Arbeitskreis: Wirtschaftskriminalität, Betrug und Opferschutz
Der Arbeitskreis beschäftigt sich neben der Analyse von Wirtschaftskriminalität und dem Opferschutz und dessen Interessenvertretung, auch mit dem Aufzeigen neuer Modelle für die Gesellschaft, wenn die Verhinderung von Wirtschaftskriminalität zu spät ist.
Erfahrungen und Überlegungen haben aufgezeigt, wie effektiv Wirtschaftskriminalität verhindert, gar im Keim erstickt wird, dabei den Opferschutz im Fokus behält und mithilfe bestimmter Verfahren den Täter dazu kriegt, seine Straftaten einzusehen, um dem Opfer den Schaden zu ersetzen. Doch wenn dieser Zug bereits abgefahren ist, was dann? Oder anders gefragt: „Was passiert, wenn Täter zwar ihre Tat einsehen, jedoch keine Möglichkeiten haben, die entstandenen Schäden zu begleichen?“
Dazu ein aktuelles Beispiel:
Inhabern alter und vermeintlich unrentabler Lebensversicherungen wurde ein Angebot gemacht. Zwei verschiedene Vertragsvarianten wurden den Betroffenen angeboten, von einer Einmalzahlung, über monatliche Ratenzahlung bis hin zu einer Auszahlung am Ende der Laufzeit. Das Geld der Anleger sollte gewinnbringend in verschiedene Objekte, größtenteils in Geothermie – Projekte, die als besonders sicher angepriesen wurden und besonders hohe Rendite versprachen, angelegt werden. Dadurch wurde ein Produktwechsel vollzogen und Vertragspartner der Kunden war nicht mehr die Lebensversicherungsanstalt, sondern die SAM Finanz AG. Doch nun befindet sich die SAM AG mit Sitz im Schweizer Ort Hergiswil in der Liquidation (Abwicklung).
Carsten Beyreuther: „Dieser und ähnlich gelagerte Fälle zeigen ein typisches Problem in Bezug auf Wirtschaftskriminalität auf. Die Täter prellen ihre Kunden erst um hohe Summen und wenn das System zusammenbricht, sind sie weder zahlungswillig noch zahlungsfähig. Die Opfer bleiben auf ihren Kosten sitzen, selbst wenn die Täter zumindest zahlungswillig sind, denn meistens ist die Rückzahlung nicht mehr möglich, weil aufgrund des Systemzusammenbruchs kein Geld mehr da ist. Beispielsweise der Betrugsfall von Bernard L. Madoff sorgte 2008 weltweit für Aufruhr. Jahrzehnte lang betrieb er Investmentfonds nach dem Schnellballsystems und verursachte dadurch exorbitante Schäden; der Gesamtumfang der Schäden wird auf 65 Milliarden Dollar geschätzt. Eine Befriedigung für alle Geprellten ist ebenso utopisch wie unmöglich. Die wohl einzige Befriedigung ist, dass Bernard L. Madoff am 29. Juni 2009 zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Dieses Beispiel dient lediglich einer extremen Darstellung, aber auch in kleinerem Umfang bleibt das Problem das selbe.“
Aktuelle Studien zeigen, dass ca. 80 % der deutschen Unternehmen das Risiko Wirtschaftskriminalität bewusst wahrnehmen. Etwas paradox erscheint dabei der Fakt, dass lediglich nur ein Drittel über Versicherungsschutz verfügen. Doch nicht nur Unternehmen sollten sich gegen solche Gefahren schützen. Wirtschaftskriminalität geschieht nicht nur in Unternehmen. Studien zeigen, dass sehr häufig auch private Leute von dieser Gefahr betroffen sind.
Die Zeit ist reif für ein neues Versicherungsmodell!
Dr. Thomas Schulte: „Ein neues Versicherungsmodell zum Schutz der Unternehmen gegen die Folgen von Vertrauensschäden wird erarbeitet und soll auch den Privaten diesen Schutz gewährleisten. Die Schwierigkeit besteht vor allem darin, die Grenzen zwischen legalem und illegalem Handeln zu ziehen. Denn diese Übergänge sind meist fließend, ein schwarz-weiß-Denken ist dabei wenig ausschlussreich. Zudem folgt unter Umständen aus solch einem Modell auch wieder ein neuer Bereich der Wirtschaftskriminalität, den es gilt, zu verhindern. Umso wichtiger ist es, umsetzbare Regeln und Grenzen zu erarbeiten, damit ein solches Handeln kaum noch möglich ist; es gilt, alle gesetzlichen Lücken zu stopfen. Ziel dieses Modells ist es, Wirtschaftskriminalität möglichst opferorientiert und interessengerecht auszurichten.“
Der Arbeitskreis wird sich weiter mit den Belangen des Opferschutzes in der Wirtschaftskriminalität beschäftigen und in Seminarreihen das erworbene Wissen an Dritte weitergeben.