Die Rechtsanwälte übernehmen häufig Mandate erst in zweiter Instanz und stehen vor der
Schwierigkeit, dass vorher tätige Rechtsanwälte in dem speziellen Rechtsgebiet des
Kapitalanlagen- und Bankenrechts Beratungsfehler verursacht haben.
Die Rechtsgrundlage der Haftung des Rechtsanwalts ist in der Regel der mit dem
Mandanten abgeschlossene Vertrag. Sowohl für die Beratung als auch für die Vertretung des
Mandanten bei Verhandlungen oder Gerichtsprozessen besteht die Pflicht des Rechtsanwalts, dafür zu sorgen, dass der Mandant keinen Vermögensschaden erleidet. Die einzelnen Sorgfaltspflichten
ergeben sich aus den gesetzlichen Vorschriften, aus der Berufsordnung und sind von der
Rechtsprechung entwickelt worden.
Verletzt der Rechtsanwalt schuldhaft solche Pflichten, kommt eine Haftung in Betracht.
Führt die Pflichtverletzung nämlich zu einem Schaden des Auftraggebers, ist der Rechtsanwalt
verpflichtet, diesen Schaden zu ersetzen.
II. Anwaltspflichten
Sofort mit der Auftragstellung entsteht die anwaltliche Pflicht, in der übernommenen Rechtssache
drohende Gefahren vom Mandanten abzuwenden.
1. Aufklärung des Sachverhalts
Eine juristische Beratung erfordert eine genaue Aufklärung des Sachverhalts. Der vom
Mandanten geschilderte Fall sollte in einem Aktenvermerk festgehalten werden.
Urkunden und Korrespondenz müssen geprüft werden. Fehlende Informationen sollten durch
Mitwirkung des Mandanten beschafft werden. Der Anwaltsvertrag begründet eine wechselseitige
Pflicht zur Information. Dieser Pflicht bin ich in besonderem Maße nachgekommen, seit Jahren
habe ich mir immer wieder erlaubt, auf die Probleme hinzuweisen, die dadurch entstehen,
dass ihre Ihre Buchführung nicht durchführen. Auch im laufenden Prozess habe ich darauf
hingewiesen, dass es nur möglich sein dürfte, einen großen Schaden zu verhindern, wenn wir
nachvollziehbar ihre da Einnahmen und Ausgaben für die GmbH darstellen können.
2. Beratungspflicht
Hauptpflicht des Rechtsanwalts ist die allgemeine und umfassende Beratung und
Belehrung des Mandanten. Dieser darf darauf vertrauen, dass er über die maßgeblichen
Gesichtspunkte und Umstände, die für sein ferneres Verhalten entscheidend werden können,
eingehend beraten wird.
3. Nebenpflichten
Weitere Pflichten neben der umfassenden Rechtsberatung sind die Überwachung
laufender Fristen (Prozessfristen, Verjährungsfristen etc.) Eingehende Post muss geprüft
werden. Der Mandant ist über den Stand seiner Gerichtsprozesse regelmäßig zu
unterrichten. Der rechtzeitige Zugang von Briefen und Schriftsätzen muss durch entsprechende
Maßnahmen sichergestellt werden.
4. Prozessführung
Hat der Rechtsanwalt den Sachverhalt richtig und vollständig dem Gericht vorgetragen, so trifft
ihn für eine dennoch fehlerhafte Gerichtsentscheidung keine Verantwortung. Gibt das Gericht
eine falsche Meinung im Termin bekannt, so muss der Rechtsanwalt dagegenhalten und
versuchen das Gericht zu überzeugen. Dies geschieht mit Sachvortrag oder mit sachlicher
juristischer Argumentation. Gelingt es ihm nicht, das Gericht zu überzeugen, bleibt häufig nur die Empfehlung, die Entscheidung des Gerichts in der nächsten Instanz überprüfen zu lassen.
5. Büroorganisation
Eine fehlerfreie Bearbeitung in Rechtsangelegenheiten setzt eine gute Büroorganisation
voraus. Die Mitarbeiter müssen entsprechend ihrer Qualifikation in die Bearbeitung der Fälle
eingebunden werden. Die einzelnen Arbeitsabläufe und Zuständigkeiten sollten nach Möglichkeit
schriftlich in einem Büroorganisationsplan niedergelegt werden. Der Rechtsanwalt ist
verpflichtet, die Einhaltung seiner Anordnungen regelmäßig durch Stichproben zu überprüfen.
6. Unterrichtung des Mandanten
Der Mandant ist über den Stand der Sache zu unterrichten. Dies geschieht zumindest durch
Übersendung von Durchschriften des mit Gericht und Gegner gewechselten Schriftverkehrs.
