Die Führung eines in der Slowakei erlangten Grades des „doctor filozofie“ (PhDr.) von einem in Deutschland tätigen Steuerberater mit der Abkürzung „Dr.“ stellt eine unlautere geschäftliche Handlung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar (OLG Schleswig Holstein, Az. 6 U 6/10).
Ein erfolgreicher Steuerberater, tätig bei einer großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft legte im Jahr 2004 an der Comenius-Universität in Bratislava/Slowakei die Doktorprüfung in der Fachrichtung „Management, Spezialisierung: Finanzmanagement und Dienstleistungen im Finanzwesen“ ab. Daraufhin verlieh ihm die Universität den akademischen Grad „doktor filozofie“ (Abkürzung: „PhDr.“).
Seinen Titel nutzte der Steuerberater unter der Abkürzung „Dr.“ neben seiner Berufsbezeichnung auf seinen Briefbögen unter anderem auch für die Korrespondenz mit seinen Mandanten im gesamten Bundesgebiet.
Seine Steuerberaterkammer forderte ihn auf, unter dem Verweis auf einen Wettbewerbsverstoß, dieses zu unterlassen. Der Rechtsstreit ging bis vor das Oberlandesgericht.
Das Urteil brachte viele neue Erkenntnisse.
Es stellte sich Anfangs bereits die Frage ob eine Steuerberaterkammer auch dazu berechtigt ist, gegen Wettbewerbsverstöße ihrer Mitglieder Klage zu erheben, ob sie also juristisch gesagt „aktivlegitimiert“ ist.
Nach dem OLG ergibt sich die Aktivlegitimation aus § 8 Absatz 3 Nr. 2 UWG. Danach steht der Unterlassungsanspruch auch rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen zu, soweit die Zuwiderhandlung die Interessen der Mitglieder berührt. Diese Voraussetzungen erfüllt die Steuerberaterkammer. Sie ist ein rechtsfähiger Verband und zu ihren Aufgaben gehört die Förderung der beruflichen Interessen seiner Mitglieder (vgl. §§ 73 ff. StBerG).
Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich aus § 8 Absatz 1 UWG. Vorausgesetzt ist hierfür eine unlautere und unzulässige geschäftliche Handlung.
Vorliegend hat das Gericht die Führung des Doktortitels als „geschäftliche Handlung“ gesehen:
Der Beklagte verwendet den „Dr.“-Titel ohne Zusatz unstreitig auch auf den Briefbögen der Wirtschaftsprüfergesellschaft P., für die er tätig ist. Hier liegt der Zusammenhang mit der steuerberatenden Tätigkeit des Beklagten auf der Hand. Unter Benutzung der Briefbögen tritt der Beklagte seinen Kunden auf dem Markt gegenüber. Es kommt dabei nicht darauf an, dass der Beklagte den Briefbogen nach seinem Vortrag nur bei bestehenden Mandaten und nicht zur Gewinnung von Neukunden benutzt. Auch Maßnahmen zur Erhaltung des Kundenstammes sind objektiv zur Förderung des Absatzes der Dienstleistung geeignet.
Das Führen seines Titels mit der Abkürzung „Dr.“ hielt die Kammer auch für „unlauter“ im Sinne des UWG.
Gemäß § 4 Absatz I Nr. 11 UWG ist eine geschäftliche Handlung unlauter, die gegen eine gesetzliche Vorschrift verstößt, wenn diese auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
Eine solche Marktverhaltensregel stellt nach Ansicht des Gerichts der § 43 StBerG dar.
Eine Marktverhaltensregel liegt dann vor, wenn die Vorschrift zumindest auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Dieser Zweck muss nicht der einzige und nicht einmal der primäre sein.
Der § 43 StBerG regelt die Berufsbezeichnung. Nach seinem Absatz 3 sind Zusätze, die auf einen akademischen Grad hinweisen zulässig.
Die Regelung zum Führen einer Berufsbezeichnung dient auch den Interessen der potentiellen Kunden, die mit diesem Marktverhalten in Berührung kommen. Diese sollen bereits aus der Berufsbezeichnung und ggf. den Zusätzen ersehen können, dass eine bestimmte Qualifikation des Marktteilnehmers vorliegt. Durch die Regelung des § 43 StBerG sollen sie in ihrem Vertrauen darauf geschützt werden.
Zwar lässt der § 43 StBerG Zusätze, die auf akademische Grade hinweisen zu, allerdings sollte diese Norm nach Ansicht des Gerichts, unter der Berücksichtigung des § 132 a StGB ausgelegt werden, der das unbefugte Führen akademischer Grade verbietet.
Da es sich vorliegend um einen slowakischen akademischen Grad handelt müssen die Landesgesetze zur Führung ausländischer akademischer Grade berücksichtigt werden.
Und hier kommt § 57 Absatz 1 HochschulG ins Spiel. Danach kann ein ausländischer Hochschulgrad, der von einer nach dem Recht des Herkunftslandes anerkannten Hochschule aufgrund eines durch Prüfung abgeschlossenen Studiums verliehen worden ist, nur in der Form, in der er verliehen wurde, unter Angabe der verleihenden Hochschule geführt werden.
Somit hätte der Steuerberater hier nach Ansicht der Kammer die vollständige Bezeichnung seines Titels „Ph.Dr.“ angeben müssen.
Bei der Führung ausländischer Grade in den Bundesländern sollten immer die landesrechtlichen Regelungen und die zwischenstaatlichen Abkommen beachtet werden um eine eventuelle Strafbarkeit oder auch Wettbewerbsverstöße zu vermeiden.
Dr. Schulte, Rechtsanwalt