Schufa, Scoring und Datenschutz – falsche Einträge
Das Landgericht Berlin hat am 03.03.2011 zum Az: 4 O 97/11 eine Einstweilige Verfügung gegen die BID Bayerischer Inkassodienst AG erlassen. Der BID wurde darin aufgegeben, einen Negativeintrag bei der SCHUFA Holding AG zu widerrufen und die SCHUFA aufzufordern, den korrekten Score-Wert wiederherzustellen.
Der hier vertretene Mandant hatte bei einem bekannten Autovermieter einen PKW angemietet und mit diesem einen Unfall verschuldet. Da er die vereinbarte Selbstbeteiligung von 950,00 Euro nicht direkt zahlte, schaltete der Autovermieter das Inkassobüro BID ein, welches einen Mahnbescheid gegen den Mandanten erwirkte. Daraufhin vereinbarte dieser mit der BID eine Ratenzahlung des ausstehenden Betrages und nahm seinen Widerspruch gegen den Mahnbescheid zurück, so dass zu Gunsten des Autovermieters ein Vollstreckungsbescheid erlassen wurde.
Diesen ließ die BID trotz pünktlicher Ratenzahlung als eigene Forderung bei der SCHUFA eintragen. Aufgrund der vorgenannten Entscheidung muss dies nun revidiert werden. Des Weiteren wurde es der BID untersagt, einen erneuten SCHUFA-Eintrag vorzunehmen. Das Gericht gab ihr die Kosten des Verfahrens auf.
Scoring-Systeme zur Kreditwürdigkeit und rechtliche Herausforderungen
Ein Scoring-System dient Banken und Kreditgebern als Grundlage zur Bewertung der Kreditwürdigkeit eines potenziellen Kreditnehmers. Dabei werden diverse Datenpunkte einer Person gesammelt, analysiert und zu einer Zahl verdichtet, die als Score-Wert angegeben wird. Dieser Wert gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der eine Person ihre finanziellen Verpflichtungen erfüllen wird. Ein hoher Score von beispielsweise 99 Prozent signalisiert eine nahezu sichere Rückzahlung, während ein niedriger Score ein erhöhtes Risiko darstellt. Trotz der scheinbaren Einfachheit des Systems gibt es jedoch erhebliche Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf die Transparenz, die Genauigkeit der Daten und die langfristigen Auswirkungen von Einträgen.
Scoring-Systeme und ihre Herausforderungen
Die Berechnung des Scores basiert auf einer Vielzahl von Daten, darunter persönliche Informationen wie Alter, Wohnort und Beruf, finanzielle Angaben wie Einkommen und bestehende Kredite sowie historische Daten wie bisheriges Zahlungsverhalten. Diese Daten werden von der Schufa oder anderen Auskunfteien gesammelt und verarbeitet.
Ein Hauptproblem ist die mangelnde Transparenz der Berechnungsgrundlagen. Verbraucher wissen oft nicht, welche Faktoren wie stark in den Score einfließen. Besonders problematisch wird dies, wenn fehlerhafte oder veraltete Daten den Score beeinflussen. Ein klassisches Beispiel ist ein negativer Eintrag, der trotz seiner Löschung den Score weiterhin verschlechtern kann. Dies betrifft sowohl unrechtmäßig erstellte Einträge als auch solche, die bereits durch Zeitablauf oder rechtliche Klärung hätten entfernt sein müssen.
Aktuelle Rechtsprechung zu Schufa-Einträgen und Score-Korrekturen
Die deutschen Gerichte haben in den letzten Jahren zunehmend zugunsten der Verbraucher entschieden. Diese Urteile zeigen, dass die Rechte von Betroffenen gestärkt werden und die Schufa sowie meldende Unternehmen ihre Praktiken hinterfragen müssen.
1. Landgericht Verden, Urteil vom 12. Juli 2024, Az.: 6 O 103/24
Ein Verbraucher klagte gegen die Postbank, die einen unrechtmäßigen Eintrag über eine bestrittene Forderung in Höhe von 600 Euro veranlasst hatte. Das Gericht entschied, dass die Postbank verpflichtet ist, die Schufa aufzufordern, den Eintrag zu löschen und den Score so zu korrigieren, als sei der Eintrag nie erfolgt. Das Urteil ist rechtskräftig und setzt einen wichtigen Präzedenzfall für ähnliche Fälle.
2. Landgericht Berlin, Urteil vom 18. September 2024, Az.: 32 O 78/24
Das Gericht entschied, dass die Schufa auch dann verpflichtet ist, einen Score zu korrigieren, wenn ein negativer Eintrag bereits durch Zeitablauf nach drei Jahren gelöscht wurde. Die Richter begründeten dies damit, dass der gelöschte Eintrag weiterhin indirekten Einfluss auf den Score haben könnte. Dieses Urteil ist ein bedeutender Schritt, um die Transparenz und Fairness in der Score-Berechnung zu verbessern. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig.
3. Landgericht Traunstein, Urteil vom 28. Oktober 2024, Az.: 3 O 801/24
Das Gericht entschied, dass Einträge über titulierte Forderungen spätestens sechs Monate nach ihrer Erfüllung gelöscht werden müssen. Zusätzlich wurde die Schufa verpflichtet, den Score des Klägers entsprechend anzupassen. Dieses Urteil könnte Verbrauchern helfen, schneller aus der negativen Bewertung herauszukommen.
4. Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 26. September 2024, Az.: 7 O 118/24
Auch hier wurde entschieden, dass Daten über beglichene Forderungen nicht länger als zwölf Monate gespeichert werden dürfen. Das Gericht stellte klar, dass eine längere Speicherung unverhältnismäßig sei und die Rechte der Verbraucher einschränke.
5. Oberlandesgericht Naumburg, Urteil vom 2. März 2023, Az.: 4 U 81/22
In diesem Fall wurde die Schufa zu einer Schadensersatzzahlung in Höhe von 4000 Euro verurteilt, da sie unzulässige Einträge gespeichert hatte. Dieses Urteil zeigt, dass die Gerichte zunehmend bereit sind, auch immaterielle Schäden wie Rufschädigung zu berücksichtigen.
6. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 7. Dezember 2023, Az.: C-26/22 und C-64/22
Der EuGH entschied, dass Insolvenzdaten nach einer Schuldenregulierung nicht länger gespeichert werden dürfen. Dieses Urteil hat weitreichende Folgen für die Praxis der Schufa und stärkt den Datenschutz für Verbraucher in der gesamten Europäischen Union.
Rechte der Verbraucher und Handlungsempfehlungen
Verbraucher haben gemäß der Datenschutz-Grundverordnung und dem Bundesdatenschutzgesetz umfassende Rechte, um sich gegen fehlerhafte oder unrechtmäßige Einträge zu wehren. Diese Rechte umfassen unter anderem das Recht auf Berichtigung oder Löschung von Daten und die Transparenzpflicht der Auskunfteien.
Betroffene sollten regelmäßig eine Selbstauskunft bei der Schufa anfordern, um sicherzustellen, dass ihre Daten korrekt sind. Bei Fehlern ist es wichtig, diese schriftlich zu dokumentieren und Nachweise wie Zahlungsbelege bereitzuhalten. Falls die Schufa oder ein meldendes Unternehmen die Korrektur verweigern, können Betroffene rechtliche Schritte einleiten. In vielen Fällen kann ein spezialisierter Anwalt helfen, Einträge zu löschen und den Score korrigieren zu lassen.
Fazit
Scoring-Systeme sind ein wesentliches Instrument für Banken und Kreditgeber, um Risiken zu bewerten. Allerdings können fehlerhafte Daten, mangelnde Transparenz und unzureichende Korrekturmechanismen zu erheblichen Nachteilen für Verbraucher führen. Dank der Rechtsprechung und des Datenschutzrechts gibt es jedoch effektive Mittel, um sich gegen solche Nachteile zu wehren.
Dr. Thomas Schulte unterstützt Betroffene bei der Wiederherstellung ihrer Bonität und bietet eine kostenfreie Erstberatung an, um die rechtlichen Optionen zu prüfen.