Kapitalanlagenbetrug 2006 – Milliarden Euros Schaden auch in diesem Jahr?
– Betrügerische Kapitalanlagen erkennen und Schadenersatzansprüche durchsetzen – von Dr. iur Thomas Schulte, Rechtsanwalt
Jedes Jahr werden durch Kapitalanlagebetrügereien nach gesicherten Statistiken mindestens Vermögen im Werte von zwanzig Milliarden Euros in der Bundesrepublik umverteilt. Dieses Vermögen der Opfer ist in der volkswirtschaftlichen Gesamtbilanz nicht vernichtet, sondern nur mit kriminellen Methoden verschoben. Immer noch und immer wieder ziehen Betrüger mit dem weißen Kragen durch die deutschen Lande und kommen mit den ältesten Tricks zu ihrem Ziel. Dieser Beitrag soll grundsätzlich Anzeichen für einen drohenden Betrug aufzeigen und in einem zweiten Teil den idealen Betrug und Beispiele benennen und in einem dritten Teil Möglichkeiten des Schadenersatzes benennen.
Die üblen Tricks treiben Staatsanwälten, Richtern und Rechtsanwälten Tränen in die Augen, da die Opfer regelmäßig alle Regeln des vorsichtigen Umgangs mit wichtigen geschäftlichen Fragen außer Acht lassen. Sämtliche angesprochenen Punkte sind dem Autor als Rechtsanwalt mit dem Arbeitsschwerpunkt Kapitalanlagenrecht aus der täglichen Arbeit leidvoll bekannt.
Wie betrügt der Profi richtig? In Betrüger riecht wie ein Raubtier seine wehrlose Beute!
Betrüger passen sich in Regel dem Opfer an, je nachdem welche Bildung und Vermögen die Bevölkerungsgruppe hat, sind die Strategien angepasst. Der Täter hat gegenüber dem Opfer einen Vorteil: Er kennt sein Ziel die Vermögensübernahme, ob im kleinen und großen und geht daher strategisch geplant vor. Wie? Ein funktionierendes Kapitalanlagebetrugsmodell wird von niemandem aus dem ausgesuchten Publikum richtig verstanden. Im Dunkel bleibt immer, wie denn die Geldvermehrung im Einzelnen funktionieren soll. Wichtig ist es darüber hinaus, dass die geschäftlichen Aktivitäten in Wirtschaftsbereichen entfaltet werden, die dem Geldanleger vollkommen unbekannt sind. Also verkauft man Medizinern Metalle, Juristen Immobilien und etc. Diese Investmentfelder sollten allerdings emotional positiv besetzt, wie zum Beispiel der Betrieb einer Silbermine, mit dem Versprechen die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter zu verbessern und zugleich eine gute Rendite zu erwirtschaften. Hinzukommen gerne auch Wundermittel im medizinischen Bereich. Wichtig ist auch, dass man die kindliche Wunder Gläubigkeit der Kapitalanleger nutzt. Selbst erfahrene Manager fallen immer wieder auf unklare und nicht nachvollziehbare internationale Bankgeschäfte hinein. Auftreten und Prestigeobjekte von Vermittler und Initiatoren sind für ein Kapitalanlagemodell eigentlich ohne Bedeutung. Niemand sollte sich blenden lassen von Statussymbolen und attraktiven rhetorisch gewandten Personen. Kapitalanlage sollte blind für solche Ersatzindikatoren stattfinden.
Wichtig ist eher, ist das System staatlich oder halbstaatlich versichert und wie lange besteht das Kapitalanlagemodell? Auf der anderen Seite beurteilen die Opfer die Wertigkeit der Kapitalanlage nicht anhand rationaler Kriterien, sondern anhand von Ersatzindikatoren. Große Villa, schöne Menschen, großartige Namen. Setze Prominente als Werbeträger ein: eine gute Ablenkung für unseriöse Modelle sind Prominente als Werbeträger, man denke z.B. an Michael Gorbatschow, der Werbung für den European Kings Club machte. Der Vermögensverlust für Anleger soll hier 600 Mio. € betragen haben. Weltweit gilt seit Beginn der Menschheitsgeschichte folgendes nicht verstanden: Null bleibt Null unabhängig ob Null jetzt Zero heißt oder Limes plus minus Null. Mit anderen Worten: Traumhafte Renditen gibt es nicht und niemand, der eine Goldmine entdeckt hat, wird laut nach anderen Goldsuchern rufen. Es gibt eine einfache Kontrollmöglichkeit des potentiellen Geldanlegers: Frage Deine Mutter oder Großmutter, ob das System funktionieren kann. Ein System, dass einem Laien nicht erklärt werden kann, ist mit großer Wahrscheinlichkeit keine gute Idee der Geldanlage.
Neben der Leichtgläubigkeit und Eitelkeit der Opfer werden weitere Grundübel der menschlichen Verhaltens- und Denkstrukturen genutzt: Neid, Habgier und Schadenfreude. Kapitalanlagen werden gerne als Rettungsboote verkauft; komm´ schnell und setzt Dich hinein, das Schiff geht unter, heißt es. Diese Art von Verkauf bei Flüsterpropaganda ist untrügliches Indiz für eine unseriöse Geldanlage. Gerne wird auch der Wunsch des Menschen genutzt als Gewinner dazustehen. Eine gute Kapitalanlagestraftat gibt dem Täter einen Vorsprung in zeitlicher Hinsicht: Der versprochene große Gewinn ist virtuell und wird erst in einigen Jahren fällig. Auch Vorurteile helfen: nur zur gerne wird geglaubt, dass z.B. Großbanken viel Geld mit geheimen Bankgeschäften machen, die gegenüber den kleinen Kunden nicht offenbart werden. Eine Freude ist die deutsche Mentalität für den Betrüger: finanzielle Angelegenheiten werden gerne geheim gehalten.
Ein guter Betrüger stellt sich nicht vor und ist immer unterwegs. Eine Visitenkarte mit allen Kommunikationsdaten und ein hübsches Büro sagen nichts. Der clevere Kapitalanlagenbetrüger fällt durch große Mobilität auf. Das Unternehmen und die dahinter stehenden Personen sind nur in der Verkaufsphase und der Sicherungs- und Beruhigungsphase für das Opfer gut erreichbar. Clevere Täter vermeiden Beweise und arbeiten arbeitsteilig. Viele Personen und mündliche Zusagen verwirren die Geschädigten. Immer eine gute Idee: Das größte Opfer sollte zum Haftungsträger des Unternehmens gemacht werden. Man nehme daher immer einen Geschäftsführer, der wenig Fragen stellt, hübsch alles unterschreibt und ansonsten mit ein paar Tausend Euro beruhigt werden kann. Abschottung nach innen ist wichtig. Der Geschäftsführer ist selber Opfer. Hinzukommt die Idee des falschen Vertrauen und der Solidarität unter Mittätern: Mache das Opfer einfach durch einen kleinen Regelverstoß zu Mittäter und verschleiere so die Wertung. Typisch eine kleine vergütete Nebentätigkeit des Opfers für den Täter unter Verstoß gegen den Arbeitsvertrag des Opfers mit seinem Arbeitgeber etc. Das Verkaufsgespräch sollte möglichst unter Zeitdruck vorgenommen werden. Hilfreich sind auch komplizierte und schlecht lesbare Unterlagen. Kompliziertes Projekt, aber nachvollziehbare Zeugen oder Zeugnisse. Häufig hilft z.B. ein Video eines Fernsehbeitrags aus den Vereinigten Staaten etc. Ein solcher Fernsehbeitrag ist natürlich schnell selbst gemacht. Wichtig ist auch, dass die Geldanleger möglichst von Informationen abgeschlossen sind und auch untereinander isoliert sind.
