Bauausführungen im Bauvertrag sind bindend – Abweichungen von dieser vereinbarten Beschaffenheit stellen einen Mangel dar.
Die Brunzel Bau GmbH aus Velten, nahe Berlin ist seit mehr als zwanzig Jahren erfolgreich in der Bauwirtschaft in Berlin und Brandenburg sowohl im öffentlichen als auch im privaten Hochbau tätig. Im Rahmen einer Informationsveranstaltung am 19.03.3013 um 17.00 Uhr in Berlin mit rechtlicher Diskussion führte Geschäftsführer Hans Heiko Brunzel in die Grundlagen des Bauens aus Sicht des Praktikers und Rechtsanwälte Dr. Thomas Schulte von der Kanzlei Dr. Schulte und sein Team aus rechtlicher Sicht ein.
„Bauverträge, Regelungen der Bauausführung und den damit verbundenen Leistungsbeschreibungen und der vertraglich geregelte Beschaffenheitsvertrag sollen neben klaren Regeln, Vereinbarungen und mangelfreien Fertigstellung der Immobilie auch zum Frieden zwischen den Vertragspartnern beitragen. Doch leider kommt es immer wieder zu Missverständnissen und Störungen, die dann oftmals gerichtlich geklärt werden müssen“, begrüßt Bauunternehmer Herr Hans Heiko Brunzel die interessierten Teilnehmer bestehend aus privaten Hausbauern, Bauunternehmer und Bauträger.
Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe urteilt – welche Verpflichtungen sind einzuhalten?
Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte erläuterte die Fragestellung:
Das Problem kennt jeder Unternehmer: Rechtlich setzen wir uns häufig mit einem auftretenden Sachverhalt in der Rechtsbeziehung zwischen Erwerber und Bauträger auseinander. Wann liegt eine Mangelhaftigkeit vor, wie kann entschieden werden? Welche Bedeutung hat eine Abweichung von der vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung? Eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes (OLG) Karlsruhe vom 29.05.2009, Aktenzeichen 4 U 160/08 bringt Klarheit.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte folgenden Fall zu entscheiden: Eine Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragte eine Bauträgerin mit der Errichtung einer Wohnungsanlage. Die Wohnungen wurden an die einzelnen Eigentümer veräußert. Nach der Fertigstellung wurden Mängel am Objekt festgestellt. Unter anderem wurde von der Wohnungseigentümergemeinschaft gerügt, dass für die Verrohrung entgegen der Baubeschreibung nicht Kupfer, sondern Titanzink verwendet worden ist. Die Bauträgerin berief sich darauf, dass Kupfer und Titanzink für die geplante Verrohrung in technischer Hinsicht vollkommen gleichwertig seien.
Zudem stützte sich die Bauträgerin auf den zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag, in dem es unter anderem hieß: „Grundlage der Bauausführung ist diese Baubeschreibung. Änderungen der Bauausführung, der Material- bzw. Baustoffauswahl, soweit sie gleichwertig sind, bleiben vorbehalten.“ Nach Auffassung der Bauträgerin lag angesichts dieser vertraglichen Regelung kein Mangel vor, wenn von dem ausdrücklich im Vertrag aufgeführten Baustoff abgewichen wird und für den alternativen Baustoff die technische Gleichwertigkeit nachgewiesen werden kann.
Der Beschaffenheitsvertrag ist bindend?
Die Vertragspartner müssen sich an den Beschaffenheitsvertrag halten, auch wenn die tatsächliche Ausführung wirtschaftlich und technisch besser oder sinnvoller ist als die vertraglich vereinbarte. In diesem Fall betätigte das Oberlandesgericht Karlsruhe die Auffassung des Landgerichts, das die Mangelhaftigkeit der Verrohrung erstinstanzlich festgestellt hatte.
Die Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Das OLG begründet seine Entscheidung damit, dass sich die Mangelhaftigkeit einer Werkleistung nicht rein objektiv-funktionsbezogen beurteilt. Der geschuldete Werkerfolg wird von den Vertragsparteien festgelegt. Diese Festlegung der Parteien stellt die sogenannte Beschaffenheitsvereinbarung dar.
Abweichungen von dieser vereinbarten Beschaffenheit stellen grundsätzlich einen Mangel dar.
Dies gilt auch für unerhebliche Abweichungen. In dem hier vorliegenden Fall hatten die Parteien die Beschaffenheit vereinbart, indem ausdrücklich bestimmt worden war, dass die Verrohrung aus Kupfer herzustellen ist. Da die Bauträgerin jedoch Titanzink verwendete, liegt eine Abweichung von der vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung – und damit ein Mangel – vor. Für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit kommt es auch nicht darauf an, ob die tatsächliche Ausführung wirtschaftlich und technisch besser oder sinnvoller ist als die vertraglich vereinbarte.
Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte erläutert die Entscheidung:
„Das OLG hat weiter zutreffend entschieden, dass der vertragliche Vorbehalt einer Änderung der Bauausführung ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung führt. Eine solche Klausel ist in einem Bauträgervertrag unwirksam, wie durch den BGH bereits im Jahr 2005 entschieden worden ist. Im Ergebnis standen also der Wohnungseigentümergemeinschaft Mängelrechte wegen der Verwendung eines nicht vereinbarten Materials für die Verrohrung zu.
Diese Entscheidung hat auch Bedeutung für Verbraucher, die als Erwerber einen Kaufvertrag mit Bauverpflichtung mit einem Bauträger abschließen.“
In der anschließenden Diskussion wurden weitere rechtliche Fragen beantwortet und Erfahrungsberichte ausgetauscht. Die Teilnehmer gingen in dem Wissen auseinander, dass Klarheit durch die Entscheidung des Gesetzgebers getroffen wurde. Klar ist aber auch, dass weiterhin Handlungs- und Klärungsbedarf besteht, um zur Zufriedenheit und Gerechtigkeit für Bauträger, Unternehmer, Verbraucher und Erwerber zu gelangen. An Verträge sollten sich die Vertragspartner halten und gegebenenfalls zur Kompromisslösung bereit sein, ohne vor den Gerichten Entscheidungen finden zu müssen.