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Strafrecht – Spanien liefert keine Straftäter mehr nach Deutschland aus?

– Rechtliche Auseinandersetzungen verzögern den europäischen Haftbefehl –

Europas Justiz wächst immer weiter zusammen. Vorgeblich geht es um Terrorismusbekämpfung, natürlich auch um Steuersünder und sonstige Schlawiner, deren man habhaft werden möchte. Ende September 2005 wurde von der Europäischen Union vorgeschlagen, die Verbindungsdaten für Telefon und Emails für bis zu drei Jahren zu speichern. Seit 2002 sollte der europäische Haftbefehl ein wichtiger Baustein sein. Worum geht es?

Das förmliche Auslieferungsverfahren wurde abgeschafft, es sollte ein einheitlicher Rechtsraum entstehen, in dem gefasste Straftäter innerhalb der europäischen Grenzen zügig überstellt werden können. Die Nationalität des Täters stand im Hintergrund. Nun haben allerdings sowohl Deutschland wie auch Spanien einen Rückzieher gemacht. Seit dem 22. September 2005 hat die spanische Regierung beschlossen, ab sofort keine Straftäter mehr nach dem beschleunigten Verfahren des europäischen Haftbefehls auszuliefern. Der Nationale Gerichtshof in Madrid hatte Auge um Auge, Zahn um Zahn zurückgeschlagen. Warum? Das deutsche Bundesverfassungsgericht hatte im Juli 2005 die Auslieferung des Deutsch-Syrers Momoun Darkazanli nach Spanien gestoppt. Dieser Täter wird in Spanien wegen Terrorverdachts gesucht. Das Bundesverfassungsgericht hatte das deutsche Gesetz über den europäischen Haftbefehl für nichtig erklärt. Handwerkliche Fehler des deutschen Gesetzgebers führten zu der Ohrfeige des höchsten deutschen Gerichts. Das Gesetz entsprach nicht den Grundrechtsschutz der deutschen Grundgesetzes und war somit verfassungswidrig und somit aufzuheben. Diese Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts führt zum alten Rechtszustand, der durch den europäischen Haftbefehl aufgehoben werden sollte. Der europäische Haftbefehl sollte seit der Entstehung der Idee im Jahr 2002 die Nachteile des bisherigen Auslieferungsverfahren aufheben. Bisher musste ein komplizierter diplomatischer Weg eingehalten werden, der häufig zu verzögerten Auslieferungen führte. Spanische Straftäter werden nun gar nicht mehr ausgeliefert. Bei deutschen Tätern, die in Spanien gefasst worden sind, verzögert sich das Auslieferungsverfahren erheblich. In Spanien ist die Justiz nicht bereit, einseitig spanische Straftäter nach Deutschland auszuliefern. Diese Entwicklung ist unter Gesichtspunkten des Rechtsstaats bedenklich, da die langen Zeiten, die in Spanien gefasste deutsche Straftäter damit verbringen von dem einen europäischen Land in das andere Land verbracht zu werden, auf die anschließende Haft nicht unbedingt angerechnet werden. So manch ein im Ausland gefasster deutscher Straftäter wäre froh, falls er zügig ausgeliefert werden würde. Die Bequemlichkeiten der deutschen Haftanstalten werden in diesen Kreisen gerne gerühmt. Da die europäischen Standards in der Strafverfolgung vergleichbar sind, ist dieser Rückschritt in der effektiven Strafverfolgung nicht sinnvoll. So wurde im Fall der „Marbella-Connection“ im Sommer 2005 das Strafverfahren künstlich verzögert und auseinander gerissen, weil einige Täter in Deutschland, andere Täter allerdings in Spanien gefasst worden waren. Es ging um eine Gruppe, die im großen Stil in Marbella Insolvenzstraftaten rund um deutsche Firmenpleiten begangen hat. Die in Spanien gefassten Deutschen mussten erst langwierig ausgeliefert werden. Zu diesem Zeitpunkt waren die ersten Täter in Deutschland bereits abgeurteilt. Jetzt wartet man in Spanien auf ein neues deutsches Gesetz zum europäischen Haftbefehl, um dann auch wieder Spanier nach Deutschland auszuliefern. Lange Zeiten in der Auslieferungshaft wären dann endlich vorbei.
Neuste Idee der europäischen Union ist der elektronische Reisepass, der verhindern soll, dass gesuchte Straftäter ohne weiteres von einem Land in das andere Land reisen können. Umstritten ist aber, ob der elektronische Reisepass, der ab November 2005 eingeführt werden soll, wirklich den Strafverfolgungsbehörden hilft. In diesem elektronischen Reisepass wird das Gesicht des Inhabers zusätzlich neben dem normalen Foto versteckt digital gespeichert. Es werden so genannte biometrische Daten gespeichert. Auch Spanien ist verpflichtet eine solchen Pass einzuführen, da eine Verordnung der europäischen Union dieses neue System vorschreibt. Elektronische Geräte sollen dann an den Grenzen und bei Kontrollen genutzt werden, um festzustellen, ob der Ausweisinhaber und derjenige, der den Ausweis vorlegt, ein und dieselbe Person sind. Gegen diese neuste Idee werden jedoch technische und datenschutzrechtliche Bedenken vorgebracht. Für den Bürger bleibt es spannend.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
23. Jahrgang - Nr. 438 vom 23. September 2005 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich