Konservative Anlagementalität und Aktien passen nicht zusammen.
Wertpapierkäufer befinden sich in einer im Verhältnis zur Bank zumeist schwächeren Situation, besitzen sie doch nicht die Sachkenntnis, um bestimmte Geldanlagen einschätzen zu können. Ebendarum brachte eine Änderung des Wertpapierhandelsgesetzes die Verpflichtung zur Eingruppierung in Risikoklassen mit sich, deren Bedeutung sich erst jetzt richtig zeigt. Die Banken sind verpflichtet worden, die Anleger zu erfassen und in Risikoklassen einzuordnen.
Aktienfonds sind Tabu bei Vermittlung an konservative Anleger
So hat das Landgericht Berlin kürzlich (Urt.v. 01.12.2003, 10 O 448/03, rechtskräftig durch das Kammergericht bestätigt und Resivion nicht zugelassen) über die Klage einer Anlegerin zu entscheiden gehabt, die mit dem Wunsch einer konservativen Geldanlage an die Bank herangetreten war. Empfohlen wurden ihr Fondsanlagen, insbesondere der DIT-Altersvorsorgefonds 55, der das Kapital zu 35 % in Rententiteln, zu 15 % in Immobilien und zu 50 % in Aktien anlegt. Die nach den bekannten großen Verlusten am Aktienmarkt eingereichte Klage auf Rückabwicklung des Kaufs der Fondsanteile wegen einer Falschberatung nach mehreren gütlichen Einigungsversuchen hat das Landgericht Berlin stattgegeben. Hierzu führt es aus, dass es sich bei dem Altersvorsorgefonds nicht um eine konservative Geldanlage gehandelt habe: „Das Adjektiv `konservativ´ wurde im 19. jahrhundert aus dem gleichbedeutenden englischen Wort `conservative´ entlehnt, das auf das lateinische `conservativus´ zurückgeht, was `erhaltend´ heißt. Zugrundeliegendes lateinisches Verb ist `conservare´, was erhalten bedeutet. In Bezug auf eine Geldanlage meint konservativ dem Sprachsinn entsprechend, dass das eingesetzte Kapital erhalten bleibt. Das ist bei einer Anlage in einem Fonds, der in Aktien investiert, nicht der Fall. Aus der Natur der Aktien, die ihren Wert in voller Höhe verlieren können, und deren sich meist ständig ändernden Wertentwicklung nicht genau vorhersagen lässt, ist nicht sichergestellt, dass die eingezahlten Beträge erhalten bleiben.“ Auf die Definition der Bank im Rahmen der Risikoeinstufung komme es hingegen nicht an. Die geschädigte Anlegerin erhält daher ihre Geldanlage plus Zinsen zurück. Die Dresdner Bank muß den Aktienfonds übernehmen.
Prüfungsschema bei Fällen dieser Art
Beratungsvertrag verletzt (also Verstoß gegen § 280 Bürgerliches Gesetzbuch)?
Typische Fragestellung des Gerichts:
„Ein Beratungsvertrag kommt regelmäßig konkludent zustande, wenn im Zusammenhang mit der Anlage eines Geldbetrages tatsächlich eine Beratung stattfindet (BGH Urteil vom 25.09.2007, XI ZR 320/06, Rn. 12; BGH Urteil vom 25.06.2002, XI ZR 218/01, Rn. 38). Tritt ein Anlageinteressent an ein Kreditinstitut oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden beziehungsweise zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen (BGH, Urteil vom 25.09.2007, XI ZR 320/06, Rn. 12; BGH Urteil vom 21.03.2006, XI ZR 63/05, Rn. 10; BGH Urteil vom 09.05.2000, XI ZR 159/99, Rn. 10)“ zitiert nach Oberlandesgerichts Düsseldorf 16 U 230/13.“
Die Bank muss dann anleger- und objektgerecht beraten
Die Entscheidung des Gerichts wirft wichtige Fragen zur Verantwortung von Banken auf. Ein **Beratungsvertrag** kommt in der Regel konkludent zustande, wenn eine Beratung über die Anlage eines Geldbetrags stattfindet. Dies bedeutet, dass Banken verpflichtet sind, ihre Kunden umfassend und transparent zu beraten. Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann als Verletzung des Beratungsvertrags gemäß § 280 BGB angesehen werden.
Die typischen Fragestellungen eines Gerichts in solchen Fällen beziehen sich darauf, ob die Bank anleger- und objektgerecht beraten hat. Eine anlegergerechte Beratung erfordert es, die spezifischen Bedürfnisse und Risikopräferenzen des Kunden zu berücksichtigen. Wenn ein Kunde als konservativer Anleger eingestuft wird, ist es unzulässig, ihm riskante Produkte wie Aktien oder Aktienfonds anzubieten.
Anlegergerechte Beratung
Sichere Anlage zur Altersvorsorge, konservativer Anleger —- dann ist bei einem Verlustrisiko an der Substanz eine Vermittlung einer Aktie, eines Aktienfonds oder Schiffsfonds unzulässig. BGH Urteil vom 24.04.2014, III ZR 389/12, Rz. 27 zitiert nach juris
Objektgerechte Beratung
Hier können falsche Prospektangaben, unterschlagene Vertriebsprovisionen, Vertriebsprovisionen über 15% genannt werden u.s.w.
Um den Schutz von Anlegern zu verbessern, wurde das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) geändert. Diese Änderung verpflichtet Banken dazu, ihre Kunden in verschiedene Risikoklassen einzuordnen. Diese Klassifizierung ist entscheidend, da sie sicherstellen soll, dass Anleger nur Produkte angeboten bekommen, die ihrem Risikoprofil entsprechen. Die Bedeutung dieser Regelung wird besonders deutlich, wenn man die rechtlichen Konsequenzen betrachtet, die sich aus einer falschen Beratung ergeben können.
Neben der anlegergerechten Beratung spielt auch die **objektgerechte Beratung** eine entscheidende Rolle. Hierbei geht es um die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen über das empfohlene Produkt. Falsche Prospektangaben oder unzureichende Informationen über Vertriebsprovisionen können gravierende rechtliche Folgen haben. Wenn eine Bank beispielsweise nicht auf hohe Vertriebsprovisionen hinweist oder falsche Angaben zu den Risiken eines Fonds macht, könnte dies als Falschberatung gewertet werden.
Das Urteil des BGH vom 24. April 2014 verdeutlicht nochmals die Anforderungen an eine objektgerechte Beratung: Bei der Vermittlung von Anlagen muss die Bank sicherstellen, dass alle relevanten Informationen transparent kommuniziert werden. Insbesondere bei Produkten mit hohem Verlustrisiko muss klar sein, dass diese nicht mit den Zielen eines konservativen Anlegers vereinbar sind.
Fazit: Die Notwendigkeit einer verantwortungsvollen Beratung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Unvereinbarkeit von konservativer Anlagementalität und Aktienfonds sowohl aus rechtlicher als auch aus praktischer Sicht evident ist. Banken müssen sicherstellen, dass sie ihre Kunden angemessen beraten und deren Risikobereitschaft respektieren. In Anbetracht der hohen Volatilität von Aktienanlagen sollten konservative Anleger alternative Anlageformen wie Anleihen oder Mischfonds in Betracht ziehen.