NDR offenbart Teile der SCHUFA-Formel – Verbraucher mit beständigem Lebenswandel können auf bessere Schufa-Bewertung hoffen – Wo bleiben Innovation, Freiheit, Flexibilität und Fortschritt?
Am 10. April 2014 hat der Norddeutscher Rundfunk (NDR) nach eigenen Angaben Teile der SCHUFA-Formel enttarnt. Die Informationen stammen aus einem Dokument, das im Vorfeld eines Treffens der Datenschutzbehörden der Bundesländer mit SCHUFA-Vertretern erarbeitet wurde. Bei diesem Treffen sollte die SCHUFA Holding AG ihr Scorewert-Verfahren näher beschreiben und darlegen. Daraus lassen sich nun ganz neue Rückschlüsse ziehen.
Altersangaben und Anfragenhäufigkeit als wichtigste Kriterien für Auskunfteien – älteste Bankverbindung, jüngste Adresse – wer gilt als bodenständig?
Entgegen der bisherigen Annahme scheinen nicht ausschließlich die sogenannten „Negativmerkmale“ ausschlaggebend für einen schlechten SCHUFA-Scorewert zu sein, sondern es stehen auch andere Informationen im Mittelpunkt der Berechnungen. Die wichtigste Information für die SCHUFA scheint das Alter zu sein. Dabei geht es um die älteste Bankverbindung bzw. die jüngste Anschrift. Das zweite Kriterium ist, wie viele Kreditanfragen für einen Verbraucher gestellt wurden. Auf den Plätzen drei und vier geht es darum, wie viele Bankverbindungen ein Mensch besitzt und wie viele Voranschriften Personen in ihrem Leben bereits hatten. Alles in allem geht es der SCHUFA wohl darum, herauszufinden, ob eine gescorte Person einen stetigen oder einen nicht so stetigen Lebenswandel hat.
Beständigkeit erhöht den Score-Wert?- Geheimhaltung der Schufa-Formel
Ein stetiger Mensch wird wohl einen höheren Scorewert erreichen können als ein sehr flexibler Mensch, der öfter Wohnsitz und Bankverbindung ändert. Erst nachdem diese scheinbar irrelevanten Informationen verarbeitet wurden, steht an fünfter Stelle, welche Negativeinträge in der SCHUFA-Auskunft vorhanden sind. Dies dürfte mit dem Umstand verbunden sein, dass die Schufa Prognosen über das Verhalten ihrer Kunden abgeben muss. 91% davon sind nicht auffällig im Sinne von Negativeinträgen. Hier müssen also andere Merkmale für die Einschätzung im Scoring gefunden werden.
Der NDR berichtet weiter davon, dass das vertrauliche Dokument noch weitere pikante Details offenbart. So informiert die SCHUFA Holding AG wohl nicht alle Verbraucher über die Gesamtheit der gespeicherten Daten. Dies ist allerdings gesetzlich, im Bundesdatenschutzgesetz, vorgeschrieben. Dieses Vorgehen ist vor allen Dingen auch unter der Berücksichtigung des Urteils vom Bundesgerichtshof Januar 2014 fragwürdig. Die SCHUFA-Formel darf zwar geheim gehalten werden, aber bereits im ersten Leitsatz der Entscheidung wird auch klar herausgearbeitet, dass dem Verbraucher alle Daten mitgeteilt werden müssen, die Berechnung seines Scores mit einfließen. Dies sei unter Berücksichtigung des Gesetzgebungsverfahrens und des Willens des Gesetzgebers ausschlaggebend, denn dieser wollte den Verbrauchern die Möglichkeit geben, falsche und unrichtige Daten bei den entsprechenden Stellen korrigieren zu können, so der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung (Quelle: Urteil BGH VI ZR 156/13).
Die Aussagen des NDR decken sich auch mit den Erfahrungen im Schufa-Recht von Rechtsanwälte Dr. Thomas Schulte und Team und von Rechtsanwältin Danuta Wiest, die diese in der täglichen Praxis machen. Die Spezialisten im Bereich Schufa-Scoring erklären: „Es deckt sich mit unseren Erfahrungen, dass die SCHUFA Holding AG andere, als bislang angenommene Informationen für die Berechnung des Scorewertes verwenden. Vor allem deckt sich der Bericht mit der Erfahrung, dass Verbraucher mit einer häufigen Anfrage von Krediten und Ähnlichem einen schlechteren Score-Wert haben als Menschen, die beständig und ohne viele Anfragen durch ihr Leben gekommen sind. Allerdings ist nach wie vor nicht ersichtlich, wieso mehrere Kreditanfragen bzw. mehrere Bankkonten eine Kreditwürdigkeit unglaublich massiv infrage stellen können. Die SCHUFA spielt hier mit ihren Informationen ein Versteckspiel, das dem Verbraucher zulasten fällt.“
Fazit: Innovation, Flexibilität, Freiheit – wenig Hoffnung auf transparenten Umgang für die Verbraucher bei Schufa Auskünften
Nachdem der NDR nun seine Entdeckungen der Öffentlichkeit mitgeteilt hat, steht die SCHUFA Holding AG wohl unter Zugzwang. Man erhofft sich, dass die SCHUFA in der nahen Zukunft entweder etwas ändern wird oder vielleicht doch mehr Informationen an die Öffentlichkeit bringt, als dies bislang der Fall war. Große Hoffnung besteht indes in diesem Bereich bisher nicht.
Bodenständigkeit und wirtschaftlich konstantes Handeln von Verbrauchern werden nach den neusten Erkenntnissen belohnt. Der Verbraucher ist damit auch sehr eingeschränkt. Sollte diese Beständigkeit auf Kosten von innovativen Ideen, Flexibilität, Freiheit und wirtschaftlichem Fortschritt geschehen? Es sollten weiterhin alle Verbraucher einen Blick auf ihre SCHUFA-Auskunft werfen. Bei Unklarheiten, niedrigem Score-Wert oder geringer Bonität sowie bei Fragen zur Restschuldbefreiung sollten betroffene Verbraucher dieses ggf. von einem darauf spezialisierten Anwalt prüfen lassen. Für Rückfragen stehen Dr. Schulte und sein Team unter 030 22 19 220 20 oder dr.schulte@dr-schulte.de gerne zur Verfügung.