Die Insolvenz des Fintech-Start-ups SWISS4.0 SA hat die Finanzbranche aufgerüttelt. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA sah sich gezwungen, am 4. März 2025 den Konkurs über das Unternehmen zu eröffnen. Gründe waren eine ernsthafte Liquiditätskrise und die begründete Besorgnis der Überschuldung. Trotz frühzeitiger aufsichtsrechtlicher Maßnahmen konnte das Unternehmen keine nachhaltige Lösung zur finanziellen Stabilisierung finden. Die FINMA setzte die Kanzlei Valfor Avocats Sàrl als Konkursliquidatorin ein, um den weiteren Prozess zu begleiten.
Diese Entwicklung wirft nicht nur Fragen zur finanziellen Tragfähigkeit vieler Fintech-Start-ups auf, sondern auch zur Regulierung und zum Schutz von Kundeneinlagen in diesem Bereich. Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte aus Berlin analysiert diesen Fall aus juristischer Perspektive und erläutert, welche rechtlichen Herausforderungen und Lehren daraus resultieren.
Die FINMA und ihre Rolle im Schweizer Finanzmarkt
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA spielt eine zentrale Rolle in der Regulierung und Kontrolle des Schweizer Finanzmarktes. Sie überwacht Banken, Versicherungen, Kollektivanlagen sowie innovative Finanzdienstleister, einschließlich Fintech-Unternehmen. Im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit kann die FINMA auch Maßnahmen gegen Institute ergreifen, wenn Gefahren für Investoren oder den Markt bestehen. Dies war im Fall von SWISS4.0 SA notwendig, da das Unternehmen erhebliche finanzielle Schwierigkeiten hatte.
„Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Fintech-Unternehmen wurden bewusst niedrig angesetzt, um Innovation zu ermöglichen“, bemerkt Dr. Schulte. Dies bedeutet jedoch auch ein erhöhtes Risiko für Investoren, da diese Institute weniger strenge Kapitalanforderungen erfüllen müssen als klassische Banken.
Insolvenzrisiken bei Fintech-Unternehmen
Fintech-Unternehmen stehen vor besonderen Herausforderungen. Ihr Geschäftsmodell basiert oft auf neuen Technologien, die sich erst in der Praxis bewähren müssen. Gleichzeitig benötigen sie eine solide Kapitalbasis, um im Markt bestehen zu können. Bei SWISS4.0 SA zeigte sich, dass weder ausreichendes Eigenkapital noch tragfähige Umsätze rechtzeitig generiert wurden, um Liquiditätsprobleme zu vermeiden.
Das Schweizer Bankengesetz (BankG) sieht für Fintech-Unternehmen eine spezielle Bewilligung nach Art. 1b BankG vor. Die Hürden zur Erlangung dieser Bewilligung sind vergleichsweise niedrig, um Innovationen im Finanzmarkt zu fördern. Es dürfen Publikumseinlagen in Höhe von bis zu 100 Millionen Schweizer Franken entgegengenommen werden, allerdings ohne Verzinsung oder Investitionen in risikoreiche Anlagen. Dies soll die Risiken begrenzen, bietet aber keinen vollständigen Schutz gegen wirtschaftliche Fehlschläge.
Keine Einlagensicherung für Fintech-Kunden
Ein wesentliches Problem, das im Zuge der Insolvenz von SWISS4.0 SA deutlich wurde, ist der fehlende Schutz der Kundeneinlagen. Anders als bei traditionellen Banken, wo Einlagen durch die gesetzliche Einlagensicherung abgedeckt sind, besteht für Kunden von Fintech-Instituten kein solcher Schutz. Sie tragen das volle wirtschaftliche Risiko, falls ein solches Unternehmen scheitert.
Die FINMA schreibt daher vor, dass Fintech-Unternehmen ihre Kunden über diesen Risikofaktor explizit informieren müssen. Dennoch besteht eine große Rechtsunsicherheit, da viele Kunden nicht ausreichend über die Konsequenzen einer Fintech-Insolvenz aufgeklärt sind. Dr. Schulte weist darauf hin: „Aus Sicht der Verbraucher wäre eine gesetzliche Regelung erforderlich, die zumindest eine Teilabsicherung der Einlagen vorsieht, etwa durch einen speziell eingerichteten Sicherungsfonds für Fintech-Unternehmen.“
Mögliche Reformen im Finanzmarktrecht
Die FINMA setzt sich aktiv für eine Reform des Finanzmarktrechts ein, um den Schutz von Kunden in innovativen Geschäftsmodellen zu verbessern. Besonders in der digitalen Finanzwirtschaft ist es entscheidend, Vertrauen und Rechtssicherheit zu schaffen.
„Regulierung darf Innovation nicht hemmen, muss aber dennoch ausreichende Sicherheitsmechanismen beinhalten“, argumentiert Dr. Schulte. Die Herausforderung besteht darin, Fintechs genügend Spielraum für Experimente zu lassen, ohne dabei das finanzielle Risiko für Kunden unverhältnismäßig zu erhöhen. Denkbar wären Modelle, bei denen Fintechs einen bestimmten Prozentsatz der Einlagen in gesonderten Sicherungskonten halten müssen oder eine Art freiwillige Einlagensicherung eingeführt wird.
Auch im internationalen Vergleich zeigt sich, dass Länder wie Deutschland und Großbritannien mit verschiedenen Ansätzen experimentieren, um den Spagat zwischen Innovation und Investoren- bzw. Verbraucherschutz zu meistern.
Konsequenzen für Investoren und Kunden
Der Fall SWISS4.0 SA macht deutlich, dass Investoren und Kunden bei der Nutzung von Fintech-Dienstleistungen besonders auf die rechtlichen Rahmenbedingungen achten müssen. Ohne klassische Einlagensicherung besteht ein höheres Risiko für Verluste.
„Ein genauer Blick auf die Geschäftsbedingungen eines Fintechs ist unerlässlich“, rät Dr. Schulte. Kunden sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie bei einer Insolvenz nicht automatisch auf staatliche Sicherungssysteme vertrauen können. Es gilt, alternative Absicherungen in Betracht zu ziehen, beispielsweise durch Streuung des Kapitals auf mehrere Anbieter oder durch kritische Prüfung der Finanzkennzahlen des Unternehmens.
Die Zukunft der Fintech-Regulierung
Angesichts der steigenden Zahl von Fintech-Unternehmen weltweit bleibt die Herausforderung, innovative Start-ups zu fördern, ohne gleichzeitig Verbraucher- oder Marktstabilität zu gefährden. Die Insolvenz von SWISS4.0 SA dürfte in der Branche als Weckruf verstanden werden.
„Es braucht klare gesetzliche Rahmenbedingungen, die sowohl für Start-ups als auch für Kunden Planbarkeit und Sicherheit bieten“, stellt Dr. Schulte fest. Die kommenden Jahre werden zeigen, inwiefern der Gesetzgeber auf solche Fälle reagiert und die notwendigen Anpassungen im Finanzrecht vornimmt.
Klar ist jedenfalls, dass die Digitalisierung des Finanzmarktes nicht aufzuhalten ist. Die Regulierung muss Schritt halten, um sicherzustellen, dass innovative Unternehmen überleben können, ohne Verbraucher übermäßig einem Risiko auszusetzen. Gerade in der EU gibt es Bestrebungen, harmonisierte Regelungen für Fintechs zu schaffen, die eine bessere Balance zwischen Flexibilität und Schutz sicherstellen.
Die Insolvenz von SWISS4.0 SA zeigt, dass Regulierung auch im hochmodernen Finanzmarkt weiterhin von großer Bedeutung ist. Kunden und Investoren sind gut beraten, sich über die Risiken genau zu informieren und gegebenenfalls rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.
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