Prokon, Infinus, S & K, Lehmann Brothers ….. die Liste der in den letzten Jahren zusammengebrochenen Kapitalanlagen ist lang. Sehr, sehr lang. Und sie wird immer länger. Mittlerweile kann man schon nicht mal mehr von einigen schwarzen Schafen sprechen. Vielmehr drängt sich der Verdacht auf, dass es fast überall nicht ganz mit rechten Dingen zugeht. Dies ist natürlich eine rein subjektive und überzogene Einschätzung, wird aber von vielen Anleger, Anwälten und auch Vermittlern so empfunden. Die Gründe für die Zusammenbrüche reichen von Finanzkrisen über individuelle Inkompetenz bis hin zu betrügerischen Strukturen und Schneeballsystemen. Hintergrund für die Lücke findet sich rechtsgeschichtlich bei der preußischen Reform, der Gewerbefreiheit, bezeichnet auch als freies Unternehmertum; § 1 Grundsatz der Gewerbefreiheit besagt:
„(1) Der Betrieb eines Gewerbes ist jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind.
(2) Wer gegenwärtig zum Betrieb eines Gewerbes berechtigt ist, kann von demselben nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil er den Erfordernissen dieses Gesetzes nicht genügt.„
Leider gibt es hier die Lücken für Unternehmen, die es möglichen, dass alles unter dieser Freiheit losgetreten und losgemacht werden kann um Gelder einzusammeln, aber erst später kontrolliert wird.
Grauer Kapitalmarkt außer Kontrolle?
Die Rede ist hier hauptsächlich vom sogenannten „Grauen Kapitalmarkt“. Dabei handelt es sich um die Anlageformen, die nicht direkt einer staatlichen Aufsicht unterstellt sind und in weiten Teilen einen ungeregelten Kapitalmarkt darstellen. Was macht den Reiz des Grauen Kapitalmarktes aus? Den staatlichen und europäischen Gesetzgebern ist der Graue Kapitalmarkt seit Längerem ein Dorn im Auge, denn immer mehr oftmals ahnungslose Bürger legen ihr Geld im Grauen Kapitalmarkt an, da dort höhere Renditen versprochen werden, die sie sich erhoffen.
Es trifft immer mehr die Großen
Auch aus diesem Grund entstehen immer mehr große Unternehmen des Grauen Kapitalmarktes mit Milliarden von investiertem Kapital und Zehntausenden Anlegern. Bestes Beispiel ist die PROKON AG, die von mehr als 75.000 Anlegern über 1,4 Milliarden Euro einsammelte und im Januar 2014 nun Insolvenz anmelden musste. Aber auch Unternehmen wie Infinus oder S & K haben die Anleger teilweise in den Ruin getrieben. Die Gefahr des Untergangs betrifft daher nicht mehr nur die kleinen, schlecht geführten Unternehmen, sondern immer mehr auch die großen, finanzstarken Unternehmen, die mit Milliarden jonglieren und alleine damit bei den Anlegern Vertrauen für sich in Anspruch nehmen.
Politische Kontrolle vs. Selbstregulierung
Wenn jedoch nicht mal mehr auf die „Big Player“ der Branche Verlass ist, wem soll man dann überhaupt noch sein Geld anvertrauen? Unter den gegebenen Umständen fragen sich die Anleger und Verbraucher, ob das Vermögen besser doch wieder auf dem Sparkonto bei der Stadtsparkasse oder gar im Sparstrumpf unter der heimischen Matratze angelegt ist? Fragen nach Regulierung und Kontrolle werden auf Grund der jüngsten Ereignisse immer lauter. Die bundesdeutsche Regierung wie auch die europäische Kommission ist seit einiger Zeit dabei, den Grauen Kapitalmarkt zu regulieren und unter Kontrolle zu bringen. Teile hiervon sind etwa mit der europäischen Richtlinie über Märkte für Finanzinstrument (MIFID) bereits umgesetzt, andere Vorhaben noch nicht. Auch jetzt nach der medienträchtigen Insolvenz der PROKON spricht der neue Justizminister Maaß von einer schärferen Regulierung des Grauen Kapitalmarktes.
Gesetz ist gut, Kontrolle ist besser
Dabei muss jedoch klar sein, dass Gesetze immer nur im Großen und Ganzen auf alle auftretenden Fälle Anwendung finden können. Also eine Regelung für alle anzunehmenden Fälle. Oft ist jedoch eine individuelle Betrachtung des konkreten Falles notwendig. Hierbei bieten einige auf den Verbraucherschutz spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien einen „Kapitalanlagecheck“ an. Die Sensibilisierung auf Seiten der Unternehmen und der Anleger stehen hierbei im Fokus. Dabei kann natürlich nicht vorhergesagt werden, ob sich die Weltwirtschaft stabil halten wird oder die Entscheidungsträger eines Unternehmens morgen in die Kriminalität abdriften. Oftmals ist jedoch schon anhand der rechtlichen Konzeption einer Kapitalanlage ersichtlich, welche Risiken damit verbunden sind und ob das Verhältnis von Chance und Risiko vertretbar ist.
Vorsicht ist besser als Nachschuss!
Rechtsanwalt Christian M. Schulter von der Kanzlei Dr. Schulte und sein Team in Berlin dazu: „Durch langjährige Erfahrungen stellen die Rechtsanwälte Dr. Schulte und sein Team immer wieder fest, dass die Verbraucher teilweise ihre gesamten für die Altersvorsorge gedachten Ersparnisse in Kapitalanlagen anlegen, deren Risiken und Konzeption sie nicht einmal annähernd verstanden haben oder auch gegenwärtig nicht verstehen. Erst wenn es zu spät ist und das investierte Geld bereits verloren ist oder ein Verlust droht, werden wir als Verbraucherschützer kontaktiert. Rettung der gesamten Anlage ist oftmals sehr schwierig und in einigen Fällen müssen wir dann jedoch leider mitteilen, dass es zu spät ist, um das Geld zu retten oder die Verluste wettzumachen. Die Betroffenheit ist groß und erst dann erkennen viele betroffene Anleger und ihre Familien, dass sie blauäugig und vorschnell gehandelt haben, lieber hätten sie sich „vor“ Abschluss der Geldanlage informieren sollen, kommt als späte Einsicht.„
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist schlauer! Gerade wenn Anleger beabsichtigen größere Geldbeträge zu investieren, im Besonderen wenn diese für die Altersvorsorge bestimmt sind, ist es sinnvoll, Rat von einem erfahrenen Anwalt einzuholen und die Konzeption der Geldanlage an sich aus rechtlicher Sicht prüfen zu lassen. Diese Investition wird sich dann gut angelegtes Geld herausstellen, sobald der Anleger mit einer lohnenden Anlage durch Sicherheit, Vertrauen und Risikoeinschätzung belohnt wird.
Es gilt die alte Regel: Niemand ist besser als der Markt und Freibier macht durstig. Wer anderen sein Geld gibt, glaubt an das Gute im Menschen und deren Geschick wird häufig enttäuscht.