Hungergäule auf den Marktplätzen an Bauerntölpel aufgeschwatzt, beschäftigten früher die Gerichte; erst vor einigen Jahren sind die Spezialvorschriften für den Viehkauf aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch gestrichen worden. Heute sind es Streitigkeiten über Autos, die Gerichte beschäftigen. Da wird beim Verkauf getrickst und betrogen, sodass hinterher, für die Juristen Aufräumarbeiten aller Art notwendig werden.
Dabei ist der Betrugstatbestand jedem klar: Wer lügt und täuscht, Tatsachen unterschlägt, obwohl er sie offenbaren möchte und dadurch finanzielle Vorteile hat, ist als Betrüger gemäß § 263 Strafgesetzbuch verantwortlich. Das Opfer kann dann das Auto zurückgeben und bekommt sein Geld zurück. Was ist also noch erlaubt und gilt als Aufpolieren und was überschreitet die Grenze? Was sind die üblichen Tricks, die in Varianten immer wieder kommen? Klassisches Beispiel sind die Tachofälle. Die Zahl der gefahrenen Kilometer wird nach unten gedreht und der Kaufpreis nach oben. Erstaunlich ist, dass Betrüger glauben, damit durchzukommen. Anders als beim Pferdekauf hinterlässt ein Auto eine Datenspur auf vielen Ebenen. Hier ist technische Expertise gefragt.
Grundsätzlicher Unterschied – Kauf bei einem Privaten oder bei einem Händler
Opfer von Betrügern zu werden, ist natürlich bei beiden Arten des Kaufs möglich. Da aber Autokäufer beim Händlerkauf stärker geschützt werden, als beim Privatkauf ist immer abzuwägen, ob der Preisvorteil des Kaufs bei Privat die Nachteile überwiegt.
Wer ein Auto bei einem Kfz-Händler kauft, hat immer gewisse Rechte bei Mängeln. Der Händler muss immer die Haftung für Mängel mit jedem Auto übernehmen. Das gilt für zwei Jahre nach Übergabe. Diese Vorschriften stehen als zwingendes Recht im Bürgerlichen Gesetzbuch §§ 437, 438. Wichtig ist dann noch eine Beweisregel. In den ersten sechs Monaten nach Kauf kann sich der Käufer zurücklehnen, wenn ein Mangel auftritt. Dann muss der Verkäufer beweisen, dass der Mangel durch den Käufer entstanden ist. Danach gilt. Der Käufer muss beweisen (z.B. durch Sachverständige vor Gericht), dass der Mangel schon vor Übernahme des Autos vorhanden war.
Beispiel: die Klimaanlage geht nicht mehr. Jetzt kann der Käufer verlangen von dem Kfz Händler:
Eine Reparatur der Klimaanlage durch den Händler. Er kann – falls der Händler die Reparatur verweigert – zurücktreten und sein Geld zurückverlangen und das Auto zurückgeben. Der Käufer kann auch eine Kaufpreisminderung durchsetzen und das Auto behalten (und dann die Klimaanlage selbst reparieren). Außerdem kann ein Käufer Schadenersatz für weitere finanzielle Schäden verlangen, die über den reinen Automangel herausgehen. Durch Kleingedrucktes kann der Händler diese Kundenrechte nicht beschränken. Bei Privatverkäufen gilt etwas anderes. Hier kann die Gewährleistung vollkommen ausgeschlossen werden. Um Opfer von Betrügereien aber nicht schutzlos zu stellen, gehen die Gerichte immer von arglistigem Verhalten aus, wenn der Privatverkäufer betrügt. Dann hat der Käufer ähnliche Rechte wie beim Händler.
Jetzt einige üble Tricks
Vorschäden verschweigen oder Kilometerzähler herunterdrehen
Selbstverständlich ist es erlaubt, das Auto von der besten Seite zu zeigen und aufzupolieren. Wer aber ins Blaue hinein Behauptungen aufstellt: “Hatte, niemals einen Unfall” oder noch weitergehend, den Tacho herunterdreht, ist ein Betrüger und haftet. Wichtiger Tipp: Zeugen zu dem Termin mitnehmen. Sich Daten schriftlich geben lassen (wenn es geht). Die Internetanzeige (falls es eine gibt) ausdrucken und abheften.
Wichtig zu wissen:
Die Rechtsprechung ist freigiebig mit der Annahme von Arglist von Privatleuten und Händler bei Behauptungen, die vom Verkäufer nicht geprüft wurden, wie z.B. Unfallfreiheit. Zeugen helfen vor Gericht ungemein. Vor Gericht gilt ja, dass der Richter bei dem Termin nicht vor Ort wahr und sich auf Zeugen verlassen muss. Außerdem gibt es interessante Rechtsprechung zum Thema der Zusicherungen von Inhalten von Anzeigen im Internet. Die Anpreisungen aus dem Internet gelten im Streitfall.
Auto aus dem Ausland kaufen und im Ausland kaufen
Das Problem ist, dass anders als bei Kraftfahrzeugen aus dem Inland die Datenlage bei Streit schwieriger ist. Zusätzlich ist der Verkäufer nicht gut greifbar.
Der Trick mit dem Privatverkauf durch den Händler
Händler versuchen die Haftung für Mängel zu übergehen, in dem sie sich als Vertreter für Privatverkäufer ausgeben. Hier heißt es dann: Verkauf nur im Kundenauftrag. Solche Maschen sind zwar nicht per se verboten, können aber dazu führen, dass sowohl der Händler als auch der Privatverkäufer als Betrüger zusammen haften, wenn es Mängel gibt, die arglistig verschwiegen wurden.
Anfechtung des Autokaufs wegen Verschweigen des Erwerbs von einem „fliegenden Zwischenhändler“
Wer einen Gebrauchtwagen kauft, hofft, den Anwalt im Nachgang nicht zu benötigen. Die Realität sieht jedoch oft anders aus. Viele Streitigkeiten landen vor Gericht. Mit seinem Urteil vom 20. April 2023 stärkt das Oberlandesgericht Brandenburg die Rechte von Gebrauchtwagenkäufern erheblich (OLG Brandenburg, Urteil vom 20.04.2023 – 10 U 50/22, BeckRS 2023, 8947). Es entschied, dass ein Autokäufer den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten kann, wenn der Verkäufer verschweigt, dass er das Fahrzeug nicht von einem privaten Vorbesitzer, sondern von einem „fliegenden Zwischenhändler“ erworben hat. Dieses Urteil unterstreicht die Transparenzpflichten im Gebrauchtwagenhandel und schützt Käufer vor versteckten Risiken. Das Vorgehen, vergleichbar mit der “Kundenauftrags-Masche” gewerblicher Händler, wird damit deutlich erschwert.
Hintergrund des Falls
Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin im November 2018 einen Audi A6 vom Beklagten erworben. Der Beklagte hatte das Fahrzeug 2014 von einem „fliegenden Zwischenhändler“ gekauft, der das Auto weder zugelassen noch länger besessen hatte. Nach dem Kauf erfuhr die Klägerin, dass das Fahrzeug einen erheblichen Unfallschaden erlitten hatte, der ihr nicht offenbart worden war. Daraufhin forderte sie die Rückabwicklung des Kaufvertrags.
Entscheidende Rechtsfragen rund um Gebrauchtwagenkauf Mängel
Das Gericht musste klären, ob das Verschweigen des Erwerbs von einem „fliegenden Zwischenhändler“ eine arglistige Täuschung darstellt und ob dies die Grundlage für eine Anfechtung des Kaufvertrags sein kann.
Täuschung durch Verschweigen wesentlicher Informationen
Private Verkäufer sind verpflichtet, ungefragt anzugeben, ob ein Fahrzeug tatsächlich ein “Privatauto” ist oder aus einer anderen Quelle stammt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei Vertragsverhandlungen die Pflicht, den Vertragspartner über Umstände aufzuklären, die für dessen Kaufentscheidung wesentlich sind. Wird dies unterlassen, obwohl das Verschweigen den Kaufentschluss beeinflussen könnte, liegt eine Täuschung vor. Im konkreten Fall entschied das Gericht, dass der Beklagte gegen diese Pflicht verstoßen hatte. Der Erwerb von einem „fliegenden Zwischenhändler“ legt den Verdacht nahe, dass das Fahrzeug unsachgemäß behandelt oder manipuliert wurde.
Arglistiges Verhalten des Verkäufers
Das Gericht stellte klar, dass der Verkäufer arglistig handelte. Arglist setzt voraus, dass der Handelnde wissentlich Umstände verschweigt, die der Vertragspartner nicht kennt, und billigend in Kauf nimmt, dass dieser den Vertrag nicht oder nicht zu den gleichen Bedingungen abgeschlossen hätte. Im vorliegenden Fall war dem Beklagten bewusst, dass die Herkunft des Fahrzeugs entscheidend für die Kaufentscheidung der Klägerin war.
Einhalten der Anfechtungsfrist
Die Klägerin hatte die Anfechtungsfrist gemäß § 124 BGB eingehalten. Nachdem sie im November 2020 vom erheblichen Unfallschaden erfahren hatte, erklärte sie die Anfechtung des Vertrags rechtzeitig im März 2021.
Bedeutung des Urteils
Das Urteil des OLG Brandenburg stärkt die Rechte der Gebrauchtwagenkäufer, indem es die Bedeutung der Aufklärungspflichten betont. Verkäufer sind verpflichtet, alle relevanten Informationen über die Herkunft und den Zustand eines Fahrzeugs offenzulegen. Ein Verschweigen solcher Umstände stellt eine arglistige Täuschung dar und eröffnet Käufern die Möglichkeit, den Kaufvertrag anzufechten.
Die fünf größten Fehler beim Autokauf – und wie Sie sie vermeiden können
1.Keine Fahrzeugbesichtigung und Probefahrt
Inspektion und Probefahrt sind essenziell, um den Zustand eines Fahrzeugs zu beurteilen. Schließen Sie keinen Vertrag ab, bevor Sie das Fahrzeug geprüft haben.
2.Unzureichende Prüfung der Fahrzeugdokumentation
Überprüfen Sie Serviceheft, HU-Berichte und Reparaturrechnungen genau. Lassen Sie sich den unfallfreien Zustand schriftlich zusichern.
3.Unklare Vertragsgestaltung
Der Kaufvertrag sollte alle relevanten Details enthalten, einschließlich persönlicher Daten, Fahrzeugzustand, Garantien und Zahlungsmodalitäten.
4.Übereilte Entscheidungen
Vergleichen Sie verschiedene Angebote gründlich, anstatt unter Zeitdruck eine Entscheidung zu treffen.
5.Fehlende Rechtsschutzversicherung
Eine passende Versicherung kann bei Streitigkeiten viel Ärger und Kosten ersparen.
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