Stelle die Geldanleger rechtlos oder schmälere ihre Rechte z.B. als Kommanditisten einer GmbH & Co. KG. Nutze die Möglichkeit des Auslandes und die Hürden in organisatorischer, rechtlicher und sprachlicher Hinsicht. Mache den Mund wässrig durch kleine Erfolge. Seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts gilt: Steuersparen schaltet das Gehirn aus. In der Regel sind diese Punkte gegeben.
Das ideale Betrugsmodell im Jahre 2005
Im Jahre 2005 sieht das ideale Betrugsmodell wie folgt aus: Eine sehr professionelle Internetseite mit einem schwer findbaren Firmennamen wird ansprechend gestaltet. Das Unternehmen heißt z.B. All Word Mountain Ltd mit dem Sitz in Großbritannien. Solche Firmennamen sind unter den Milliarden Internetseiten später schlecht zu finden. Ein typisches Projekt der Gesellschaft ist die Ausbeutung von unklaren Edelmetallen in Armenien und anderswo oder es sind Aktien solcher Gesellschaften. Die Gründer bleiben vollkommen vertraulich im Hintergrund. Falls Personen und Firmen auftauchen kennen diese Unternehmen und Personen sich untereinander nicht. Mit anderen Worten Ersteller des Internetprojekts, Hersteller von Prospekten und Vermieter etc. kennen einander nicht. Ein so genannter Imbissbudenvater wird zum Geschäftsführer ernannt. Diese Personengruppe stellt keine Fragen und ist mit ein paar Euro zufrieden. Es besteht ein deutsches Treuhandkonto. Der Verkauf der Geldanlage erfolgt mittels eines Provisionsmodells möglichst durch Personen, die wiederum selber ahnungslos sind oder jedenfalls ihre Augen zu verschließen suchen, weil diese Personen ein hohes Provisionsinteresse an dem Verkauf haben. Gelockt wird mit extrem hohen Provisionen. Dem Verkäufer steht ein Verkaufsbogen und weitere Verkaufsmittel zur Verfügung. Ein schöner Prospekt, ein toller Vertrag sowie zwei oder drei Videos werden präsentiert. Zu sehen sind angebliche ausländische Fernsehbeiträge, die das Projekt bejubeln. Diese Beiträge sind selbstverständlich selbst hergestellt. Gerne werden Artikel von Professoren etc. als Beweise vorgelegt. Die Geldanleger erhalten die Möglichkeit über das Internet mittels Passwort die Entwicklung der eigenen Geldanlage zu beobachten. Versprochen wird eine Rendite von 11% per anno auf eine Laufzeit von 10 Jahren. Derjenige, der die lange Zeit durchhält, bekommt einen Zusatzertrag von 30% im elften Jahr des Investments. Es besteht eine Rückkaufsgarantie durch ein ebenfalls zusätzlich erfundenes Unternehmen. Da das Projekt sehr kapitalintensiv ist, werden neue Geldanleger gesucht. Der Empfehler erhält eine Provision für die Empfehlung deren Höhe es ihm leicht macht, Geld zu investieren. Das Geldkonto zur Einzahlung wird von einem ahnungslosen Treuhänder geführt, der möglicherweise auch gleich die Immobilie als deutschen Geschäftssitz angemietet hat. Binnen weniger Wochen ist aus der Dummheit und Gier der Anleger ein riesiges Vermögen auf dem Treuhandkonto geworden. Jeder fragt sich nun wie das möglich ist?
Welche Beispiele als der Praxis laufen auch im Jahre 2005 noch?
Nigeria Connection: Die NC wirbt seit Jahrzehnten immer wieder mit verbotenen Geldtransaktionen, verspricht dem Mittäter hohe Renditen. Grundschuldbriefehandel: Schon seit einem Jahrhundert werden Eigentümer von Grund- und Boden mit dem angeblichen Handel mit Grundschuldbriefen betrogen. Warentermingeschäfte: Seit mindestens dreißig Jahren verlieren Anleger Geld bei Handel mit Waren auf Termin und den Rechten daran. Weitere Bespiele?
Welche Gegenstrategien gibt es?
Wie oben geschildert erzeugt der gefährliche Mix aus krimineller Energie und Cleverness der professionellen Anlagebetrüger bei den vertrauensvollen Anlegern ein falsches Sicherheitsgefühl, das falsches Vertrauen aufbaut und möglicherweise kritische Fragen nach Hintergründen oder langfristigen Strategien gezielt in den Hintergrund drängt. Ist diese Schwelle erst einmal überschritten, gelingt es den Anlegern meist nicht, vor Schadenseintritt die Notbremse zu ziehen, wenn gegebenenfalls von dritter Seite die ersten Hinweise auf Mängel in der vermeintlichen Seriosität der Anlage auflaufen. Aufgrund der psychologisch geschickt aufgebauten Hemmschwelle, sich selber seine ausgenutzte Gutgläubigkeit einzugestehen, wird der Anleger gut gemeinte Hinweise zunächst ablehnen und aufgrund der eigenen Sachnähe – man ist ja ausführlich beraten worden und hat alle Informationen bekommen – darauf vertrauen, dass die Anlage seriös ist. Dies ist den Anlagebetrügern bewusst und von ihm gewollt. Vielfach wird, wie oben bereits erläutert, hier der aufwändig aufgebaute Anschein der Seriosität nicht durchbrochen.
Um solchen psychologischen Fallen schon im Vorfeld zu entkommen bedarf es lediglich einiger weniger einfacher Schritte, um die vermeintlich hochprofitable Anlagestrategie auf ihre Seriosität und Hintergrund abzuklopfen. Genauere Kenntnis von Anlagestrategien und theoretischen Hintergründen sind dabei zwar von Vorteil, jedoch nicht zwingend notwendig. Vielfach reicht es schon, sich die Kompetenzträger bzw. Anlagevermittler genauer anzuschauen und deren Vergangenheit einer kritischen Durchleuchtung zu unterziehen. Anlagevermittler kommen selten „aus dem Nichts“. Zwar ist es heute nicht unüblich, per so genannter „Kalt-Aquise“ unbekannte potentielle Anlageopfer unter einem Vorwand anzurufen bzw. anzusprechen und im Laufe des Gespräches dann auf den hochprofitablen Geheimtipp zu kommen. Bei solcher Vorgehensweise sollte man versuchen, auf das eigene, meist funktionierende Bauchgefühl zu hören und nicht den vermeintlichen goldenen Worten des Gesprächspartners vertrauen.
Es reicht dann vielfach schon, sich zu überlegen, warum man angesprochen wurde. Was hat der Anpreiser der Anlage davon? Warum wurde man selbst angesprochen? Hätte statt mir ein beliebiger anderer angesprochen werden können?
Psychologisch geschulte Anlagevermittler versuchen den potentiellen Kunden im Gespräch häufig auf so genannte „Ja-Straßen“ zu führen, mit Hilfe deren das zukünftige Opfer mittels geschickt gelenkter Argumentation dazu gebracht wird, jede (rhetorische) Frage euphorisch mit einem „Ja“ zu beantworten: „Wollen Sie Ihr Vermögen gewinnbringend anlegen? Wollen Sie kurzfristige Erfolge? Wollen Sie Steuern sparen?“ Wer will das nicht? Diese Argumentation ist leicht durchschaubar und kann mit kritischer Betrachtung durchbrochen werden. Schnell auf einem Schmierblatt aufgezeigte Rechenbeispiele können durch konsequentes Nachfrage und abändern ins Wanken gebracht werden. So reicht oft schon freundliche und beharrliche Neugier um durch gezielte Fragen hier Widersprüche aufzudecken. Stellen Sie Fragen, die der andere nicht erwartet. Der Anlagebetrüger weiß, welche kritischen Fragen er in welcher Form entkräften kann. Stellen Sie Fragen, die er nicht erwartet! Brechen Sie den Argumentationszusammenhang und konfrontieren Sie ihn mit Ihren Argumenten.
Oft ist es auch hilfreich, die Vergangenheit der Hintermänner und Vermittler zu betrachten. Was hat er vorher gemacht? Warum bietet er unter neuem Namen ein altes Produkt an? Wieso bietet er nun ein völlig anderes Produkt an und versucht, sein altes Produkt schlecht zureden? Sag mir, woher Du kommst, und ich sage Dir, wer Du bist. Eine Recherche ist gar nicht schwer. Eine kurze Suchanfrage im Internet mit einer Namensangabe und den Hintermänner bringt oft erstaunliche Ergebnisse. Vielfach ist die angepriesene einmalige Gelegenheit ein alter Hut, der schon vielfach unter neuem Namen wiederverwertet worden ist. Oft wechseln nur die Produkte und nicht die Namen dahinter.
Wenn möglich sollte man auch das Vermögen der handelnden Personen überprüfen. Wie hoch ist die Kapitaldecke? Wie wird die eigene Investition in die Anlagemasse eingebracht? Wie hoch ist die Beteiligungsquote? Auch ist es hilfreich, sich nach Referenzen zu erkundigen. Gerade im so genannten grauen Kapitalmarkt wird die Beantwortung solcher Fragen die eigene Kritikfähigkeit stärken. Wer viel verspricht hält meist nur wenig. Gerade wenn von der „einmaligen Gelegenheit“ die Rede ist, ist Vorsicht geboten. Meist wird dem Anleger nur ein kurzes Zeitfenster eröffnet, welches mit eindruckvollem Prospektmaterial und Blendwerk illustriert wird. Hier wird gezielt versucht, den Anleger zu blenden und danach zu einer schnellen Entscheidung zu drängen. Nehmen Sie sich Zeit und sprechen mit ihrem Anwalt oder Steuerberater über die Anlage. Oft reicht ein kritischer Blick von dritter Seite um Hintergründe aufzudecken und das Kartenhaus in sich zusammenfallen zu lassen.
Sinnvoll ist es, seine eigene bisherige Anlagestrategie in diesem Zusammenhang zu betrachten. Meist ist man mit dieser bisher gut gefahren. So groß die Verlockung auch sein mag, die buchstäbliche goldene Nase ist schwer zu verdienen. Sind es die versprochenen kurzfristigen Erfolge wert, die bisherigen Depots, Fonds und Versicherungen aufzulösen und einen gegebenenfalls geringeren Rückkaufswert in Kauf zu nehmen? Eine sinnvolle Risikoverteilung ist meist besser als eine blinde Konzentration auf eine Anlage.
Letztendlich ist auch ein Blick auf die personelle und organisatorische Struktur der Anlagevermittler hilfreich. Wer ist die Kontaktperson und wer ist der Ansprechpartner im Bedarfsfall? Wie tritt der Anlagenvermittler auf? Meist verdeckt ein grosspuriges Auftreten die Leere dahinter. Dann ist es so, das bis zum Abschluss des Vertrages ein intensiver Kontakt besteht, der jedoch nach Abschluss abrupt versiegt. Wenn dann der Geschäftssitz des Anlagenanbieters im (Nichteuropäischen) Ausland ist wird die Luft dünn. Dies erschwert später eine unter Umständen gerichtliche Auseinandersetzung. Häufig ist ein Indiz für eine dubiose Anlageform der Umstand, dass der Ansprechpartner nur schwer identifizierbar ist. Eindrucksvolle Namensangaben und Titel auf dem Briefkopf und sowie unerreichbare Telefonnummern ersetzten nicht den persönlichen Kontakt.
