Gerichtsgebäude / Pixabay

Wann haftet die Bank bei üblen Immobilienfinanzierungen?

Höchstes deutsches Gericht formuliert Grundsätze neu

 

von Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt in Berlin

Verbraucher fragen immer öfter bei finanzierten Käufen von Eigentumswohnungen oder Fonds, was mit dem Kredit passiert, wenn die Kapitalanlage nicht erwartungsgemäß läuft. Muss dann der Kredit trotzdem zurückgezahlt werden. Das höchste deutsche Gericht für diese Fragen, der Bundesgerichtshof unterscheidet verschiedene Fälle.

Friedrich Musch (Name geändert) war bis 2007 glücklicher Eigner einer Eigentumswohnung in Halle/Saale. Als im Jahre 2007 bekannt wurde, dass die Wohnung schwammverseucht ist wollte der betrogene Käufer der Eigentumswohnung diese an den Verkäufer zurück übertragen und sein Geld zurück. Leider war die Gesellschaft, die die Wohnung aus der Wohnanlage verkauft hatte, pleite. Der Kauf war finanziert worden von einer Sparkasse; Friedrich Musch wollte daher wissen, ob er den Kredit zurückzahlen muss? Er zahlt jetzt ja Raten für eine Ruine.

Rechtslage unklar – typisches Phänomen

Natürlich ist die Rechtslage unklar – wie kann das sein?

Da die Frage gesetzlich nicht geregelt ist, entscheiden Gerichte über diesen Streitpunkt. Unter den Gerichten herrscht darüber Uneinigkeit.

Kurz zur Rechtsgeschichte

Nichts ist komplizierter als die Rechtslage von gestern und die Streitigkeiten der Gerichte untereinander.

Ab Anfang 2006 hat der Bankensenat des Bundesgerichtshofes vom Gesellschaftsrechtssenat die Zuständigkeit für die Finanzierung von Immobilienfonds-Kapitalanlagen wieder übernommen und im April und Mai 2006 mehrere Entscheidungen zu diesem Themenkomplex vorgelegt. Zugleich wurden auch einige Aspekte fehlgeschlagener Immobilien-Direktanlagen aufgegriffen. Im Wesentlichen konnte konstatiert werden, dass der Bundesgerichtshof viele anlegerfreundliche Ansätze des II. Zivilsenates wieder rückgängig gemacht hat.

So hat der XI. Zivilsenat, insoweit in Übereinstimmung mit einem Großteil der Instanzgerichte, in Fällen der unrichtigen Gesamtbetragsangabe von endfälligen Darlehen entgegen der Rechtsprechung des II. Zivilsenates eine Nichtigkeit des Darlehensvertrages zu Gunsten des Anlegers nicht mehr angenommen, wenn der Darlehensbetrag an den Fondstreuhänder oder ähnliche Empfänger ausgezahlt wurde. In derartigen Fällen soll sich nur der geschuldete Darlehenszinssatz auf 4 % rückwirkend und für die Zukunft ermäßigen.

Einschränkungen bisheriger Rechtsprechung

Eingeschränkt wurde auch die Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Darlehensvertragserklärungen eines Treuhänders, wenn dessen Bevollmächtigung gegen das Rechtsberatungsgesetz verstieß.

Hier hatte der XI. Zivilsenat selbst zunächst eine Vielzahl von Darlehensverträgen für unwirksam erklärt, wenn der eingeschaltete Treuhänder der Bank bei Darlehensvertragsabschluss keine notariell beglaubigte Abschrift der Bestellungsurkunde vorgelegt hat. In einem Urteil vom 24.10.2006 (XI ZR 216/05) hat der BGH dann jedoch ausdrücklich festgestellt, dass zwar grundsätzlich der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz in einem Treuhandvertrag auch die zugrundeliegende Vollmacht erfassen kann, nicht jedoch, wenn diese bereits formularmäßig auf dem Zeichnungsschein erteilt sei. Demgemäß dürfte sich eine Vielzahl von Treuhandfällen zu Gunsten der Banken erledigt haben. Denn die Vertragserklärungen des Treuhänders sind als wirksam zu betrachten.

Ebenso zurückgedreht wurde das Rad des Rückforderungsdurchgriffes durch den XI. Zivilsenat. Der II. Zivilsenat hatte in seiner Rechtsprechung zu Verbundgeschäften bei Fondsfinanzierungen umfassende Rückforderungsmöglichkeiten des Anlegers gegenüber den finanzierenden Banken bejaht. Voraussetzung dafür war, dass entweder der Darlehensvertrag ursächlich auf eine Haustürsituation zurückzuführen ist und die Widerrufsbelehrung in dem Darlehensvertrag nicht den Vorgaben des Haustürwiderrufsgesetzes entspricht. Oder aber, dass der Anleger durch Beauftragte des Immobilienfonds-Unternehmens fehlerhaft über die Chancen und Risiken des finanziellen Engagements aufgeklärt wurde. In ersterem Falle könne der Anleger den Darlehensvertrag widerrufen und müsse von der Bank seine gesamten Zins- und Tilgungszahlungen zurückverlangen können, während die Bank im Gegenzug sich mit dem abgetretenen Fondsanteil begnügen müsse. Im zweiten Falle könne der Anleger den Fondsbeitritt kündigen bzw. wegen arglistiger Täuschung anfechten und könne diese Kündigung auch der finanzierenden Bank im Wege des sogenannten Einwendungsdurchgriffes entgegenhalten. Rechtsfolge ist die Rückabwicklung des Darlehensvertrages in der Form, dass die Bank von dem Anleger die noch offenen Darlehenssummen zurückfordern kann, der Anleger von der Bank dagegen einen Rückerstattungsanspruch bezüglich der Zinsen hat. Der Rückerstattungsanspruch der Bank wird allerdings in dem Maße verringert, in welchem der Anleger nach Kündigung der Fondsbeteiligung von der Immobilienfondsgesellschaft eine Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens verlangen kann. Diese Lösung entspricht dem BGH Urteil vom 21.07.2003 (II ZR 387/02). Für Fälle, in denen die Immobilienfonds-Anlage nichts mehr wert ist, bieten sich für den Anleger daher kaum Vorteile. Nach der Erklärung des Einwendungsdurchgriffes ist er verpflichtet, das Darlehen voll an die Bank zurückzuzahlen, ohne hier in den Genuss der Ratenzahlung zu kommen.

Weitergehende Ansprüche hatte der II. Zivilsenat dem Anleger dann zugesprochen, wenn er regelrechte Schadensersatzansprüche gegenüber den Vermittlern, den Prospektverantwortlichen und Hintermännern sowie den Initiatoren der Fondsgesellschaften hatte. Dies konnte insbesondere in Fällen wichtig werden, in denen die Initiatoren bereits wegen Kapitalanlagenbetrug oder ähnlichem strafrechtlich verurteilt waren. In einem solchen Falle konnte der Anleger nach der bisherigen BGH Rechtsprechung von der Bank sämtliche Zahlungen zurückverlangen, unter Anrechnung der von dem Fonds erhaltenen Ausschüttungen und Steuervorteile, ohne der Bank gegenüber zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet zu sein.

Diese Rechtsprechung, die ohnehin nur für verbundene Immobilienfondsfinanzierungen galt, wurde allerdings durch Urteil vom 25.04.2006 (XI ZR 106/05) aufgehoben. Demgemäß können die Ansprüche gegen Gründungsgesellschafter, Fondsinitiatoren, maßgebliche Betreiber, Manager und Prospektherausgeber der Bank nicht mehr entgegengehalten werden. Statt dessen wir in diesem Urteil dem Anleger die Möglichkeit eröffnet, bei einer Täuschung durch den Vertriebsmitarbeiter des Fonds den Darlehensvertrag direkt anzufechten und den Vertriebsmitarbeiter des Fonds als Erfüllungsgehilfen der Bank anzusehen, so dass hier Schadensersatzansprüche gegenüber der Bank aus so genanntem Verschulden bei Vertragsschluss geltend gemacht werden können. Allerdings waren die dann folgenden Ausführungen in dem erwähnten Urteil alles andere als klar. Insbesondere blieb vollkommen offen, ob der Vertriebsmitarbeiter von Bank und Fonds den Anlegern nun vorsätzlich getäuscht haben muss oder auch eine arglistige Täuschung gegangen haben kann. Einige Ausführungen des Urteils waren schlicht derart widersprüchlich, dass zum Beispiel das OLG Stuttgart dem BGH offen die Gefolgschaft versagte (z.B. Urteil 6 U 22/06 vom 14.11.2006).

Jetzt geht es los:

 

Neue Rechtsfigur: Institutionalisiertes Zusammenwirken

Parallel zu dieser geänderten Rechtsprechung bei Immobilienfonds-Finanzierungen modifizierte der BGH seine Rechtsprechung bei reinen Immobilien-Finanzierungen. Hier war von vornherein die Rechtsfigur des Verbundgeschäftes ausgeschlossen, so dass Auseinandersetzungen mit der Bank sich nur unter dem Schadensersatz-Gesichtspunkt führen ließen, der fehlenden Rechtsberatungserlaubnis oder aber durch die Widerrufsmöglichkeit nach dem Haustürwiderrufsgesetz.

Nachdem der BGH seine sehr restriktive Rechtsprechung zur Frage des Haustürwiderrufes auf Druck des Europäischen Gerichtshofes aufgeben musste, wurde versucht, durch mehrere Entscheidungen den europarechtlichen Gesichtspunkten des Verbraucherschutzes Rechnung zu tragen.

In vier Entscheidungen vom 16.05.2006 (z.B. XI ZR 6/04) schafft der BGH hierfür den Begriff des sogenannten „institutionalisierten Zusammenwirkens“ der Kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber eines finanzierten Objektes. Nach den diesbezüglichen Entscheidungen soll bei Vorliegen dieses institutionalisierten Zusammenwirkens.

Wann haftet die Bank im Ausgangsfall des Herrn Musch

Anleger sich unter erleichterten Voraussetzungen mit Schadensersatzansprüchen gegenüber der Bank durchsetzen können. Dies soll gelten, wenn der Anleger durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren arglistig getäuscht wird. In einem solchen Falle wird vermutet, dass die Bank die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers kannte, so dass ein eigener Wissensvorsprung, der zum Schadensersatz berechtigt, anzunehmen ist. Die Vermutung ist von der Bank allerdings widerlegbar.

Wann ein solches institutionalisiertes Zusammenwirken vorliegt, ist noch nicht abschließend geklärt. Es soll nicht ausreichen, dass die Bank den übrigen am Vertrieb Beteiligten bereits vorab eine allgemeine Finanzierungszusage gegeben hat. Darüber hinaus soll erforderlich sein, dass zwischen Verkäufer des Fonds, dem Vermittlungsunternehmen und der finanzierenden Bank ständige Geschäftsbeziehungen bestanden haben. Diese sollen bereits dann vorliegen, wenn eine Vertriebsvereinbarung, ein Rahmenvertrag oder konkrete Vertriebsabsprachen bestanden haben, oder etwa daraus, dass der Verkäufer wiederholt Finanzierungen von Eigentumswohnungen oder Fondsbeteiligungen bei derselben Bank vermittelt hat.

In der aktuellen Entscheidung vom 21.11.2006 (XI ZR 347/05) führt der BGH nun beide Entscheidungsserien zusammen. Konkret ging es um den Widerruf eines Fondsbeitrittes nach dem Haustürwiderrufsgesetz und die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber der finanzierenden Bank. In dem Urteil, mit dem die Rechtsprechung des 2. Zivilsenates des BGH offen ablehnendes Urteil des 5. Zivilsenates des OLG Schleswig aufgehoben wird, stellt der 11. Zivilsenat des BGH zunächst einmal fest, dass der direkte Schadensersatzanspruch gegenüber der finanzierenden Bank wegen einer arglistigen Täuschung des Vermittlers den Anleger berechtigt, die erbrachten Zinsleistungen von der Bank zurückzufordern. Voraussetzung scheint allerdings tatsächlich eine arglistige Täuschung des Vertriebsmitarbeiters zu sein.

Sofern aber diese Arglist nicht bewiesen werden kann, können über den Umweg des Verbundgeschäftes die Ansprüche gegen die Prospektverantwortlichen und Hintermänner der Bank nicht entgegengehalten werden.

Dafür aber kommt ein eigenständiger Schadensersatzanspruch der Bank zugunsten des Anlegers in Frage, wenn zwischen der Bank und dem Fondsinitiatoren ein institutionalisiertes Zusammenwirken vorgelegen hat. Die Grundsätze der Haftung innerhalb des institutionalisierten Zusammenwirkens sind insoweit nicht auf reine Immobiliengeschäfte beschränkt und ermöglichen es auch, Täuschungshandlungen durch Initiatoren und Gründungsgesellschafter bei Vorliegen der Voraussetzungen der Bank entgegenzuhalten.

Ob sich hier nun also eine Verbesserung der Rechtsstellung des Anlegers ergibt, muss abgewartet werden. Voraussichtlich wird sich die Auseinandersetzung in den Instanzgerichten nunmehr auf die Begriffe der „Arglist“ und der “Evidenz” verlagern.

Zu Lasten der Anleger hat der BGH vorsorglich den Banken noch weitere Hintertürchen offen gelassen. So muss es für die Bank evident, also offensichtlich sein, dass die Täuschung durch die Fondsinitiatoren und Gründungsgesellschafter arglistig war (Urteil vom 24.10.2006, XII ZR 9/05). Zum anderen sind eine Vielzahl von Aussagen der Vermittler unter Umständen für die Rechtsansichten des BGH gar nicht relevant. In der Entscheidung XI ZR 204/04 vom 19.09.2006 hatte der Vermittler mitgeteilt, es handele sich um eine risikolose Immobilie, die ihren Wert nicht nur erhalte, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit sogar noch steigere. Ein Verkauf nach fünf bis zehn Jahren sei verlustfrei möglich aufgrund der üblichen Wertentwicklung und damit auch eine Rückführung des Darlehens. Die Kosten der Erwerbs der Wohnung würden aufgefangen durch Mieteinnahmen und Steuervorteile. Die Immobilie sei hervorragend zur Altersvorsorge und zum Steuern sparen geeignet. Überraschenderweise fallen der Bank über den Umweg des Schadensersatzes diese Äußerungen nicht zur Last. Denn nach Ansicht des 11. Zivilsenates des BGH handele es sich hier um lediglich subjektive Werturteile und unverbindliche Anpreisungen, nicht aber um unrichtige Angaben. Hier werde ersichtlich Werbung gemacht, ohne dass konkrete, Wert bildende Merkmale der Immobilie, wie z. B. Verkehrswert, Finanzierungskosten, Mieteinnahmen, Steuervorteile etc. in Bezug genommen werden.

Ergebnis nach neuer Rechtslage: Herr Musch muss den Kredit nicht zurückzahlen, wenn die Bank wusste und hätte wissen müssen, dass die Wohnung schwammverseucht ist. Zudem muss die Bank dauernd mit dem Verkäufer zusammenarbeiten.

Die Fragestellung muss jetzt wie folgt erwogen werden:

Grund­sätz­lich ist im Fall ei­ner der­ar­ti­gen Ka­pi­tal­an­la­ge bzw. bei ei­ner Falsch­be­ra­tung im Zu­sam­men­hang mit dem Er­werb ei­ner fremd­fi­nan­zier­ten und fremd­ ge­nutz­ten Ei­gen­tums­woh­nung je­des sich dar­aus er­ge­be­ne Ver­trags­ver­hält­nis ge­son­dert zu be­ur­tei­len. Wäh­rend seit lan­gem an­er­kannt ist, dass die Ver­käu­fer­sei­te ei­ner sol­chen Im­mo­bi­lie für Falsch­be­ra­tun­gen des ein­ge­schal­te­ten Ver­trie­bes haf­ten muss, war ein Vor­ge­hen ge­gen die fi­nan­zie­ren­de Bank mit Hin­der­nis­sen ver­bun­den.

Ent­schei­dend ist näm­lich, dass der Dar­le­hens­ver­trag mit der fi­nan­zie­ren­den Bank recht­lich zu­nächst nicht mit dem Kauf­ver­trag gleich­ge­setzt wer­den kann. Dies hat zur Fol­ge, dass fal­sche Aus­sa­gen von Ver­trieb­sor­ga­ni­sa­tio­nen – an­ders als bei dem Ver­käu­fer der Ka­pi­tal­an­la­ge – nicht oh­ne wei­te­res der fi­nan­zie­ren­den Bank zu­ge­rech­net wer­den kön­nen, da die Ban­ken re­gel­mä­ßig nicht Auf­trag­ge­ber der Ver­trieb­sor­ga­ni­sa­tio­nen sind. Den­noch ist es meist so, dass die Ban­ken tat­säch­lich eng mit der Ver­käu­fer­sei­te bzw. der Ver­triebs­sei­te zu­sam­men­ar­bei­ten und nach Zu­lie­fe­rung der fi­nan­ziel­len Eck­da­ten des Käu­fers (bei­spiels­wei­se durch ei­ne Selbst­aus­kunft des Er­wer­bers) oh­ne mit dem Er­wer­ber di­rekt Kon­takt auf­ge­nom­men zu ha­ben, ent­spre­chen­de Dar­le­hens­ver­trag­san­ge­bote in un­ter­schrifts­rei­fer Form dem spä­te­ren Er­wer­ber zu­lei­ten.

Ge­nau hier setzt die Recht­spre­chung bei ih­rer Be­ur­te­ilung an, ob auch die Bank in die Haf­tung ge­nom­men wer­den kann. Ei­ne Haf­tung der Bank ist grund­sätz­lich dann mög­lich, wenn es zwi­schen der Bank und dem Ver­käu­fer bzw. der Ver­triebs­or­ga­ni­sa­ti­on zu ei­nem so ge­nann­ten „Ins­ti­tu­tio­na­li­sier­ten Zu­sam­men­wir­ken“ kommt. Die­ser Be­griff wur­de in vier Ent­schei­dun­gen des Bun­des­ge­richts­ho­fes vom 16.05.2006 ge­prägt. Er­for­der­lich ist dem­nach, dass zwi­schen Ver­käu­fer bzw. In­i­tia­tor, den von ih­nen be­auf­trag­ten Ver­mitt­lern und der fi­nan­zie­ren­den Bank stän­di­ge Ge­schäfts­be­zie­hun­gen be­stan­den. Die höchst rich­ter­li­che Recht­spre­chung greift da­für auf fol­gen­de In­di­zi­en zu­rück:

1.

Ver­triebs­ve­rein­ba­run­gen, Rah­men­ver­trä­ge oder kon­kre­te Ver­trieb­sab­sprachen zwi­schen den drei oben ge­nann­ten Be­tei­lig­ten.

2.

Anhalt­spunk­te kön­nen sich auch dar­aus er­ge­ben, dass den vom Ver­käu­fer oder In­i­tia­tor ein­ge­schal­te­ten Ver­mitt­lern von der Bank Bü­ro­räu­me über­las­sen oder von ih­nen – von der Bank un­be­an­stan­det – For­mu­la­re des Kre­dit­ge­bers be­nutzt wer­den,

3.

oder et­wa dar­aus, dass der Ver­käu­fer oder die Ver­mitt­ler dem fi­nan­zie­ren­den In­stitut wie­der­holt Fi­nan­zie­run­gen von Ei­gen­tums­woh­nun­gen oder Be­tei­li­gun­gen des­sel­ben Ob­jek­tes ver­mit­telt ha­ben.

Ein so ge­nan­ntes „Ins­ti­tu­tio­na­li­sier­tes Zu­sam­men­wir­ken“ liegt dann nicht vor, wenn ei­n Kre­dit­in­sti­tut le­dig­lich von Zeit zu Zeit auf die Ini­tia­ti­ve des Ver­käu­fer Fi­nan­zie­rungs­wün­sche ge­prüft und Fi­nan­zie­run­gen über­nom­men hat (BGH, Ent­schei­dung vom 26.09.2006, AZ: XI ZR 283/03).

In der neus­ten Recht­spre­chung schränkt der zu­stän­di­ge 11. Zi­vil­se­nat des Bun­des­ge­richts­ho­fes hier die Rol­le der Ban­ken im Rah­men ei­nes „ins­ti­tu­tio­na­li­sier­tes Zu­sam­men­wir­kens“ wie­der et­was ein.

Zwar kann ei­ne Bank ne­ben dem Ver­käu­fer auch auf Scha­dens­er­satz haf­ten, dies je­doch nur dann, wenn die Bank hier ih­re Ro­lle als rei­ne Kre­dit­ge­be­rin über­schrei­tet und zu­sätz­lich ei­nen so ge­nann­ten „Wis­sens­vor­sprung“ hat, d. h. über das ver­kauf­te Ob­jekt so viel weiß, dass hier der Er­wer­ber von die­sem zu­sätz­li­chen Wis­sen in­for­miert wer­den müss­te. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn hier durch die stän­di­ge Zu­sam­men­ar­beit der Bank mit dem Ver­käu­fer bzw. dem Ver­trieb­sun­ter­neh­men (bei­spiels­wei­se durch die Ver­käu­fe von Woh­nun­gen im glei­chen Ob­jekt) die Bank über die re­le­van­ten Rah­men­be­din­gun­gen bzw. die Wert­hal­tig­keit der Ob­jek­tes aus­rei­chend in­for­miert ist. Wenn sich in die­sem Zu­sam­men­hang bei­spiels­wei­se dem prü­fen­den Bank­mi­tar­bei­ter auf­drän­gen muss­te, dass der hier vom Er­wer­ber ver­lang­te Kauf­preis über­mä­ßig über­höht ist, und in Fol­ge des­sen auch ei­ne für den Dar­le­hens­neh­mer un­pas­sen­de Fi­nan­zie­rung zu­stan­de kom­men wür­de, müss­te hier die Bank ge­gen­über dem Er­wer­ber auf­klärend tä­tig wer­den.

Tut sie das nicht, kann sie zum Scha­dens­er­satz ver­pflich­tet sein und ne­ben der Ver­käuf­er­sei­te haf­ten.

Al­ler­dings hat der Bun­des­ge­richts­hof in sei­ner neues­ten Recht­spre­chung die­se Er­for­der­nis­se be­reits wi­eder ein­ge­schränkt. Grund­sätz­lich ist ei­ne Kre­dit­ ge­ben­de Bank un­ter dem Ge­sichts­punkt ei­nes Wis­sens­vor­sprun­ges nur dann ver­pflich­tet, den Kre­dit­ne­hmer bei der Kre­dit­ver­ga­be über die sit­ten­wi­dri­ge Über­teu­e­rung der zu fi­nan­zie­ren­den Ei­gen­tums­woh­nung auf­zu­klä­ren, wenn die Bank po­si­ti­ve Kennt­nis dav­on hat, dass der Kauf­preis knapp dop­pelt so hoch ist wie der Ver­kehrs­wert der Woh­nung.

Nach An­sicht des BGH steht die blo­ße Er­kenn­bar­keit der (re­gel­mä­ßig schwer be­weis­ba­ren) po­si­ti­ven Kennt­nis dann gleich, wenn sich die sit­ten­wi­dri­ge Über­teu­e­rung der Ei­gen­tums­woh­nung ei­nem zu­stän­di­gen Bank­mi­tar­bei­ter nach dem Um­stän­den des al­len­falls auf­drän­gen muss­te. Er sei dann nicht mehr be­rech­tigt, sei­ne Au­gen da­vor zu ver­schlie­ßen (BGH, Ent­schei­dung vom 29.04.2008, Az.: XI ZR 221/07).

Die­se ver­klau­sulier­te For­mu­lie­rung des BGH be­deu­tet nichts an­de­res, als dass hier die Bank zwar nicht von sich aus ak­tiv den Kauf der Immobilie auf Un­ge­reimt­hei­ten über­prü­fen muss, je­doch bei er­kenn­ba­ren Un­ge­reimt­hei­ten hier nicht ein­fach „se­hen­den Au­ges“ den Dar­le­hens­ver­trag schlie­ßen darf.

Wie im­mer kommt es deshalb al­so auf den zu be­ur­tei­len­den konkreten Ein­zel­fall an. Ähn­li­ches kann je­doch auch bei ei­ner gra­vie­ren­den Falsch­be­ra­tung des Ver­trieb­sun­ter­neh­mens an­ge­nom­men wer­den. Wenn bei­spiels­wei­se die Bank schon an­hand der sei­tens des Ver­trieb­sun­ter­neh­mens ein­ge­reich­ten Selbst­aus­kunft des po­ten­ti­el­len Er­wer­bers er­ken­nen kann, dass die­ser hin­sicht­lich sei­ner fi­nan­ziel­len Leis­tungs­fä­hig­keit gar nicht für den Er­werb der zur fi­nan­zie­ren­den Woh­nung ge­eig­net ist und dies sich ge­ra­de­zu „auf­drängt“, so dürf­te der Fall nicht an­ders zu be­han­deln sein.

