Recht und Gesetz

Gefahren Downloads – Abmahnung – Welchen rechtlichen Schutz haben die Nutzer?

Keine Abmahnung wegen illegaler Downloads, wenn mehrere Zugang zum Internet haben – Seminarbeitrag von Edgar Künsting, Künsting AG Paderborn mit rechtlicher Diskussion Prof. Dr. Erik Kraatz, Privatdozent für Strafrecht

Die Welt hat sich durch das Internet nicht nur geändert, sondern ist wie zweigeteilt: „Alte Welt“, hier wird fast nur auf persönliche Begegnungen gebaut, diese Zahl schwindet. „Neue Welt“, hier ist das Internet fest in den Tagesablauf eingebunden: Arbeit, Einkauf, Verabredungen, Bekanntschaften, Down- und Uploads, Streaming, Nutzung von Tauschbörsen laufen über das Internet.

Welche Gefahren lauern? Wer kann sich dem entziehen?

„Für die die im Berufsleben stehen ist die Nutzung des Internets und sein explodierendes Angebot ein unverzichtbares Muss! Hierbei stellt sich nicht mehr die Frage: „Internet und Social Media – ja oder nein?“, so Edgar Künsting, Vorstand der Künsting AG mit Hauptsitz in Paderborn. Herr Künsting, regionaler Versicherungsmakler und Finanzexperte führt regelmäßig Weiterbildungs- und Seminarveranstaltungen im Rahmen von Inhouse-Schulungen durch. „Die Selektion der richtigen Dienste und der effektive Umgang aller Angebote, Sicherheit, Datenschutz, Pflichten und Rechte rücken immer massiver in den Fokus“, gibt Edgar Künsting die Bedenken der „Neuen Welt“ an die zahlreichen Teilnehmer weiter. Der Schutz der Verbraucher im Umgang mit den neuen Medien gilt gesellschaftlich und politisch als ein neues Schlüsselthema. Durch Öffentlichkeitsarbeit mit eingeladenen Referenten möchte das Wirtschaftsforum Künsting AG die Sensibilisierung der Themen rund um Versicherungen, Finanzen, Geldanlagen, Verbraucherschutz und Internetnutzung für Mitarbeiter, Mitstreiter und Kunden aufbereiten und begleiten. Referent Dr. Erik Kraatz, Strafrechtler und Rechtsanwalt bei Dr. Schulte und sein Team als Experte für Internetrecht zum Thema: Abmahnungen flattern ins Haus und der Schweiz bricht aus – was nun?

„Nicht erst der Redtube-Skandal um angeblich illegal gestreamte Pornovideos bei Redtube und die im November 2014 erfolgte Razzia bei den Hinterleuten von boerse.bz – einem Forum mit Links zu illegal hochgeladenen Filmen und Musikstücken – sollte in der Bevölkerung angekommen sein. Bekannt sein sollte, dass nicht nur die Beteiligung an Tauschbörsen ein erhebliches Haftungsrisiko darstellt, sondern vielmehr jeder Up- und Download einer nicht vom Urheber überlassenen Kopie verboten und sogar strafbar ist“, so Rechtsanwalt Dr. Kraatz. Die Zahl der diesbezüglichen Abmahnungen scheint zuzunehmen. Der Gesetzgeber hat den Gegenstandswert für die hiermit verbundenen Abmahnkosten zwar auf 1.000,00 € bei Verbrauchern begrenzt (§ 97a Abs. 3 UrhG ), die Abmahnwelle ist dennoch nicht abgeebbt.

Bedeutung für Verbraucher? – Welche Gefahr besteht?- Wie wird vorgegangen?

Dr. Kraatz erläutert hierzu, dass zu einer wichtigen Rechtsfrage in diesem Bereich jüngst das Landgericht (LG) Frankenthal mitunter vom 30.09.2014 (Az. 6 O 518/13) Stellung bezogen hat. Zugrunde lag folgende Fallkonstellation: Der Inhaber der Rechte an einem pornografischen Film hatte über die Software „FileGuard“ die IP-Adresse des Beklagten ermittelt, von wo aus der Film ins Internet hochgeladen worden sei. Das Landgericht München I erließ daraufhin einen Beschluss, wonach der Provider verpflichtet wurde, über die Daten der IP-Adresse und damit über die Daten des Beklagten Auskunft zu geben. Daraufhin erwirkte der Rechteinhaber eine einstweilige Verfügung gegen den Beklagten, die es ihm nicht nur verbot, das geschützte Filmwerk ohne Einwilligung im Internet öffentlich zugänglich zu machen, sondern er hatte selbstverständlich auch die Kosten zu tragen. Hiergegen legte der Beklagte Widerspruch ein mit der Begründung: Den Internetanschluss würden neben ihm noch drei weitere erwachsene Familien- und Hausangehörige nutzen. Diese hätten ihm gegenüber versichert, den Film nicht zum Download zur Verfügung gestellt zu haben.

Was wenn die IP-Adresse von mehreren genutzt wird?

Diese Argumentation ließ das Landgericht Frankenthal ausreichen: So bemängelte es nicht nur, dass das zur Identifizierung der IP-Adresse verwendete Ermittlungsprogramm „FileGuard“ eine Vorversion des Programmes war, sodass nicht hinreichend sicher feststehe, dass es die richtigen Ergebnisse geliefert habe. Sondern der Rechteinhaber habe auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Beklagte der Täter sei. Insbesondere spräche keine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Beklagten: „Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Den Verfügungsbeklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses zwar eine sekundäre Darlegungslast. Dieser ist er jedoch nachgekommen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen.“ Nennt man diese Personen, vorwiegend die Ehefrau und drei volljährige Kinder, so hat wieder die Rechteinhaberin nachzuweisen, welche dieser Personen das Werk hochgeladen hat.

Urheberrecht: Pflichten – Überprüfung – Verhalten

„Zwar kann auch derjenige als Störer in Anspruch genommen werden, der – ohne Täter zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des Urheberrechts beiträgt“, so Strafrechtler Dr. Kraatz und erläutert weiter, dass hierzu jede Unterstützungshandlung genügt. Da die Störerhaftung jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, bedarf es der Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfplichten. Es ist jedoch dem Inhaber eines Internetanschlusses nicht zuzumuten, seine Lebensgefährtin oder seine volljährigen Kinder ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen oder des Hochladens illegaler Daten aufzuklären und ihnen ggf. die Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Der Inhaber eines Internetanschlusses ist ohne Anlass nicht verpflichtet, volljährige Familienangehörige über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Rechtsverletzungen zu belehren.

Fazit: Abmahnungen können vermieden werden – Prüfpflicht Internetnutzung

Dr. Kraatz begründet, dass die Entscheidung eine wichtige Klarstellung für die Praxis darstellt: Befinden sich mehrere volljährige Personen mit eigenem Zugang zum Internet im Hausstand und gab es bislang keinerlei Beanstandungen hinsichtlich der Internetnutzung, so besteht keine Prüfpflicht des Anschlussinhabers, ob die anderen Personen auch das Internet rechtskonform nutzen. Er kann sich bei einer Abmahnung also immer darauf berufen, die Handlung hätte auch von anderen Familienmitgliedern durchgeführt werden können.

Weitere Diskussionen und Beispiele verdeutlichten die Zusammenhänge, bevor eine Abmahnung einfach akzeptiert wird, sollten die Betroffenen sich fachlich, kompetenten Rat einholen, denn eventuell besteht Hoffnung die Abmahnung abzuwenden. Edgar Künsting bedankt sich bei dem Referenten und kommt dem Wunsch nach weiteren Veranstaltungen zum Thema gerne nach.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 1489 vom 9. Januar 2015 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich