Erfolg gegen unberechtigte SCHUFA-Einträge - Dr Thomas Schulte

Erfolgreiche Klage gegen Inkassofirma – Opfer erhält 4.000 Euro immateriellen Schadensersatz

4.000 Euro Schmerzensgeld wegen unberechtigter SCHUFA-Einmeldung – Ein Beispiel für den Schutz der Rechte von Verbrauchern durch die DSGVO, von Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt / Berlin.

Im März 2023 bestätigte das Oberlandesgericht Naumburg eine Entscheidung  des Landgerichts Magdeburg (OLG Naumburg, Urteil vom 02.03.2023 – 4 U 81/22). Eine große Inkassofirma wurde verurteilt, 4.000 Euro immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) zu zahlen. Grund dafür war eine unberechtigte Einmeldung einer getilgten Forderung bei der SCHUFA, die weitreichende negative Folgen für die betroffenen Opfer hatte.

Der Fall: Unberechtigte SCHUFA-Einmeldung und ihre Folgen

Das Opfer erfuhr erst im November 2019 von der negativen SCHUFA-Einmeldung, als seine geplante Immobilienfinanzierung abgelehnt wurde. Der Grund: Eine Inkassofirma hatte im Oktober 2018 eine längst beglichene Forderung bei der SCHUFA gemeldet. Für das Opfer bedeutete dies nicht nur den Verlust der Finanzierung, sondern auch eine erhebliche Schädigung seiner sogenannten „Kreditehre“. Trotz mehrfacher Aufforderungen weigerte sich die Inkassofirma zunächst, die Einmeldung bei der SCHUFA zu widerrufen. Sie berief sich dabei auf §31 Abs. 2 Nr. 1 BDSG, wonach titulierte Forderungen angeblich immer gemeldet werden dürften – eine Rechtsauffassung, die so nicht haltbar war. Erst nach Einschaltung der Kanzlei und nach weiteren rechtlichen Schritten wurde die Eintragung im Januar 2020 gelöscht. Doch für das Opfer war der Schaden längst entstanden.

Der rechtliche Erfolg: Urteil des Landgerichts Magdeburg

Das Landgericht Magdeburg gab dem Opfer recht und sprach ihm 4.000 Euro Schmerzensgeld zu. Die Richter folgten dabei der Argumentation der Opfer, die geltend machte, dass der „bloße Verlust der Kontrolle über personenbezogene Daten“ nach Art. 82 DS-GVO einen immateriellen Schaden darstelle. Besonders interessant war, dass die Richter das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten als gleichwertig zu anderen Schadensersatzansprüchen ansahen, wie sie etwa bei Körperverletzungen entstehen. Das Gericht stellte klar, dass die Einmeldung einer bereits getilgten Forderung keinen legitimen Grund mehr darstellt, personenbezogene Daten an die SCHUFA zu übermitteln. In solchen Fällen sei das Interesse des Meldenden auf null reduziert. Der Mandant erlitt durch den rechtswidrigen SCHUFA-Eintrag eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung, da ihm durch den Verlust der Kontrolle über seine Daten und die potenzielle Stigmatisierung ein deutlicher Schaden entstand.

Das Besondere an diesem Urteil

Die Höhe der immateriellen Entschädigung von 4.000 Euro ist bemerkenswert. Viele Richter neigen noch dazu, die Bedeutung von Datenschutzverletzungen geringzuschätzen. Oft wird ein Datenschutzverstoß als weniger gravierend empfunden als insbesondere körperliche Verletzung. Doch dieses Urteil zeigt, dass auch Datenschutzverstöße erhebliche Schäden verursachen können – speziell, wenn dadurch die wirtschaftliche Existenz bedroht ist, wie im Fall des Opfers, der aufgrund des SCHUFA-Eintrags keine Immobilienfinanzierung erhielt.

Ein weiteres Novum ist die Bewertung der immateriellen Schäden. Die bloße Verletzung der Kontrolle über die eigenen Daten kann nach der DS-GVO ausreichen, um einen Anspruch auf Entschädigung zu begründen. Dies ist eine wegweisende Entwicklung in der Rechtsprechung, die die Rechte der Betroffenen stärkt.

Der Blick in die Zukunft: Steigende Bedeutung der DS-GVO

Mit Urteilen wie diesem zeigt sich, dass der Schutz der persönlichen Daten eine immer größere Rolle spielt – besonders in einer digitalisierten Welt, in der Daten missbraucht werden können und falsche Einträge bei der SCHUFA oder anderen Auskunfteien gravierende Folgen haben können. Es wird erwartet, dass die Rechtsprechung zu Art. 82 DS-GVO weiterhin an Bedeutung gewinnt und Betroffene effektiver vor unrechtmäßiger Datenverarbeitung geschützt werden.

Das Oberlandesgericht Naumburg schreibt dem Inkassounternehmen in das Stammbuch: “Der Begriff des Schadens soll weit ausgelegt werden, sodass die Betroffenen einen wirksamen Ersatz bekommen. Die Erwägungsgründe nennen beispielhaft folgende Nichtvermögens- wie Vermögensschäden: Diskriminierung, Identitätsdiebstahl oder -betrug, Rufschädigung, Verlust der Vertraulichkeit von dem Berufsgeheimnis unterliegenden personenbezogenen Daten, unbefugte Aufhebung der Pseudonymisierung oder andere gesellschaftliche Nachteile, die an sich schon ein immaterieller Schaden sind, sich zudem zu einem materiellen Schaden verwirklichen können; des Weiteren finanzielle Verluste oder andere erhebliche wirtschaftliche Nachteile. Ob eine Erheblichkeitsschwelle erreicht bzw. überschritten sein muss, ob der Datenverlust an sich oder ein ungutes Gefühl ein ausreichender Schaden ist und sogenannte Bagatellschäden auszuschließen sind, ist umstritten.

Datenschutzverstöße dürfen nicht länger als Bagatelle abgetan werden. Sie können schwerwiegende Folgen für das Leben der Betroffenen haben – und das sollte sich auch in der Höhe der zugesprochenen Entschädigungen widerspiegeln. Für alle Betroffenen bleibt es essenziell, ihre Rechte zu kennen und sich bei Verstößen, wie etwa unberechtigten SCHUFA-Einträgen, zur Wehr zu setzen. Die DS-GVO bietet dabei ein starkes Instrument, um sich gegen solche Eingriffe zu schützen – und Gerichte wie das Landgericht Magdeburg und Oberlandesgericht Naumburg zeigen, dass diese Rechte auch durchsetzbar sind. Da hilft der Schufa und Co weder Toleranzromantik der Opfer noch  die Arroganz des Stärkeren. Die Kreditehre muss geschützt werden – auch vor versehentlichen Schädigungen. 

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 9507 vom 21. Oktober 2024 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich