In einem Urteil vom 11.12.2003 (III ZR 118/03) hat der BGH entschieden, dass eine Verkürzung der Verjährungsfristen durch eine Bestimmung im Emissionsprospekt zu Gunsten der Fondsgesellschaft zulässig ist. Kapitalanlageberater und -vermittler dürfen sich jedoch nicht auf die Verjährungsverkürzung berufen, sondern haften für Schäden aus Beratung vor dem 01.01.2002 grundsätzlich 30 Jahre lang. In vielen Fällen kommt somit nur noch der Kapitalanlagevermittler als Anspruchsgegner in Frage.
Viele Anbieter des grauen Kapitalmarkts machen in ihren Emissionsprospekten so genannte Angabenvorbehalte. So heißt es häufig sinngemäß, die Haftung der Kapitalanlagegesellschaft für unrichtige oder unvollständige Prospektangaben oder für die Verletzung von Aufklärungs- oder Hinweispflichten sei auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt und zudem innerhalb von 6 Monaten ab Kenntniserlangung, spätestens in 3 Jahren seit dem Beitritt zur Gesellschaft verjährt. Auf den Zeichnungsscheinen oder Beitritts angeboten dieser Kapitalanlagegesellschaften findet sich dann eine vom Anleger zu unterzeichnende Erklärung, nach welcher die Risikohinweise und Angabenvorbehalte Bestandteil des Vertrages werden. Der BGH hatte nun über die Klage eines Anlegers zu entscheiden, der einen solchen Zeichnungsschein unterzeichnete und in dessen Emissionsprospekt ein ebensolcher Angabenvorbehalt auch mit Wirkung gegen den Kapitalanlagenvermittler vereinbart werden sollte. Der Anleger machte Schadensersatzansprüche gegenüber dem Vermittler geltend.
In diesem Zusammenhang bemerkte der BGH zunächst, dass grundsätzlich an der Verjährungsverkürzung zu Gunsten der Kapitalanlagegesellschaften nichts auszusetzen sei. Letztlich stellten die Angabenvorbehalte in dem Emissionsprospekt nichts anderes dar, als allgemeine Geschäftsbedingungen, welche auch durch den Hinweis auf den Zeichnungsschein Bestandteil des Vertrages werden könnten. Diese AGB würden auch den Anleger nicht überraschen, da ein durchschnittlich verständiger Anleger damit rechnen müsse, dass die Kapitalanlagegesellschaft die Haftung auf ein zeitlich vertretbares Maß beschränken werde. Auch sei die Form der Einbeziehung dieser Verjährungsverkürzung nicht intransparent, da die Klausel für den Durchschnittsverbraucher genügend klar und verständlich war. Damit hat der BGH die Rechte der Anleger erheblich beschnitten.
Als Alternative bleibt nach dieser Entscheidung erneut nur, den Vermittler in die Haftung zu nehmen. Denn die Vermittlerhaftung verjährt für Fälle, die vor dem 01.01.2002 stattfanden, in der 30jährigen Regelverjährung. Dies wurde vom BGH explizit festgestellt und zugleich den Bemühungen der Fondsanbieter, auch die Haftung des Vertriebs auf 3 Jahre zu beschränken, ein Riegel vorgeschoben. Denn die Verjährungsverkürzung auch zu Gunsten eines am Gesellschaftsvertrag nicht beteiligten Dritten ist als überraschende Klausel zu bewerten. Überraschend deshalb, weil der Anleger mit einer solchen Klausel zu Gunsten des Vertriebs nicht rechnen brauchte. Diese Klausel ist nach Ansicht des BGH überraschend und verstößt somit gegen das Gesetz über AGB. Da hilft nach Ansicht des BGH auch nicht, wenn Anbieter und Vertrieb „in einem Lager“ stehen.
Das Urteil ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen bezieht sich der BGH explizit auf das Gesetz über AGB, welches jedoch nach dessen § 23 Abs. 1 AGBG nicht auf Gesellschaftsverhältnisse unmittelbar anwendbar ist. Dies hat der BGH selbst am 27.11.2000 festgestellt (II ZR 218/00). Zum anderen schränkt das Urteil die Rechte der betroffenen Kapitalanleger ganz erheblich ein. Üblicherweise sind Kapitalanleger leidensfähig und nehmen Verluste und schlechte Geschäftsverläufe über mehrere Jahre hinweg hin. Wenn dies über mehr als 3 Jahre geschehen ist, können Schadensersatzansprüche gegenüber der Gesellschaft nunmehr nicht mehr geltend gemacht werden. Anfechtungsrechte dürften bereits seit längerem verstrichen sein, da hier eine einjährige Frist gilt. Sofern der Kapitalanlagenvertrieb innerhalb dieser Zeit in die Insolvenz gegangen ist, was häufig geschieht, bleibt kein Ansprechpartner mehr. Noch schlimmer ist es sogar, wenn die Kapitalanlage über ein Bankdarlehen finanziert wurde. Selbst bei Anwendung der neusten Rechtsprechung des BGH zum Verbundgeschäft bei geschlossenen Immonbilienfonds (Urteil vom 21.07.2003 – II ZR 387/02) steht der Anleger nach 3 Jahren rechtlos da. Zwar kann er nach dieser Entscheidung seine Ansprüche auch gegenüber der finanzierenden Bank geltend machen, doch gilt dies nur insoweit als ihm Ansprüche noch zustehen. Wenn diese gegenüber der Fondsgesellschaft in Folge einer Verjährung nicht mehr durchsetzbar wären, kann auch die Rückzahlung des Darlehens nicht verweigert werden.
Mit dem Urteil vom 11.12.2003 schafft der BGH Rechtsfrieden zu Lasten der Anleger. Unter Berufung auf die Verjährung können sowohl Fondsgesellschaften wie auch finanzierende Banken Schadensersatzansprüche abwehren. Anleger, die nicht innerhalb von 3 Jahren reagiert haben, können ihre Ansprüche nur noch gegen den vielfach nicht mehr existenten Vertrieb durchsetzen. Zusätzlich gilt seit dem 01.01.2002 nicht eine 30jährige Regelverjährungsfrist, sondern nur noch eine 3jährige. Für Beratungen ab dem 01.01.200 2 gilt somit ebenfalls eine 3jährige Verjährungsfrist. Für Altfälle, die am 01.01.2002 noch nicht verjährt waren und für die noch die 30jährige Verjährungsfrist galt, gilt eine Überleitungsvorschrift:
Diese verjähren spätestens am 31.12.2004. Es empfiehlt sich daher dringend, rechtzeitig vor Ablauf dieser Frist einen spezialisierten Anwalt aufzusuchen, um seine Ansprüche nicht verjähren zu lassen.
Röhlke
Rechtsanwalt