Das Landgericht Berlin hat in einer rechtskräftigen Entscheidung einer Kapitalanlagegesellschaft, die durch Umdeckung eines ehemaligen Handelsvertreters Schaden erlitten hat, Schadenersatz zugesprochen. In dem konkreten Fall hatte der Handelsvertreter die Fronten gewechselt und war über die Startic GbR an die alten Kunden herangetreten, hatte die früher vermittelten Verträge stornieren lassen und dann Lebensversicherungen oder Beteiligungsverträge verkauft, indem der dem Kunden falsche Tatsachen vorgegaukelt hat.
Die Technik ist klar: Ein Vermittler möchte ein Produkt verkaufen und der Kunde muss monatlich dafür zahlen. Wenn er dafür kein Geld hat, wird einfach ein alter Vertrag gekündigt. Das hat meistens erhebliche Nachteile. Das Landgericht verurteilte darauf zum Schadenersatz, dem Grunde nach. Dem Vermittler droht damit die Vollstreckung eines finanziellen erheblichen Schadenersatzanspruchs, der seine Existenz bedrohen dürfte. Achtung: Es droht hoher Schaden für die Umdecker.
Ein Umdenken bei der Vermittlung oder Beratung von Investitionen kann zu Schadensersatzansprüchen gegen den Vermittler oder Berater führen, wenn bestimmte rechtliche Anforderungen erfüllt sind. Diese beziehen sich insbesondere auf die Verletzung der Informations- und Beratungspflichten des Beraters gegenüber dem Kunden.
Rechtsgrundlagen für Schadensersatzansprüche
Falsche Beratung und Pflichtverletzung
Ein Schadensersatzanspruch entsteht in der Regel, wenn der Berater seine Pflichten verletzt hat. Dies kann der Fall sein, wenn:
- Der Berater liefert unvollständige oder falsche Informationen über die Investition.
- Der Berater geht nicht auf die individuellen Bedürfnisse und Ziele des Anlegers ein.
- Der Berater erklärt die Risiken einer Deckungsänderung nicht ausreichend.
So hat unter anderem das Oberlandesgericht Hamm (27.09.2023 (AZ: 20 U 22/23) entschieden, dass ein Versicherungsnehmer Schadensersatz verlangen kann, wenn er durch eine falsche Beratung beim Wechsel der Deckung einer Lebensversicherung einen Nachteil erleidet. Das Gericht entschied, dass eine ordnungsgemäße Beratung über die Vor- und Nachteile des alten und des neuen Vertrags erforderlich ist
Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden
Um Schadensersatz geltend zu machen, muss außerdem nachgewiesen werden, dass die Pflichtverletzung des Beraters die Ursache für den entstandenen Schaden war. Das bedeutet, dass der Kunde ohne die falsche Beratung wahrscheinlich keinen Schaden erlitten hätte
Besonderheiten bei der Rückversicherung
Beratungspflichten bei Rückversicherungen
Bei Rückversicherungen von Kapitalanlagen, vornehmlich Lebensversicherungen, bestehen besondere Beratungspflichten. Der Berater muss den Kunden über mögliche Nachteile bei der Kündigung eines bestehenden Vertrags informieren. Dazu gehören:
- Verlust von Ansprüchen aus dem alten Vertrag.
- Mögliche Nachteile des neuen Vertrags gegenüber dem alten.
Das OLG Köln hat in einem Urteil klargestellt, dass Makler (Az. 20 U 44/15) verpflichtet sind, auf solche Nachteile hinzuweisen. Versäumnisse in dieser Hinsicht können als Pflichtverletzung angesehen werden, die zu Schadensersatzansprüchen führen können
Verjährung von Ansprüchen
Es ist wichtig zu beachten, dass Schadensersatzansprüche aufgrund einer fehlerhaften Beratung in der Regel nach drei Jahren verjähren. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anleger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat.
Finanzberater-Ausbildung an einem Tag – ruiniert für den Rest des Lebens
Dazu passt ein anderer Fall: In einem Verfahren vor dem Landgericht Lübeck musste sich ein Vermittler der insolventen Real Direkt AG gegenüber dem Anleger verantworten. Während der Verhandlung plauderte der Vermittler aus dem Schulungsnähkästchen: Er sei gelernter KfZ-Mechaniker und anschließend 12 Jahre bei der Bundeswehr gewesen. Danach ebenso arbeits- wie perspektivlos, sei er in Lübeck angesprochen worden, ob denn eine Vermittlertätigkeit nicht in Frage komme. Gesagt; getan: die „Ausbildung“ übernahm an einem Wochenende in München der Initiator, Anton Reinhofer, persönlich, der auch in Lübeck noch eine „Schulung“ abgehalten habe. Bei dieser seien Rückfragen nicht erlaubt gewesen, es sei nur darum gegangen, wie Beteiligungen verkauft werden können. Einen Blick in das Handelsgesetzbuch, welches die Rechtsgrundlagen der verkauften stillen Gesellschaft enthalte, habe der Vermittler nie geworfen. Stattdessen habe er 50-60 Beteiligungen verkauft, auch an seine Familie. Das Gericht ließ keinen Zweifel daran, dass der Vermittler dem Anleger die Schäden zu ersetzen hat. Wer derart fahrlässig ungeprüfte Kapitalanlagen vermittelt, macht sich schadensersatzpflichtig. Der Fall macht deutlich, wie man es nicht machen soll.
Die rechtlichen Grundlagen für die Haftung von Finanzberatern ergeben sich aus verschiedenen Gesetzen, insbesondere dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Diese Gesetze legen fest, dass Finanzdienstleister ihren Kunden gegenüber eine Sorgfaltspflicht haben, die unter anderem die Risikoaufklärung und die Bereitstellung relevanter Informationen umfasst.
- Vertragliche Haftung: Diese entsteht, wenn ein Berater seine Pflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt. Ein solcher Vertrag kann konkludent zustande kommen, was bedeutet, dass auch ohne schriftliche Vereinbarung ein Beratungsverhältnis angenommen werden kann. Bei einer Pflichtverletzung muss der Berater den entstandenen Schaden ersetzen, einschließlich des entgangenen Gewinns.
- Deliktische Haftung: Diese Form der Haftung tritt ein, wenn der Berater durch unerlaubte Handlungen, wie etwa vorsätzliche Falschberatung, einen Schaden verursacht. Hierbei ist es nicht notwendig, dass ein Beratungsvertrag besteht; es reicht aus, dass der Kunde durch das Verhalten des Beraters geschädigt wurde.
Haftungsrisiken
Finanzberater sind verschiedenen Haftungsrisiken ausgesetzt:
- Falsche Beratung: Wenn ein Berater unzureichend über Risiken aufklärt oder falsche Informationen gibt, können Anleger Schadensersatzansprüche geltend machen. Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen der Kunde aufgrund dieser Informationen finanzielle Verluste erleidet.
- Interessenkonflikte: Berater müssen darauf achten, keine Produkte zu empfehlen, die nicht im besten Interesse des Kunden sind. Eine unzulässige Bevorzugung bestimmter Produkte kann ebenfalls zu Haftungsansprüchen führen.
- Dokumentationspflicht: Eine ordnungsgemäße Dokumentation der Beratungsgespräche ist entscheidend. Ein fehlendes oder unzureichendes Beratungsprotokoll kann im Streitfall nachteilig für den Berater sein.
- Klare Kommunikation: Berater sollten sicherstellen, dass alle Informationen klar und verständlich vermittelt werden und dass die Kunden alle notwendigen Informationen erhalten.
Insgesamt ist die Haftung bei der Beratung und Vermittlung durch Finanzberater ein ernstes Thema. Sowohl Berater als auch Kunden sollten sich der rechtlichen Rahmenbedingungen bewusst sein und entsprechende Vorkehrungen treffen, um Risiken zu minimieren und Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen.