Prozessbetrug ist eine ernste Straftat im deutschen Rechtssystem - Valentin Schulte

Aussagen und Lügen vor Gericht – Der Prozessbetrug

Im deutschen Rechtssystem ist die Wahrheitspflicht ein unverrückbares Prinzip, besonders im Zivilprozess. Wer diese Pflicht verletzt, begeht Prozessbetrug – eine ernste Straftat, die nach § 263 StGB verfolgt wird. Der Prozessbetrug kann zu harten Strafen führen, darunter Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen. Wer bewusst lügt, Beweise fälscht oder den Sachverhalt manipuliert, muss mit Konsequenzen rechnen.

 Wahrheitspflicht im Zivilprozess

Nach § 138 ZPO sind die Parteien im Zivilprozess zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Darstellung der Tatsachen verpflichtet. Das bedeutet, dass Lügen oder bewusstes Verschweigen von relevanten Fakten verboten sind. Die Grundlage eines jeden zivilrechtlichen Verfahrens ist die wahrheitsgemäße Darstellung der Umstände. Im Strafprozess hingegen darf der Angeklagte lügen, um sich zu verteidigen, was oft zu Missverständnissen führt. Im Zivilrecht jedoch gelten klare Regeln.

 Prozessbetrug – Praktische Beispiele

Beispiel 1: Im Fall Oberlandesgericht Stuttgart, Az. 12 U 21/18 gab eine Partei bewusst falsche Angaben zu den Baukosten eines Projekts an, um Schadensersatz in Millionenhöhe zu erhalten. Die Lüge flog auf, und die Partei wurde nicht nur zur Rückzahlung des Geldes verurteilt, sondern auch strafrechtlich belangt.

Prozessbetrug kann in vielen Formen auftreten: falsche Aussagen, manipulierte Dokumente, erfundene Zeugen. Die Täuschung zielt immer darauf ab, das Gericht oder die gegnerische Partei in die Irre zu führen und dadurch einen unrechtmäßigen Vorteil zu erlangen. Beispiele aus der Praxis zeigen, wie skrupellos manche Parteien vorgehen.

Beispiel 2: Im Fall Landgericht Berlin, Az. 67 O 149/19 log ein Beklagter in einem Mietrechtsstreit und behauptete, dass er niemals eine Mietminderung geltend gemacht habe. Tatsächlich hatte er dies schriftlich seinem Vermieter gegenüber angekündigt. Der Vermieter konnte die Lüge durch vorgelegte Dokumente entlarven. Der Beklagte musste nicht nur die Mietdifferenz zahlen, sondern wurde auch wegen Prozessbetrugs angezeigt.

 Täuschung im Prozess – Konsequenzen

Prozessbetrug hat nicht nur strafrechtliche, sondern auch zivilrechtliche Folgen. Wer einen Prozess durch Täuschung gewinnt, muss damit rechnen, den gesamten Prozess zu wiederholen, wenn der Betrug aufgedeckt wird. Der Betrogene hat außerdem die Möglichkeit, Schadensersatz zu fordern.

Beispiel 3: Amtsgericht Frankfurt, Az. 31 C 4567/18: Eine Frau behauptete in einem Verkehrsunfallprozess, schwer verletzt zu sein, und legte gefälschte Atteste vor. Der Gutachter stellte jedoch fest, dass die Verletzungen nicht den behaupteten Beschwerden entsprachen. Sie musste die erhaltene Entschädigung zurückzahlen und wurde wegen Prozessbetrugs angeklagt.

 Der Anwalt zwischen Wahrheit und Pflicht

Auch Anwälte können sich strafbar machen, wenn sie wissentlich an der Täuschung beteiligt sind. Sie dürfen keine falschen Behauptungen ihres Mandanten unterstützen und müssen die Wahrheitspflicht respektieren. Ein Anwalt, der bewusst falsche Beweise einbringt, läuft Gefahr, sich selbst des Prozessbetrugs schuldig zu machen.

Beispiel 4: Bundesgerichtshof, Az. IX ZR 43/21: In einem Fall wurde ein Anwalt belangt, der wissentlich gefälschte Dokumente in einen Prozess eingeführt hatte. Er wurde wegen Beihilfe zum Prozessbetrug verurteilt und verlor seine Zulassung.

Prozessbetrug ist eine ernste Straftat, die sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Konsequenzen hat. Falsche Aussagen, manipulierte Beweise oder bewusstes Verschweigen können dazu führen, dass der gesamte Prozess wiederholt werden muss. Anwälte haben eine besondere Verantwortung, die Wahrheitspflicht zu wahren und keine Täuschung zu unterstützen. Lügen vor Gericht lohnen sich nicht – wer es versucht, riskiert alles.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
23. Jahrgang - Nr. 9625 vom 31. Oktober 2024 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich