeiten nicht ausreichend. Nun bleibt abzuwarten, ob die Insolvenz und der Entschädigungsfall eintreten.
Das Geldinstitut ist eng mit der von Thannhuber initiierten DBVI AG verbunden, einem in den neunziger Jahren initiierten Immobilienfonds. Mit Übernahme der Privatbank Reithinger musste Thannhuber seine Führungsposition für die DBVI aufgeben. Die BaFin befürchtete einen Interessenkonflikt, weil die DBVI einer der Hauptinvestoren bei Reithinger ist. Nach Berichten der Süddeutschen Zeitung haben zwei Fondstöchter 28,4 Millionen Euro in Inhaberschuldverschreibungen angelegt. – Ganz offensichtlich eine Entscheidung, die eher Klaus Thannhuber persönlich zugute kommen sollte, als den Investoren. Den DBVI dürfte die vorläufige Schließung besonders hart treffen. Der Fonds ist bereits genug gebeutelt, weil er im vergangenen Jahr seine Buchbestände drastisch nach unten korrigieren musste. Die Folge war unter anderem eine außerordentliche Hauptversammlung, deren deprimierender Geschäftsbericht einen Gesamtverlust des Konzerns von 34,4 Millionen Euro konstatierte. Reithinger tätigt nun fürs erste keine Zinszahlungen mehr an den DBVI. Wird die Krise nicht abgewendet, kommt es aber noch schlimmer: Denn juristisch bleiben dann dem DBVI nur noch Insolvenzforderungen gegen Reithinger, weil Schuldverschreibungen auf den Inhaber einfache Zahlungsansprüche ihrer Aussteller verbriefen.
Wie geht es jetzt weiter? Bankkunden können zunächst nur abwarten, ob die BaFin endgültig den Eintritt des Entschädigungsfalles feststellt. Sollte es dazu kommen, können Inhaber von Sparbüchern, Sparbriefen und Girokonten immerhin damit rechnen, neunzig Prozent ihrer Spareinlagen, maximal aber 20.000 Euro zurückerstattet zu bekommen, weil Reithinger Mitglied in der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken ist. Wer Thannhuber mehr Geld anvertraut hat, muss mit dessen endgültigem Verlust rechnen. Aus dem Einlagensicherungsfonds der deutschen Kreditwirtschaft ist Reithinger nämlich im Jahr 2002 ausgetreten. Fondsmitglieder beim DBVI sind dagegen gut beraten, Schadensersatzansprüche gegen Aufsichtsräte, Treuhänder oder auch Vermittler prüfen zu lassen. Wegen der Offenkundigkeit des Missmanagements könnten hier die Chancen nicht schlecht stehen. Wer seine Fondsbeteiligung zudem über einen Kredit von Reithinger finanziert hat, sollte anwaltlich prüfen zu lassen, ob nicht eine komplette Rückabwicklung des Kredites möglich ist. In diesem Fall wird der Anleger von der Tilgungs- und Rückzahlungspflicht frei, kann sich von seinen wertlosen Fondsanteilen trennen und etwaige Tilgungsleitungen gegen Reithinger zurückfordern. In keinem Fall können sich Fondsmitglieder auf die Hilfe der deutschen Kreditwirtschaft verlassen. Insbesondere sollte man sich nicht dazu überreden lassen, den Kredit vorzeitig abzulösen.
Unsere Kanzlei ist bereits in der Vergangenheit erfolgreich gegen die Privatbank Reithinger vorgegangen: Vor dem LG Wuppertal haben wir am 13. März 2006 ein Urteil (AZ: O 227/05) erstritten, in dem Reithinger verurteilt wurde, einer Genossin der Euranova e.G. die Leistungen auf ein Darlehen zurückzuerstatten. Die Euranova e.G. war mit folgendem Beteiligungskonzept auf dem Markt gegangen: Die Einlageverpflichtung der Genossen sollte durch eine gleichzeitige Darlehensaufnahme bei Reithinger ermöglicht werden. Bei Berechnung der Rückzahlung des Darlehens wurden die Eigenheimzulageleistungen des Staates mit eingerechnet. Diese ließ sich die Reithinger bereits zuvor abtreten und forderte sie unmittelbar vom Finanzamt. Die Anleger verschaffen sich auf diese Weise allerdings kein selbst genutztes Wohneigentum, sondern wollten aus einem späteren Verkauf ihrer Genossenschaftsanteile nach Ablauf der Forderungsfrist den Aufbau privaten Vermögens betreiben. Das Finanzamt erkannte unter diesen Voraussetzungen die Forderungswürdigkeit der Genossenschaft im Sinne des Eigenheimzulagegesetzes ab. Reithiner hatte sich bereits einige Eigenheimzulageleistungen vom Finanzamt abtreten lassen. Das Finanzamt forderte diese Leistungen auch zurück, jedoch nicht von Reithinger, sondern den Anlegern. – Das Landgericht Wuppertal wendete die Grundsätze des Bundesgerichtshofes zur Rückabwicklung verbundener Geschäfte hier zugunsten des Genossen an und kam zu dem Schluss, dass ein verbundenes Geschäft zwischen dem Darlehensvertrag und dem Genossenschaftsbeitritt vorlag, innerhalb dessen nicht ordnungsgemäß über ein Haustürwiderrufsrecht aufgeklärt wurde. Demzufolge konnte der Kläger auch seine Willenserklärungen bezüglich des Darlehensvertrages und des Genossenschaftsbeitritts widerrufen und seine gesamten Zahlungen von Reithinger zurückfordern. Dies umfasste auch die Zahlungen der Eigenheimzulage, die an Reithinger geflossen waren und die der Kläger an sein Finanzamt weiterzuleiten hatte.