Im Arbeitskreis Wirtschaftskriminalität und Opferschutz werden aktuelle Themen, die in dem von Dr. Thomas Schulte und Carsten Beyreuther gegründeten Arbeitskreis erarbeitet werden, kontrovers diskutiert. Der Arbeitskreis beschäftigt sich mit Lösungen zu den Themen Wirtschaftskriminalität und Opferschutz.
Dabei wird vor allem nicht nur deren Bekämpfung sondern deren Verhinderung von der ersten Stufe an beleuchtet. Es geht um Ethik und Moral und praktische Lösungen für die Opfer.
Prävention von Wirtschaftskriminalität
Dr. Thomas Schulte: „Bis jetzt hat sich unser Arbeitskreis Wirtschaftskriminalität und Opferschutz viel mit der Bekämpfung beschäftigt. Bekämpfung zur Verhinderung ist das Thema. Dabei müssen wir das Problem von der Straftat selbst bis hin zur Entstehung des Problems analysieren. Wichtig ist es, sich in den Täter hineinzuversetzen und die Problemstellung analysieren. Handelt es sich um eine interne oder externe Problemstellung. Darunter fallen Alkohol- oder Drogenprobleme, Geldsorgen, Anerkennung, Leistungsdruck, Erfolgsmacht uvm. Das Augenmerk liegt nicht alleine direkt beim Täter, sondern auch das Umfeld des Täters trägt maßgeblich bewusst und unbewusst zum Handeln bei.“
Prävention
Carsten Beyreuther: „Das Stichwort ist Prävention, d.h. wir treffen vorbeugende Maßnahmen, um eben gerade nicht das unerwünschte Ereignis Wirtschaftskriminalität eintreten zu lassen. Im Rahmen des Strafrechts werden für die Strafe die Generalprävention und Spezialprävention als Rechtfertigungen herangezogen. Hierbei unterscheiden wir auf die Täter bezogene Prävention, Situationsbezogene und Opferbezogene Prävention. Dabei wird tertiäre Prävention unter den Aspekten Abschreckung, Besserung und Sicherung betrieben. Wir beschäftigen uns also um vorausschauende Problemvermeidung.
Dr. Thomas Schulte: „Aller Anfang ist klein, das Ungleichgewicht fängt oftmals in nicht wahrnehmbaren Strukturen an. Ein großes bekanntes Problem verdeutlicht diese These, die besagt, dass die Wertigkeit und das Wertgefühl die Motoren des Handelns sind. Studien zufolge betrifft es viele Arbeitnehmer, die sich als Opfer einer schlechten bzw. zu einseitig verlagerten Unternehmensphilosophie fühlen. Viele Unternehmen richten ihre Unternehmensphilosophie sehr stark auf den Kunden aus und vergessen die Stärkung des Mitarbeiters. Ein Ungleichgewicht entsteht, dabei bleibt einer auf der Strecke: Der Arbeitnehmer.“
Identifikation mit dem Unternehmen für mehr Produktivität und Zufriedenheit
Carsten Beyreuther: „Von dem Arbeitnehmer wird stets verlangt, dass er seinen Job richtig erledigen soll, soweit so gut – jenes ist ja auch im Arbeitsvertrag konstituiert. Darüber hinaus wird auch verlangt, er soll sich mit seinem Unternehmen gar identifizieren. Dazu gibt es erfolgreiche Unternehmensberatungen und Coachings. Oftmals ist der Wille da, doch die Realität sieht anders aus. Genügt es z.B., dass das Unternehmen mittels einer einmal im Jahr stattfindenden Weihnachtsfeier die Identifizierung des Arbeitnehmers mit dem Unternehmen erlangt? Folgende Philosophie wäre erstrebenswert: Lasse nie zu, dass du jemanden begegnest, der nicht nach der Begegnung mit dir glücklicher ist. (Lebensmotto von Mutter Theresa)
Dr. Thomas Schulte: „Nehmen wir einmal den universitären Vergleich von Deutschland und den USA. In Deutschland wird die Universität vom Studenten zumeist lediglich als Lehrstätte verstanden. In den USA hingegen ist eine Universität mehr als nur das, es ist ein Ort, an dem Freizeitgestaltung, Hobbys und Interessen vereint werden. Deshalb fällt eben eine solche Identifikation eines amerikanischen Studenten mit seiner Universität nicht schwer. Beispielsweise letzte Woche haben die beiden Footballmannschaften Harvard und Yale wieder eines ihrer berühmten Matches veranstaltet. Um die 10.000 Fans kamen in hauseigener Mode zum dem Spiel. Hierzulande schreibt der Spiegel über den „dramatischen Zusammenprall der Edel-Unis[1].“
Carsten Beyreuther: „Die These bedeutet: Wer sich mit seinem Unternehmen besser identifiziert, der läuft weniger Gefahr, Wirtschaftskriminalität gerade dort zu vollziehen. Viele Unternehmen fühlen sich davon nicht betroffen. Dabei sind besonders häufig auch mittelständische Unternehmen betroffen und wer denkt, das Wirtschaftskriminalität im eigenen Unternehmen nur auf der Chefetage passiert, der liegt falsch[2]. Wirtschaftskriminalität passiert heutzutage auf allen Unternehmensetagen; Praktikanten, Vorstandsmitglieder, Buchhalter oder Reinigungspersonal.“
Besserung der Unternehmensstruktur als Obliegenheit
Dr. Thomas Schulte: „Wir möchten keinesfalls einen Eingriff in die Privatwirtschaft vornehmen. Es ist wichtig, das die Unternehmen die Verbesserung ihrer Unternehmensstruktur als Obliegenheit verstehen, nicht als einen Eingriff. Verbesserung der Unternehmensstruktur heißt: Möglichkeiten schaffen, damit der zukünftige Wirtschaftskriminelle eine solche Tat gegen sein eigenes Unternehmen nicht begeht. Das Problem wird also auf einer ganz anderen Stufe angegangen, nämlich auf jener Stufe, auf der eine Verhinderung noch am wahrscheinlichsten ist.“
Carsten Beyreuther: „Dabei wären wir auch wieder bei dem Thema Wirtschaft und Ethik. Es ist wichtig, dass das Unternehmen hierbei nicht nur auf die Erreichung von bestimmten Umsätzen fixiert ist. Eine Fokussierung auch auf die Arbeitnehmer und deren Identifikation mit dem Unternehmen hat langfristig gesehen mehr Erfolg, als eine kurzfristige Fixierung auf Umsätze. Ethik ist dabei einer dieser Grundsätze. Das Unternehmen muss also zwangsläufig ethisch denken; diese Maßnahme hat zudem auch Synergieeffekte nicht nur bezüglich der Arbeitnehmer, auch Kunden profitieren von der besseren Unternehmensstruktur.“
Integrationsprävention
Dr. Thomas Schulte: „Auch in der Jurisprudenz gilt dieses Prinzip – allerdings etwas abgewandelt – seit nunmehr 40 Jahren. 1969 kam der Begriff „Verteidigung der Rechtsordnung“ in das Strafgesetzbuch. Dabei beschäftigt sich die Rechtsprechung mit dem Zweck von Strafe. Bei der sogenannten Integrationsprävention ist der Zweck der Strafe die Verteidigung bzw. Stärkung der Rechtsordnung. Durch Strafe erreicht man die Aufrechterhaltung des Rechtsbewusstseins der Bürger. Dadurch erfährt die Rechtsordnung eine Stärkung, sie wird also verteidigt. Durch unsere Überlegungen stärken wir den Zusammenhalt des Unternehmens. Wichtig ist, dass sich der Arbeitnehmer durch Ethik, Arbeitnehmerfreundlichkeit besser mit seinem Unternehmen identifizieren kann. Dadurch wird das Bewusstsein gestärkt, das der Wirtschaftskriminelle eine Tat begeht, die ihm selbst Schaden zufügt.
Der Arbeitskreis wird sich weiter mit den Belangen des Opferschutzes in der Wirtschaftskriminalität beschäftigen und in Seminarreihen das erworbene Wissen an Dritte weitergeben. Wirtschaftskriminalität muss dort verhindert werden, wo das Opfer noch keines ist.