Gerichtsgebäude / Pixabay

Das Vereiteln der Zwangsvollstreckung (§ 288 StGB) – Ein Strafbarkeitsrisiko für Schuldner

Finanzexperten und Rechtsanwälte klären auf – Diskussionsbeitrag von Finanzexperten Peter Restle, FX-Beraternetzwerk Reutlingen/Pfullingen

Sobald Unternehmer in wirtschaftliche Nöte geraten, ist die Versuchung groß, privat geschaffenes Vermögen für den Insolvenzfall vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen. „Erfahrungen aus der täglichen Praxis bestätigen, dass dies in der Natur des Menschen zum Selbsterhalt liegt, obwohl die Betroffenen wissen, dass das Verhalten nicht korrekt dem Gläubiger gegenüber ist“, begrüßt Peter Restle, Gründungsmitglied des FX-Beraternetzwerk Unternehmen. Das Unternehmen FX-Beraternetzwerk bietet Beratungsdienstleistungen im Netzwerk unabhängiger Berater bundesweit an. Das Ziel der unabhängigen Berater liegt ebenso in der professionellen Beratung wie auch die Begleitung von Verhandlungen über Kreditmanagement, Sonderkonditionen, Rahmenvereinbarungen, Projektfinanzierungen sowie auch Abwicklung und Realisierung.

Im Rahmen von Seminarveranstaltungen und Inhouse-Schulungen in den Berliner Räumlichkeiten Dr. Schulte und sein Team Rechtsanwälte diskutiert der Arbeitskreis Kreditgewährung, branchenübergreifender Zusammenschluss bestehend aus Juristen, Bankkaufleuten, Finanzexperten, Steuerberater, über die Zusammenhänge und Konsequenzen: „Strafbarkeitsrisiko für Schuldner“. Finanzexperte Peter Restle gibt zu bedenken, dass die Erfahrungen immer wieder bestätigen, dass bei Insolvenzen die Schuldner das privat geschaffene Vermögen vor dem Zugriff der Gläubiger schützen möchten. Rechtsanwalt Dr. Kraatz, Privatdozent für Straf-, Strafverfahrens- und Wirtschaftsstrafrecht (Freie Universität Berlin) und Lehrbeauftragter (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin) hierzu: „Genau um dies zu verhindern und das Recht des Gläubigers, sich wegen seiner Ansprüche aus dem Schuldnervermögen zu befriedigen, umfassend zu schützen, hat der Gesetzgeber § 288 Strafgesetzbuch (StGB) geschaffen. Hiernach wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft, wer bei einer ihm drohenden Zwangsvollstreckung in der Absicht, die Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln, Bestandteile seines Vermögens veräußert oder beiseiteschafft.“

Vereitelung der Zwangsvollstreckung – Voraussetzung außergerichtliches Anschreiben

Der erfahrene Jurist führt weiter aus, dass der Anwendungsbereich dieser in der Bevölkerung weithin unbekannten Strafnorm im Drohen der Zwangsvollstreckung liegt. „Dies ist weit zu verstehen und liegt bereits vor, wenn nach den Umständen des Falles anzunehmen ist, dass der Gläubiger den Willen hat, seinen Anspruch demnächst zwangsweise durchzusetzen (vgl. bereits Reichsgericht RGSt. 20, 256 [257]). Der Erhebung einer Klage bedarf es hier nicht, sodass außergerichtliche Anschreiben des Gläubigers oder Mahnschreiben genügen, erst recht die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens. Voraussetzung ist jedoch, dass der Anspruch wirklich besteht; er braucht dagegen noch nicht einmal fällig zu sein“, so Rechtsanwalt Dr. Kraatz zu den Voraussetzungen.

Was zählt zu den Bestandteilen des Schuldners? – Womit macht sich der Schuldner strafbar?

Befindet sich der Schuldner in einer derartigen Situation, dass der Gläubiger ihm bei Nichtzahlung Zwangsmittel androht, so darf er Bestandteile seines Vermögens weder veräußern noch beiseiteschaffen, will er sich nicht strafbar machen. Zu den Bestandteilen des Vermögens zählen jeweils alle pfändbaren Rechte und Sachen, soweit die Zwangsvollstreckung zulässig ist. Die Tathandlung des Veräußerns besteht hierbei in jedem rechtsgeschäftlichen Handeln, durch das ein dem Gläubiger haftender Vermögenswert ohne vollen Gegenwert aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden wird.

Tathandlung Beiseiteschaffen: Verstecken – Zerstören – Scheingeschäft

Dr. Kraatz erläutert beispielhaft hierzu: „Typische Beispiele aus der Praxis sind hier die Bestellung einer Grundschuld an einer Immobilie, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten eines Dritten, der Erlass der Forderung eines anderen Gläubigers, die Verpachtung einer eigenen Immobilie oder der Verkauf eigener Immobilien oder Gegenstände unter ihrem tatsächlichen Wert. Unter die Tathandlung des Beseiteschaffens fallen demgegenüber alle Handlungen, durch die ein Gegenstand der drohenden Zwangsvollstreckung tatsächlich entzogen wird mit der Folge, dass die Zwangsvollstreckung diesbezüglich unmöglich gemacht oder erschwert wird. Hierunter fällt auch das Verstecken eines werthaltigen Gegenstandes, wie etwa eines teuren Ringes. Weiterhin die Unterbringung an einer Stelle, an der der Gläubiger mit diesem Gegenstand nicht rechnet. Dann das Zerstören werthaltiger Gegenstände, dass das Einziehen einem zustehender Forderungen bereits vor Fälligkeit oder der Abschluss von Scheingeschäften, wie der nur scheinbare Verkauf einer Sache, um den Gläubiger zu täuschen, etwa in Verbindung mit einer bereits beim Vertragsschluss beabsichtigten Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ohne Erklärung der zum Schein verkauften Sache.“

In der Diskussion wird der objektive Tatbestand dieses Straftatbestandes erörtert. „Es ist also deutlich weit gezogen und erlangt einzig dadurch eine Einschränkung, dass vom Täter die Absicht verlangt wird, die Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln. Hierbei wird jedoch noch nicht einmal eine Absicht im strengen Sinne verlangt, sondern es genügt nach überwiegender Sichtweise, wenn der Täter die Befriedungsvereitelung als sichere Folge voraussieht. Hierfür können in der Praxis verschiedene Indizien eine Rolle spielen“, fasst der Strafrechtler die Zusammenhänge zusammen.

Fazit: Das Strafbarkeitsrisiko für Schuldner hat Konsequenzen – Berater tragen auch Verantwortung

Das Vereiteln der Zwangsvollstreckung ist eine sehr weit gefasste Strafnorm, derer sich jeder Schuldner bewusst sein sollte. Aber auch jeder Wirtschafts- und Unternehmensberater, Steuerberater oder Rechtsanwalt, der einen Schuldner berät, sollte sich diese Verantwortung vergegenwärtigen.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 1517 vom 9. Februar 2015 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich