Erblasser und Erben stehen vor dem Problem, mit digitalen Daten im Nachlass des Verstorbenen umzugehen. Dafür bieten verschiedene Anbieter Lösungen an. Die Verrechtlichung des Internets schreitet voran. Ein echtes digitales Testament existiert allerdings noch nicht.
Möglichkeiten für ein digitales Andenken
Es gibt verschiedene „Online-Memorial- Dienste“, welche es den Angehörigen ermöglichen, auf dem Internet eine Gedenkstätte einzurichten (den digitalen Grabstein). Virtual Eternity macht es möglich, die eigene Persönlichkeit, nämlich Aussehen, Stimme und Lebenserfahrungen wiederzugeben. Lifenaut ermöglicht es, Informationen (Fotos, Dokumente etc.) bis hin zur tiefgefrorenen DNA-Probe zu hinterlegen. lQOOmemories offeriert eine „digitale Schuhschachtel“, um nicht digitale Fotos aufzubewahren. Chronicle of Life bietet unter anderem die Führung eines Tagebuches an. Legacy Organiser bietet unter anderem Abschiedsbotschaften und Nachlassplanung als Funktionen an.
Im Rahmen einer Veranstaltung am 02.08.2013 führte Dipl.-Kfm. Oliver Over, Rechtsanwalt, in die Problematik des digitalen Nachlasses aus rechtlicher Sicht ein, Referent und Rechtsexperte im Internetrecht Dr. Thomas Schulte zeigt weitere Lösungsmöglichkeiten im Umgang mit den digitalen Daten auf. Teilnehmer waren interessierte Kunden, Rechtsanwälte, Unternehmer und Mitarbeiter aus dem Hause.
Neue Fragen – rechtliche Lösungen?
Heute müssen die Erben nach dem Tod des Erblassers sich zunehmend mit der Frage auseinandersetzen, wie sie mit Internetaktivitäten des Verstorbenen umgehen. Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte, Gründungspartner und Namensgeber der Kanzlei Dr. Schulte und sein Team aus Berlin weist darauf hin, dass Kreditgeschäfte, Internet-Bestellungen oder Reise Buchungen davon betroffen sein könnten. „Grundsätzlich gilt für alle Verträge (offline oder online) dasselbe, sei es nun über die Führung eines Bankkontos oder die Nutzung von digitalen Daten, nämlich dass sie beim Tod des Erblassers von Gesetzes wegen (durch Universalsukzession nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)) auf die Nachkommen übergehen. Diese Lösung kann natürlich durch die Nutzungsbedingungen des Internetvertragspartners (z.B. Online-Bankkonto) geändert werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des BGB gelten könnte“, so Rechtsanwalt Dr. Schulte weiter.
Sensible Daten und der Umgang
Zudem stellt sich die Frage, ob die Erben zu sensiblen Daten, welche der Erblasser über sich oder andere Personen gespeichert hat, überhaupt Zugang erhalten dürfen (z.B. Facebook-Konten). Dies könnte in vielen Fällen mit Recht bezweifelt werden, zumal Persönlichkeitsrechte nicht vererbt werden können. Auf der anderen Seite gilt die Universal-Sukzession auch hier. Schließlich war es bisher immer schon Aufgabe und Möglichkeit des Erblassers seine Tagebücher und Briefe etc. gegebenenfalls zu vernichten, damit diese nicht in den Besitz und das Eigentum der Erben übergehen. Zu Lebzeiten sollte darüber nachgedacht und Vorkehrungen getroffen werden.
Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte hierzu: „Bisher ist es häufig so, dass die Erben erst nach Vorlage von Ausweisen (Sterbeurkunde u.a.) und nach einem aufwendigen Prüfungsverfahren Zugang zu den digitalen Daten erhalten haben. Die bestehenden Lösungen sind allerdings noch recht unterschiedlich. Faktisch prüft niemand die außerhalb von Vertragsverhältnissen einer gewissen Bedeutung die Nutzung der Passworte und Zugänge, so dass häufig das Problem sich nicht stellt.“
Unter den Teilnehmern entstand eine rege Diskussion und die Experten tauschten die Erfahrungen aus. Zu diesem Thema besteht großer Handlungsbedarf und soll in weiteren Veranstaltungen vertieft werden.
Veröffentlichter Artikel in der COMPTERWOCHE „Last Exit Web“