Rauchen ist tödlich. Dies ist dem mündigen Bürger und aufgeklärten Verbraucher inzwischen bekannt. Gleichwohl sterben allein in Spanien jährlich 56.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums; mehr als an Aids, Drogen oder Unfällen im Straßenverkehr. Die Regierung will dieser Entwicklung seit Jahren Einhalt gebieten. Nach diversen Aufklärungskampagnen und Preiserhöhungen erwartet uns nun ihre neueste Maßnahme: Das landesweite Antitabakgesetz, allseits bekannt als die ley antitabaco.
Das Gesetz tritt zum 1. Januar 2006 in Kraft und bringt einige gewöhnungsbedürftige Neuerungen mit sich. Vor allen Dingen ist das Rauchen künftig an zahlreichen Orten verboten. Das Gesetz unterscheidet zwischen absoluten Verbotszonen und solchen, an denen ausnahmsweise geraucht werden kann. Absolut untersagt ist der Qualm an öffentlichen und privaten Arbeitsplätzen, in staatlichen Serviceeinrichtungen oder Gesundheitszentren, sämtlichen Bildungseinrichtungen, Einkaufs- und Kulturzentren, Ausstellungen und Museen. Ferner überall dort, wo Lebensmittel hergestellt, verarbeitet oder verkauft werden. Betroffen sind außerdem alle öffentlichen Transportmittel und Taxen. Zu den relativen Verbotszonen gehören unter anderem Restaurants und Gaststätten. Hier trifft das Antitabakgesetz folgende höchst umstrittene Unterscheidung: Ist der Schankbereich der Gaststätte größer als 100 Quadratmeter, so sind die Betreiber zur Einrchtung von Raucherzonen verpflichtet. Diese dürfen maximal 30 Prozent der Schankfläche umfassen und müssen eine unabhängige Ventilation aufweisen. Ist die Gaststätte dagegen kleiner als 100 Quadratmeter, so bleibt es ihrem Eigentümer überlassen, ob er das Rauchen verbieten will oder nicht. Der spanische Hotel- und Gaststättenverband (Federación Española de Hostelería) läuft gegen das Gesetz Sturm: Die an Quadratmeterzahlen orientierte Einrichtung von Raucherzonen sei zum Gesundheitsschutz ungeeignet und außerdem zu teuer. Pro betroffenem Lokal beliefen sich die Kosten der Umstellung auf durchschnittlich 6.000 bis 12.000 Euro. Es seien Umsatzeinbußen von durchschnittlich acht Prozent zu erwarten. Es sei sinnvoller, technische Einrichtungen zur Reinigung des Rauchs zuzulassen, anstatt jedes Lokal in zwei Zonen zu dividieren. Auch viele Bürger sind nicht einverstanden. Das Antitabakgesetz, so die Kritiker, stigmatisiere die Raucher und schränke ihre Freiheiten ein. Teilweise ist von einer „Raucherapartheid“ die Rede. Anderer Ansicht ist Gesundheitsministerin Elena Salgado: „Das Gestz richtet sich gegen niemanden, und erst recht nicht gegen die Bürger“, so ihre Reaktion auf die Kritik. Überhaupt meint es die Regierung mit dem Vorhaben offenbar ernst: Insgesamt 3,7 Millionen Euro hat der Staat in eine Informationskampagne investiert, in der um Respektierung des Gesetzes gebeten wird. Ihr Motto: „Tief im Innern, weißt Du, es ist gut für Dich.“ Wer diese Einsicht noch nicht hatte, dem drohen bei Zuwiderhandlung Geldstrafen. Das Gesetz unterscheidet zwischen leichten, schweren und sehr schweren Vergehen. Ein paar Beispiele: Das Rauchen in einer totalen Verbotszone ist ein leichtes Vergehen. Verantwortlich ist der Raucher; er zahlt zunächst 30 Euro und bei wiederholten Verstößen bis zu 600 Euro. Ein Restaurantbetreiber begeht ein leichtes Vergehen, wenn er eine Raucherzone nicht vorschriftsgemäß ausweist oder Tabakwaren verkauft. Ein schweres Vergehen begeht, wer andere wissentlich in einer von ihm betriebenen absoluten Verbotszone – zum Beispiel einem Einkaufszentrum – rauchen lässt. Die Strafen reichen bis zu 10.000,- Euro. Ein sehr schweres Vergehen schließlich besteht in der illegalen Werbung für Tabakwaren. Die Höchstrafe ist stattlich: 600.000,- Euro. Ein Geschäft dürften immerhin die Aufsteller von Zigarrettenautomaten machen. Denn Rauchwaren können nunmehr außer in Tabakwarenläden (estancos) nur noch maschinell vertrieben werden. Es steht zu erwarten, dass die Zahl an Zigarettenautomaten landesweit beträchtlich ansteigen wird. Doch mit Einschränkungen. Erlaubt sind sie nämlich künftig nur noch in Restaurants, in denen man entweder uneingeschränkt oder unter Benutzung einer Extrazone rauchen darf. Für die noch verbliebenen Raucher in Spanien stehen somit schwere Zeiten bevor. Gleichwohl dürfte ihr Schicksal nicht ganz so hart sein, wie das ihrer Gesinnungsgenossen in Deutschland. Dort sind die Zigaretten nämlich fast doppelt so teuer.