Äußerste Vorsicht ist auch bei so genannten „sicheren“ Geldanlagen „mit Rückkaufsgarantie“ geboten. Hier werden hier unter der Bezeichnung „Garantie“ Dinge in Aussicht gestellt, welche diesen Namen nicht verdienen und an Bedingungen geknüpft werden, welche in der Realität sowieso nicht eintreten. Zuletzt gilt im Zweifel immer ein allgemein bekannter „Tipp“, der trotzdem selten beachtet wird: Lesen Sie sich den Vertrag durch, den Sie unterschreiben wollen und lassen Sie sich dafür Zeit. Drängen Sie darauf, den Vertrag vor dem Unterschreiben alleine und in Ruhe durchzulesen. Seriöse Vermittler werden nichts dagegen haben. Fragen Sie, wenn Ihnen etwas unklar ist. Lassen Sie sich nicht überrumpeln!
Was tun im Schadensfall? Wie kann ich Schadenersatz durchsetzen?
Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist und sich die Versprechungen nicht erfüllt haben gilt es schnell zu handeln. Jedes Zögern rächt sich dann im Nachhinein. Wichtig für eine erfolgreiche Anspruchsdurchsetzung ist zunächst eine umfangreiche Beweissicherung. Sämtliche die betrügerische Anlage betreffenden Umstände sind soweit möglich, deutlich zu dokumentieren. Vielfach ist entgegen der anfänglichen Befürchtung eine Fülle von Beweismaterial verfügbar. Die kleinsten Dinge können später eine entscheidende Bedeutung bekommen. So sollte zunächst eine Aufstellung genauester Art über den Ablauf und die Vermittlung der Kapitalanlage erstellt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass Tag, Ort, beteiligte Personen und Inhalte peinlich genau dargestellt werden, möglichst in digitalisierter Form, um später den Datenaustausch mit dem Anwalt zu erleichtern. Danach sind nun sämtliche Informationen über die Vermittlerseite zu sammeln. Was wissen Sie über die Beteiligten? Wie lauten die Vor- und Zunamen der Beteiligten? Wo wohnen diese privat? Wie sind die Wohnverhältnisse? Es ist unbedingt nötig, soweit möglich einen Handelsregisterauszug des Unternehmens zu erlangen, um die Hintermänner zu enttarnen.
Gegebenenfalls sind Daten über das Verkaufsobjekt zu sammeln, zum Beispiel Gutachten, Prospekte, Pläne, Grundbuchauszüge, Auszüge aus WEG Unterlagen, etc. Dringend angeraten wird auch, es zu versuchen, andere Geschädigte zu finden oder auch das Gespräch mit der Verkäuferseite, der Bankseite oder anderen Mietern der Verkaufsobjekte zu suchen. Oft kann schon ein Nachfragen bei den Verbraucherzentralen nach anderen Fällen zu einem unerwarteten Erfolg führen. Beauftragen sie gegebenenfalls den Steuerberater mit der Anfertigung eines Gutachtens. Dringend erforderlich ist es, der Vermittlerseite nicht zu dokumentieren, dass nunmehr Informationen zur Beweissicherung gesammelt werden. Behalten Sie Ihre Trümpfe in der Hinterhand!
Sinnvoll ist es, sämtliche Informationen gezielt nach Bereichen zu ordnen und ein Inhaltsverzeichnis sowie eine Zeittafel zu erstellen. Sammeln sie alle relevanten Kontoauszüge, Überweisungsbelege und Rechnungen. Oft sind Beteiligte in der Lage, das Geschehene auf Nachfrage detailliert zu bezeugen. Vor Gericht müssen Sie den Nachweis einer Falschberatung führen!
Danach sollten in enger Abstimmung mit einem auf Kapitalanlagerecht spezialisierten Rechtsanwalt mögliche weitere Schritte sinnvoll geprüft werden. Oft hat es keinen Sinn, sofort die gerichtliche Auseinandersetzung mit unsicherem Ausgang zu suchen. Ein guter Anwalt erarbeitet mit dem Mandanten eine individuelle Strategie zur Durchsetzung des Schadenersatzanspruches. Leider gibt es auch dort schwarze Schafe. Gehen Sie zu einem Spezialisten, Unwissenheit kostet Ihr Geld!
Vielfach fangen nun die Probleme jedoch erst richtig an: Die Aufrechterhaltung der Durchsetzung kostet Geld, beispielsweise für Vorschüsse, Beweissicherungskosten, und andere auflaufende finanzielle Belastungen. Dann laufen häufig die durch die fehlerhafte Beratung entstandenen Folgekosten aus dem Ruder, zum Beispiel Ausfälle der im Rahmen einer Mietgarantie zugesagten Mieteinnahmen, Tilgungskosten für Darlehen sowie Steuernachzahlungen. Die Ausgaben zur Erlangung eines Schadenersatzes können diesen bei unbedachter Vorgehensweise übersteigen.
Häufig erschwert auch eine zu große Gruppe an Mittätern die Rechtsverfolgung, ein Verschulden im Einzelfall nachgewiesen werden muss. Es liegt dann eine so genannte „Atomisierung der Verantwortung“ vor, jedem für sich ist kein ausreichendes Verschulden nachweisbar, erst im gezielten Zusammenwirken der Beteiligten ist der Anlagebetrug entstanden. Die Folge ist dann ein langwieriger Prozess mit massiven Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Schadenersatzes. und Beweisschwierigkeiten zu rechnen. Haftungsprobleme ergeben sich meist aus der Tatsache, dass die finanzierenden Banken regelmäßig nicht belangt werden können, obwohl ihnen die Risiken bewusst sind. Die Bank trifft hier regelmäßig kein Aufklärungsverschulden, da diese nur als Hilfsmittel zu Finanzierung genutzt wird, diese Finanzierung selbst jedoch nicht initiiert.
Manchmal ist es schon ausreichend, dem Gegner ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren in Aussicht zu stellen, um hier ein Entgegenkommen zu begünstigen. Diese legale Drohkulisse kann bei Anlageanbietern aus Übersee natürlich keinen Schrecken verursachen. Letztendlich kann es im Einzelfall günstiger sein, einen auf den ersten Blick unvorteilhaften Vergleich zu erzielen, als auf einen langen Prozess mit ungewissem Ausgang zu hoffen, während dauernd das Insolvenzrisiko der Anlagegesellschaft droht und man letztendlich mit Urteil ohne Wert dasteht.
Sollte eine außergerichtliche Einigung mit dem Anlagebetrüger nicht zustande kommen, gilt es nun, die richtige Strategie für den Prozess zu bestimmen. Meist ist es sinnvoll, den Schadensersatzanspruch an ein Familienmitglied oder nahen Verwandten zu übertragen, um im Prozess selbst als Zeuge auftreten zu können und so in die Beweissituation zu erleichtern. Häufig scheitern Prozesse daran, dass die klagende Partei ihrer so genannten Beweislast nicht genügen kann. Vor Gericht hat der Anspruchsteller die für ihn günstigen Tatsachen zu beweisen. Dies kann wegen der oben genannten Probleme im Einzelfall schwierig sein. Vielfach macht sich dann die geleistete Beweissicherungsarbeit im Vorfeld des Prozesses bezahlt. Wenn dann noch bereits rechtskräftige Urteile in vergleichbaren Fällen vorliegen, besteht eine gute Chance, hier die ungeliebte Anlage gegebenenfalls mit einem minimalen Verlust anzustoßen.
Abschließend ist festzustellen, dass gegen das ideale Betrugsmodell des Jahres 2005 auch ideale Gegenstrategien ins Feld geführt werden können. Entscheidend ist jedoch, es nicht so weit kommen zu lassen. Meist reicht es schon, den gesunden Menschenverstand walten zu lassen, wenn einem mal wieder der todsichere Anlagetipp mit Traumrendite angepriesen wird.