Ergeben sich im Verfahren neue tatsächliche Gesichtspunkte, müssen diese mit dem
Mandanten erörtert werden. Unter Umständen muss die eingeschlagene Strategie überdacht
werden. Die funktionierende Zusammenarbeit zwischen Rechtsanwalt und Mandant während des
Verfahrens muss gewährleistet sein. Nach Beendigung einer Instanz muss der Rechtsanwalt den
Mandanten über die Gerichtsentscheidung, den Zeitpunkt der Zustellung des Urteils und über
mögliche Rechtsmittel und Rechtsmittelfristen belehren.
III. Schadensersatzhaftung
1. Haftungsgrund
Bei der Verletzung von Haupt- oder Nebenpflichten haftet der Rechtsanwalt dem Mandanten
aus positiver Vertragsverletzung auf Schadensersatz. Fehlverhalten von Mitarbeitern wird dem
Rechtsanwalt haftungsrechtlich zugerechnet, so dass er auch dann Schadensersatz zu leisten hat.
2. Schaden
Eine Verpflichtung des Rechtsanwalts zum Schadensersatz setzt voraus, dass dem Mandanten
tatsächlich ein Schaden entstanden ist. Ein Schaden ist gegeben, wenn der Mandant
Vermögenseinbußen erleidet.
3. Kausalität der Pflichtverletzung
Nicht jede Pflichtverletzung des Rechtsanwalts führt automatisch zu einem
Schadensersatzanspruch des Mandanten. Voraussetzung ist vielmehr, dass das pflichtwidrige
Verhalten des Rechtsanwalts ursächlich für eine Vermögenseinbuße des Mandanten ist.
Es ist also zu prüfen, wir sich die Vermögenslage des Mandanten beim pflichtgemäßen
Handeln des Rechtsanwalts entwickelt hätte. Hat der Rechtsanwalt z. B. schuldhaft eine
Verjährungsfrist übersehen, ist Voraussetzung für die Haftung, dass die Klage des Mandanten
gegen den Prozessgegner auch gewonnen worden wäre. Im Haftpflichtprozess gegen den
Rechtsanwalt muss also ggf. ein „hypothetischer Indizienprozess“ geführt werden, das heißt, es
muss ggf. durch eine Beweisaufnahme geklärt werden, ob der Mandant den Prozess
gegen seinen Prozessgegner bei rechtzeitiger Klageerhebung gewonnen hätte. Im Regressprozess
muss das Gericht also entscheiden, welches Urteil richtigerweise hätte ergehen müssen. Dieser
Punkt ist am wichtigsten: Die meisten Geschädigten übersehen diesen Punkt; nicht allein
eine falsche Rechtsauskunft führt zum Schaden, sondern die Prüfung: Falls der Anwalt
keinen Fehler gemacht hätte, wäre dann die Situation insbesondere das Vermögen des
Geschädigten besser?
4. Verschulden
Der Rechtsanwalt haftet für Vorsatz und Fahrlässigkeit. Auch fahrlässige Beratungsfehler führen zur
Haftung.
5. Mitverschulden
Hat der Mandant Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des anwaltliche Verhaltens und können
Auswirkungen auf die Schadensentwicklung noch beeinflusst werden, trifft ihn die
Pflicht zur Schadensabwehr. Unterlässt der Mandant entsprechende Maßnahmen, so kann
ihn ein Mitverschulden treffen. Dies führt dazu, dass er den Schaden ganz oder teilweise selbst
tragen muss. Für die Frage der Mithaftung kommt es auf die jeweiligen Umstände des einzelnen
Falles an.
6. Verjährung
Schadensersatzansprüche des Mandanten gegen den Rechtsanwalt verjähren gem.
§ 51 b BRAO innerhalb von 3 Jahren ab Entstehung des Anspruches. Auf eine Kenntnis des
Geschädigten kommt es nicht an. Allerdings ist der Rechtsanwalt nach der Rechtsprechung
verpflichtet, auf eine eigene Pflichtverletzung und darauf möglicherweise
resultierende Schadensersatzansprüche vor Ablauf der Verjährungsfrist hinzuweisen. Verletzt
er diese Hinweispflicht schuldhaft, obwohl er zur Prüfung eines Regressanspruches
begründeten Anlass hatte, muss er den Mandanten so stellen, als ob die Verjährung des
sogenannten Primäranspruchs nicht eingetreten wäre. Dieser sogenannte Sekundäranspruch
verjährt dann ebenfalls nach § 51 b BRAO. Diese Verjährungsfrist beginnt dann also mit der
pflichtwidrig unterlassenen Belehrung über den möglichen Schadensersatzanspruch. Aus
dem Grunde weise ich ausdrücklich darauf hin, dass sie aus Gründen der Sicherung der
eigenen Position diese Verjährungsfrist im Auge behalten sollten.