Die Erfahrungen vieler Bankkunden in den letzten Jahren sind schmerzlich. Viele Bankkunden haben herbe Verluste hinnehmen müssen, da das kriminelle Verhalten von Emittenten, ihnen die Ersparnisse genommen hat.
Doch nur wenige der geschädigten Kapitalanleger suchen wirklich Hilfe bei den Gerichten. Dabei geht es um das eigene Ersparte, das oftmals hart erarbeitet und dem Anleger bestimmt sehr am Herzen liegt. Die Banken sehen sich daher nur sehr wenigen Schadensersatzansprüchen ausgesetzt. Die Bankenkunden tragen den ihnen entstandenen Schaden alleine, weil sie sich nicht in der Lage fühlen, gegen die Banken zu agieren. Dabei bestehen durchaus Chancen, dass die geschädigten Kapitalanleger wenigstens einen Teil des Schadens ersetzt bekommen und somit nicht ein Opfer der Abzocke bleiben. Es gibt im Wesentlichen zwei Arten von Schadensersatz.
Welche Möglichkeiten hat der geschädigte Kapitalanleger
Entscheidend ist, dass Schadensersatzansprüche auf zwei Anspruchsgrundlagen gestützt werden können.
1. Einmal steht die falsche Beratung bei einer Kapitalanlageentscheidung im Vordergrund. Hier haben Tests und Prüfungen ergeben, dass auch heute im Jahre 2012 die Testpersonen von Bankberatern falsch beraten worden sind. Die Bankberater nutzen die Leichtgläubigkeit der Kunden gezielt aus, damit wird wissentlich kalkuliert.
Bereits in einem Titelbeitrag des Magazin Capital hatte dieses im Jahre 2008 darauf hingewiesen, dass Bankberater ihre Kunden belügen. Das ist nicht nur menschlich enttäuschend, sondern führt auch zu schlimmen Ergebnissen in Bezug auf die Vermögensentwicklung von Geldanlagen.
2. Ein ganz wichtiger Aspekt des Schadenersatzes der viel einfacher für die Bevölkerung durchzusetzen ist, ist allerdings in den letzten Jahren wenig beachtet worden. Der Bundesgerichtshof hat neben der falschen Beratung, die der Kunde beweisen muss, was ziemlich aufwendig erscheint, noch ein weiteres Rechtsinstitut geschaffen: Schadenersatz wegen Kick Back Vergütungen.
Was ist eine Kick Back Vergütung?
Eine Kick Back Vergütung ist eine verdeckt geflossene Rückvergütung, welche von einem Dritten (z.B. einem Emittenten) an die Bank nach einer erfolgreichen Kapitalanlagevermittlung gezahlt wird. Einfach gesagt, die Bank bekommt von einem Dritten dafür Geld, das sie sein Produkt gegenüber dem Anleger empfohlen und vermittelt hat. Diese Kick Back Vergütungen müssen aber dem Kunden gegenüber offen gelegt werden, dass oftmals nicht geschehen ist. Dabei reicht es nicht, wenn die Bank darauf hinweist, dass sie von einem Dritten für die Vermittlung der Kapitalanlage Geld bekommt, sondern sie muss auch über deren Höhe aufklären, Transparenz sollte hier Voraussetzung sein.
Bundesgerichtshof sah diese Verpflichtung bereits schon früher
Diese Verpflichtung der Bank wurde schon sehr zeitig vereinzelt in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH) gesehen. So führte der BGH in seiner Entscheidung vom 19.12.2000 – XI ZR 349/99 die Rechtsprechung des BGH vom 03.12.1991 – XI ZR 300/09 fort. In der im Jahr 2000 ergangenen Entscheidung des BGH sah dieser die Bank als verpflichtet an, den Kunden dahingehend zu informieren, dass mit dessen Vermögensverwalter eine Vereinbarung getroffen wurde, wonach dieser an den Provisionen der Bank und den Depotgebühren beteiligt ist.
Aufklärungspflicht: Bundesgerichtshof führt Rechtsprechung aus dem Jahr 2000 fort und erweitert diese zum Kick-Back
Aber erst mit der Entscheidung des BGH vom 19.12.2006 – XI ZR 56/05 wurde diese Aufklärungspflicht der Bank in ständiger Rechtsprechung des BGH weiter entwickelt und konkretisiert. Der BGH machte in dieser Grundsatzentscheidung deutlich, dass die Bank aber nicht nur darüber aufklären muss, dass sie Rückvergütungen erhält, sondern auch in welcher Höhe. Im Anschluss an diese Entscheidung ergingen dann zahlreiche weitere Entscheidungen des BGH, welche die Kick Back Rechtsprechung entscheidend prägten.
Was bedeutet das für die geschädigten Kapitalanleger?
Mit seiner Rechtsprechung hat der BGH dazu beigetragen, dass unzählige Anleger nunmehr die Banken wegen Verletzung von Aufklärungspflichten in Anspruch nehmen können. Das selbst dann, wenn der Kauf der Kapitalanlagen länger als drei Jahre zurück liegt, schließlich haben die Anleger ihr hart verdientes Geld der Bank zur Verfügung gestellt.
Vor allem Kapitalanlagen, welche bis zum 04.08.2009 erworben wurden, waren hinsichtlich der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen einer sehr kurzen Verjährung von drei Jahren, beginnend mit dem Erwerb der Kapitalanlage, unterworfen. Die Banken haben daraufhin von ihrem Recht Gebrauch gemacht und die Einrede der Verjährung erhoben. In der Instanzenrechtsprechung zum großen Teil mit Erfolg.
Die Erhebung der Einrede der Verjährung stützten die Banken auf die bis zum 04.08.2009 gültige Rechtsnorm des § 37a WpHG. Danach verjährten Ansprüche innerhalb von spätestens drei Jahren ab dem Zeitpunkt des Kaufs. Diese Verjährungsvorschrift umfasste jedoch nur fahrlässiges aber nicht vorsätzliches Handeln. Hat die Bank vorsätzlich gehandelt, galt die kurze Verjährung des § 37a WpHG gerade nicht. Die Instanzengerichte sahen jedoch in dem Verschweigen von Rückvergütungen kein vorsätzliches Handeln und ließen zugunsten der Banken den Einwand der Verjährung durchgreifen.
Mit seiner Entscheidung vom 12.05.2009 – XI ZR 586/07 schaffte der BGH auch hier Klarheit.
Bundesgerichtshof dehnt seine Rechtsprechung zu „kick back“ weiter aus
Bereits im Jahr 1997 hatte das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel eine Richtlinie erlassen. Danach waren die Banken verpflichtet, den Anleger darüber aufzuklären, dass bei Vermittlung bestimmter Kapitalanlagen an die Bank Zahlungen von dritter Seite erfolgen.
Diese Richtlinie sah der BGH als Maßstab an, dass den Banken bereits seit Erlass dieser Richtlinie klar gewesen sein muss, dass die Kunden über diesen Umstand aufzuklären sind. Aus diesem Grund wies der BGH den Banken die Darlegungs- und Beweislast dafür zu, dass diese nicht vorsätzlich gehandelt haben, wenn sie nicht über verdeckte Rückvergütungen aufgeklärt haben.
Bundesgerichtshof stärkt Anlegerrechte: Schadensersatzansprüche für geschädigte Anleger wegen fehlerhafter Beratung
Die in ständiger Rechtsprechung fortgeführte Rechtsprechung des BGH zur fehlenden Aufklärung über den Erhalt von verdeckten Rückvergütungen (Kick Backs) hat für geschädigte Anleger zum Vorteil, dass Schadensersatzansprüche gegenüber der Bank wegen der Verletzung des Beratungsvertrages einfacher durchgesetzt werden können und die Darlegungs- und Beweislast für die Anleger erheblich gelockert wurde.
Dr. Thomas Schulte hierzu: „Zwar wird seitens der Instanzengerichte die eindeutige Rechtsprechung des BGH zu Kick Backs noch vereinzelt verkannt; dennoch konnten wir Rechtsanwälte bereits zahlreichen Anlegern unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH zu ihrem Recht verhelfen. Anleger sollten sich nicht davor scheuen, für ihre Rechte einzustehen, die Banken als Dienstleister zu sehen, die sich um das Geld der Anleger vertrauenswürdig und ehrlich kümmern sollten.“
Fazit:
Nichts was aussichtlos erscheint, ist auch wirklich aussichtslos. Vielmehr sollten sich geschädigte Kapitalanleger nicht von der Großmacht der Banken in Ohnmacht versetzen lassen, sondern sich zur Wehr setzen und der Abzocke ihres hart Ersparten Einhalts gebieten.
Dr. Thomas Schulte
Rechtsanwalt