Viel­fach wer­den ja die po­ten­ti­el­len Er­wer­ber sei­tens der Ver­trieb­sun­ter­neh­mer für die Überprüfung der Kreditwürdigkeit durch die Ban­ken „fit“ ge­macht. So wer­den be­reits be­ste­hen­de Dar­le­hen der po­ten­ti­el­len Er­wer­ber ge­zielt ge­tilgt oder durch Ein­zah­lun­gen auf den Haus­ban­ken der Er­wer­ber die­se für die fi­nan­zie­ren­de Bank „kre­dit­wür­dig“ ge­macht. Obers­tes Ziel der Ver­trieb­sun­ter­neh­men ist es näm­lich, der fi­nan­zie­ren­den Bank ei­nen sol­ven­ten Kun­den zu prä­sen­tie­ren. Wenn al­so ei­ne fi­nan­zie­ren­de Bank von sol­chen Prak­ti­ken durch ih­re re­gel­mäßige Zu­sam­men­ar­beit mit den Ver­trieb­sun­ter­neh­men bzw. der Ver­käu­fer­sei­te Kennt­nis hat, so hat sie ei­ne grö­ße­re Prü­fungs­pflicht als bei völ­lig un­be­kann­ten Ver­trags­part­nern.

Zu be­ach­ten ist al­ler­dings, dass sich die Recht­spre­chung in Be­zug auf die Ban­ken­haf­tung erst lang­sam ent­wi­ckelt. Höchstrich­terliche Ent­schei­dun­gen sind sel­ten. In den Ins­tanz­ge­rich­ten wur­de zwar in der Ver­gan­gen­heit be­reits ver­ein­zelt ei­ne Haf­tung der Bank auch bei gra­vie­ren­der Falsch­bera­tung an­ge­nom­men, die­se wird je­doch der­zeit durch die Be­ru­fungs­ge­rich­te bzw. dem Bun­des­ge­richts­hof über­prüft. Es ist in na­her Zu­kunft da­mit zu rech­nen, dass sei­tens des Bun­des­ge­richts­ho­fes ei­ne neue Leit­sat­zent­schei­dung er­geht.

Bis da­hin kann ge­prell­ten Er­wer­bern von Ei­gen­tums­woh­nun­gen nur ge­ra­ten wer­den, ne­ben der Haf­tung der Ver­käu­fer­sei­te auch ei­ne mög­li­che Haf­tung der Ban­ken zu über­prü­fen. Ver­ein­zelt lässt sich ei­ne Mit­wir­kung der Ban­ken an dem Ver­kaufs­ge­schäft auch auf an­de­re Wei­se nach­wei­sen.

So kommt es bei­spiels­wei­se vor, dass Ver­tre­ter von fi­nan­zie­ren­den Ban­ken auch in Ei­gen­tü­mer­ver­sammlungen ge­schickt wer­den oder auch die Ban­ken selbst Ver­trags­part­ner des Kauf­ver­tra­ges sind.

Letz­tendlich lässt sich fest­stel­len, dass hier zwar dem Ver­brau­cher durch die Ein­be­zie­hung der Ban­ken in den Haf­tungs­kreis er­wei­ter­te Mög­lich­kei­ten an die Hand ge­ge­ben wer­den, von ei­ner an­de­ren Sei­te Scha­dens­er­satz zu er­lan­gen, an­de­rer­seits wer­den hier an die Haf­tung der Ban­ken nicht im­mer leicht zu erfüllende Vo­raus­set­zun­gen ge­knüpft.

Al­ler­dings ist po­si­tiv zu wer­ten, dass nun auch die Recht­spre­chung be­ginnt, die Re­ali­tä­ten zur Kennt­nis zu neh­men. Dar­le­hens­ver­trag und Kauf­ver­trag dür­fen nicht ge­trennt, son­dern müs­sen ge­mein­sam be­trach­tet wer­den.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 549 vom 29. September 2008 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich