EU-Vermögensregister- Was die EU wissen will - Dr. Peter Riedi und Dr. Thomas Schulte

EU-Vermögensregister: Die EU will wissen, was Sie besitzen – und zwar alles

Zwischen Freiheit und Kontrolle: Wie viel Transparenz verträgt eine Demokratie? Die EU treibt den Ausbau des Vermögensregisters voran – Kritiker sehen darin Herausforderungen, von Dr. Peter Riedi und Dr. Thomas Schulte.

Ein neues Zeitalter der totalen Transparenz bricht an. Mit dem EU-Vermögensregister will die Europäische Union tiefer denn je in die finanziellen Geheimnisse ihrer Bürger blicken. Konten, Immobilien, Wertpapiere – und vielleicht bald auch Ihre Kunstsammlung oder Kryptowährungen. Alles soll erfasst werden. Während Brüssel von Transparenz und Gerechtigkeit spricht, wittern Kritiker den Einstieg bzw. den Ausbau in einen Überwachungsstaat. Nach faktischer Abschaffung des Bankgeheimnisses, Geldwäschevorschriften und Quellensteuern geht es immer weiter. Das EU-Vermögensregister ist eine Initiative der Europäischen Union zur Verbesserung von Transparenz, Rechenschaftspflicht und Bekämpfung von Finanzkriminalität, insbesondere Geldwäsche und Korruption. Das Register wurde im Juli 2021 von der Europäischen Kommission als Teil einer umfassenderen Reihe von Reformen zur Bekämpfung der Geldwäsche vorgeschlagen. Ziel ist es, die Finanzvorschriften in allen Mitgliedstaaten zu vereinheitlichen und die Nachverfolgung des wirtschaftlichen Eigentums an Vermögenswerten innerhalb der EU zu verbessern. Manchmal wird argumentiert, dass die bisherigen Vorschriften zur Geldwäsche ungefähr so wirksam sind, wie ein Luftballon als Fußball. Sieht zwar schön aus, funktioniert aber nicht. Die Verbesserung der Geldwäsche lässt grüßen, deren Sinn allerdings ebenfalls umstritten ist. 

Governance und regulatorischer Rahmen

Die Verwaltung des EU-Vermögensregisters erfolgt auf mehreren Ebenen, darunter die Europäische Kommission, nationale Behörden und andere relevante Stellen. Die Europäische Kommission spielt eine zentrale Rolle bei der Festlegung von Vorschriften und Richtlinien, die den Betrieb des Registers regeln, während die nationalen Behörden für die Umsetzung und Durchsetzung dieser Regeln auf nationaler Ebene verantwortlich sind. Dieser kollaborative Ansatz stellt sicher, dass das Register den EU-Richtlinien und internationalen Standards für Transparenz und Rechenschaftspflicht entspricht.

Verpflichtete Stellen und Compliance

Verpflichtete Unternehmen, zu denen Finanzinstitute, Unternehmen und andere Organisationen gehören, müssen strenge Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden erfüllen, wie sie in den entsprechenden EU-Richtlinien festgelegt sind. Jeder soll sozusagen jeden überwachen und alles melden. Diese Maßnahmen schreiben die Erhebung und Aufbewahrung detaillierter Informationen über die Eigentumsverhältnisse und die Geschäftsführung von juristischen Personen vor. Die letztendliche Verantwortung für die Einhaltung liegt bei den verpflichteten Unternehmen, die sicherstellen müssen, dass sie strenge Standards zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einhalten.

Transparenz und öffentlicher Zugang

Um die Rechenschaftspflicht zu fördern, soll das EU-Vermögensregister den vollständigen Zugang zu Dokumenten und Informationen über den Besitz und die Kontrolle von Vermögenswerten gewährleisten. Dieses Engagement für Transparenz spiegelt sich in den laufenden Bemühungen wider, den öffentlichen Zugang zu Aufzeichnungen zu vereinfachen und die Beteiligung der Bürger an der Überwachung von Finanztransaktionen zu erleichtern. Die Initiative zielt darauf ab, die Kluft zwischen den EU-Institutionen und der Öffentlichkeit zu überbrücken und Bedenken hinsichtlich der wahrgenommenen Distanz der EU-Politik zu den Bürgern auszuräumen.

Big Brother lässt grüßen?

Mit dem Vermögensregister will die EU, so heißt es offiziell, Geldwäsche und Steuerhinterziehung bekämpfen. Aber warum braucht Brüssel dafür so detaillierte Informationen über das Vermögen der Bürger? Datenschützer schlagen Alarm. Diese zentrale Datensammlung sei ein El Dorado für Hacker und öffne Tür und Tor für Missbrauch.

Wen trifft es?

Jeden. Ob Sie ein Ferienhaus an der Ostsee besitzen, Gold im Safe lagern oder ein kleines Aktiendepot führen – nichts soll mehr vor den neugierigen Augen der Behörden sicher sein. Und das gilt nicht nur für große Konzerne oder Millionäre, sondern auch für den kleinen Mann. Die Verpflichtung der Mitglieder des Europäischen Parlaments, ihre Kontakte zu Interessenvertretern offenzulegen, ist ein entscheidender Schritt zur Gewährleistung der Rechenschaftspflicht bei der EU-Gesetzgebung. Diese Maßnahme unterstreicht die Bedeutung der Transparenz im Gesetzgebungsprozess und zielt darauf ab, das öffentliche Vertrauen in die EU-Institutionen zu stärken, indem die Bürger über die Dynamik der Entscheidungsfindung informiert werden. Weiterhin dient die Verpflichtung für registrierte Organisationen, Listen von Spendern und deren Beiträgen über 3000 EUR zu veröffentlichen, mit sofortiger Berichterstattung über größere Spenden, dazu, potenzielle Interessenkonflikte und Einflussmöglichkeiten bei der Politikgestaltung aufzuzeigen.

Das Register der Superlative

Stellen Sie sich vor, alle Ihre Vermögenswerte – ob in Berlin, Mallorca oder irgendwo anders in der EU – landen in einer riesigen Datenbank. Die EU will die Informationen zentral speichern, digital verknüpfen und für Behörden in allen Mitgliedstaaten zugänglich machen. Eine solche umfassende Datensammlung hat es bisher noch nie gegeben.

Versprochen: Mehr Sicherheit. Geliefert: Mehr Kontrolle?

Die EU preist das Vermögensregister als Waffe gegen Kriminelle. Doch Kritiker fragen, ist das der wahre Grund? Schließlich wurden schon jetzt zahlreiche Möglichkeiten geschaffen, um Steuerhinterziehung und Geldwäsche zu bekämpfen. Braucht es wirklich eine so drastische Maßnahme?

Der Bürger zahlt den Preis

Neben der Angst vor Datenmissbrauch steht eine weitere Frage im Raum. Wird das Vermögensregister das Vertrauen der Bürger in die EU stärken oder eher das Gegenteil bewirken? Viele Menschen sehen die Pläne skeptisch und fühlen sich überwacht statt geschützt.

Die Zukunft ist jetzt

Die Diskussionen sind längst entbrannt, doch eines ist klar. Mit dem EU-Vermögensregister wird der Traum von absoluter Transparenz zur Realität – ob Sie wollen oder nicht. Ein wichtiger regulatorischer Schritt zur Einrichtung des Registers war die Beauftragung einer Machbarkeitsstudie durch die Europäische Kommission, die im Juli 2021 begann. Die Studie, die im März 2024 abgeschlossen wurde, untersuchte die Praktikabilität der Einrichtung eines solchen Registers und konzentrierte sich darauf, wie die Mitgliedstaaten derzeit das Vermögen der Bürger aufzeichnen und wie diese Aufzeichnungen in einem zentralen System zusammengeführt werden könnten. Schließlich stellt die Veröffentlichung der Machbarkeitsstudie auf der Website des Amts für Veröffentlichungen der Europäischen Union am 10. Juli 2024 einen Schritt in Richtung Transparenz dar, der es Interessengruppen und Bürgern ermöglicht, die Ergebnisse und die vorgeschlagenen Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre zu überprüfen – dann kann hinterher keiner sagen, er hätte nichts gewusst. Datenschützer warnen vor gravierenden Eingriffen in die Privatsphäre, und auch wirtschaftliche Experten sehen Risiken. Die Kontrolle über unser Vermögen liegt bald in den Händen Brüssels.

Kommentar

Die EU behauptet, sie wolle Kriminalität bekämpfen. Doch wie weit darf eine Regierung gehen? Das Vermögensregister wirft eine grundlegende Frage auf. Ist der Preis für diese Transparenz nicht zu hoch? Bürger sollten sich fragen, wie viel Kontrolle sie wirklich bereit sind abzugeben, bevor es zu spät ist. Misstrauen gegen den eigenen Bürger bestimmt das Handeln des Staates bzw. der Europäischen Union. Die Beamten in Brüssel sind fleißig. Immer neue Vorschläge werden erarbeitet und zu Papier gebracht. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass regelmäßig Planungen durchgesetzt wurden. 

Wegen der vielen Rückfragen zum Thema wurde dieser Beitrag aktualisiert und ausgebaut. 

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
23. Jahrgang - Nr. 10069 vom 13. Januar 2025 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich