Bundesgerichtshof stärkt Anlegerrechte – Bank muss ungefragt über Risiko der Aussetzung der Anteilsrücknahme bei Fondsgesellschaften aufklären – Anleger können Schadenersatzansprüche gelten machen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 29.04.2014 zu den Az. XI ZR 477/12 und XI ZR 130/13 eine wichtige Entscheidung für den Anlegerschutz getroffen. Hintergrund der zwei Verfahren vor Deutschlands oberstem Zivilgericht war die Frage, ob eine Bank, die den Erwerb von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds empfiehlt, den Anleger ungefragt über das Risiko einer Aussetzung der Anteilsrücknahme durch die Fondsgesellschaft aufklären muss.
Dr. Thomas Schulte und Team in einem Vortrag für die Rechtsanwälte Dr. Schulte und sein Team hierzu: „Interessierte, die Geld anlegen wollen, können aus verschiedenen Anlageklassen wählen, z.B. Aktien, Fonds oder Immobilien, Gold etc. kaufen. Falls darüber beraten wird durch eine Bank oder anderweitig, muss die Beratung stimmen.“ Offene Immobilienfonds geben Anteile heraus. Die Fonds kaufen mit dem Geld der Anleger Immobilien bzw. Wertpapiere. Eventuell steigen die Anteile im Wert oder es wird eine Rendite ausgeschüttet. Normalerweise kann man die Fondsanteile jederzeit zurückgeben an die Gesellschaft. Es besteht aber das Risiko, dass die Gesellschaften ihr Vermögen verlieren oder weniger schlimm: der Anteilseigentümer kommt zeitweise nicht an sein Geld, weil die Gesellschaft in einer Wirtschaftskrise wie nach 2008 keine flüssigen Mittel hat. Dann wird die Rücknahme der Anteile eingestellt.
Musste der Berater dem Anleger vorher klar sagen: „Eventuell kann es sein, dass Sie an Ihr Geld nicht mehr herankommen?“
Hierzu waren in der Vergangenheit zwei gegenteilige Entscheidungen von Oberlandesgerichten ergangen. Zum einen hatte hier das OLG Frankfurt am Main zu dessen Az. 9 U 131/11 anlegerfreundlich entschieden und eine Aufklärungsverpflichtung der Bank angenommen. Gegenteiliges hatte das OLG in Dresden zum dortigen Az. 8 U 512/12 ausgeurteilt. Dies rief die Richter des Bundesgerichtshofes auf den Plan, die den Streit zu entscheiden hatten.
Aufklärung über Risiken der Aussetzung der Anteilsrücknahme bei offenen Fonds
Die entschiedene Frage hat vor allem deshalb Relevanz, weil vielen Anlegern durch ihre Bank vor einigen Jahren nicht das bestehende Risiko einer Aussetzung der Anteilsrücknahme erklärt wurde. Man ging damals schlicht davon aus, dass bei sogenannten „offenen Fonds“, insbesondere im Immobilienbereich, eine Anteilsrücknahme stets unproblematisch möglich wäre. Warum also über etwas aufklären, was es nur in der Theorie und nicht in der Praxis geben kann?
Nach der Lehman-Krise 2008 musste man sich auf Seiten der Banken und auch vieler Fachleute jedoch eines Besseren belehren lassen, da verschiedene Immobilienfonds, auch solche von deutschen Anbietern, vorübergehend oder sogar dauerhaft geschlossen werden mussten. Dies hatte zur Folge, dass die Anleger ihre Anteile gerade nicht jederzeit veräußern konnten und dass wahrscheinlich auch hierdurch erhebliche Verluste entstehen werden.
Aufklärungspflicht der Banken umfasst auch ungefragt das Risiko von Anteilsrücknahmen – Schadensersatz wegen Falschberatung kann geltend gemacht werden
Die Banken verteidigten sich in Prozessen und auch außergerichtlich oftmals mit dem Argument, dass dieses rein theoretische und bis dahin wenig in der Praxis aufgetretene Risiko ohne Nachfrage des Anlegers überhaupt nicht benannt werden müsste.
Mit dieser Einschätzung der Banken hat der Bundesgerichtshof nun Schluss gemacht. Er hat klargestellt, dass auch dieses bestehende Risiko der Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme zu einer Aufklärungsverpflichtung der Bank führt. Hat diese nicht aufgeklärt und ist dies nachweisbar, z.B. durch Zeugen oder auch durch Vorlage entsprechender Beratungsdokumente, ist eine Rückabwicklung der Kapitalanlage aufgrund einer vertraglichen Nebenpflichtverletzung jetzt durch die Entscheidung des BGH möglich.
Anleger, die in einen offenen Fonds investiert haben, der mittlerweile zur Anteilsrücknahme ausgesetzt wurde, können daher in jedem Fall Schäden geltend machen und von der Bank Schadensersatz verlangen.
Rechtsanwalt Dr. Schulte, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Partner von Dr. Schulte und sein Team ergänzend hierzu: „Gleiches gilt aber auch für Anleger, die in offene Fonds investiert haben, wo sich dieses Risiko noch nicht verwirklicht hat. Es liegt auch dort eine Falschberatung vor, die zur Rückabwicklung führt. Es gilt hier die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens. Das bedeutet, dass zunächst einmal davon ausgegangen wird, der Anleger hätte die offene Beteiligung nicht gezeichnet, wenn er von dem Risiko der Schließung gewusst hätte.“
Fazit: BGH Entscheidung eröffnet Chancen für Ansprüche der Anleger bei offenen Fonds
Anleger, die offene Fonds, insbesondere offene Immobilienfonds, gezeichnet haben, sollten sich daher anwaltlich beraten lassen, um die Möglichkeit einer Anteilsrücknahme durch die Bank im Wege des Schadensersatzes prüfen zu lassen. Ein erfahrener Fachanwalt im Bank- und Kapitalmarktrecht kann die Erfolgsaussichten hier meist schnell beurteilen.
Tipps der Fachanwälte Dr. Schulte und sein Team Berlin:
1. Rechtsschutzversicherungspolice heraussuchen.
2. Konto- und Vertragsunterlagen zusammenstellen.
3. Gab es Zeugen (Ehepartner, Freunde und Verwandte für das Gespräch in der Bank?)
Für Rückfragen und weitere Informationen stehen Dr. Schulte und sein Team unter 030 22 19 220 20 oder dr.schulte@dr-schulte.de gerne zur Verfügung. Die Rechtsanwälte liefern kostenfreie Ersteinschätzungen.