Neuerdings häufen sich Fälle, in denen Werbekunden des Suchmaschinenbetreibers Google Markenverletzungen vorgeworfen werden, weil sie Markenbezeichnungen zwar nicht offen, aber als Suchbegriffe für ihre Werbeanzeigen verwendet haben. Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte aus der Kanzlei Dr. Schulte und sein Team in Berlin wo die Gefahren liegen.
Markenrechtsverletzung in der Werbung?
Die Gefahr für Unternehmer, wegen einer Markenverletzung im Internet bei Google in Anspruch genommen und haftbar gemacht zu werden, geht auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes vom Mai 2006 zurück. Diese Entscheidung betraf Markenbezeichnungen, die im Quelltext oder Quellcode von gewerblichen Internetseiten versteckt wurden. Der Quelltext ist derjenige Text, den Suchmaschinen nach Suchbegriffen auslesen, die dritte Personen bei der Suchmaschine zuvor abgefragt haben. Der Quelltext ist nicht notwendigerweise mit dem Text auf der Internetseite identisch. Dies führte dazu, dass einige Betreiber von Internetseiten im Quelltext bestimmte markenrechtlich geschützte Bezeichnungen versteckt hatten. Da Internetnutzer diese häufig als Suchbegriffe in Suchmaschinen eingeben, erhöht sich dadurch die Trefferquote für die eigene Internetseite. Die Suchbegriffe selbst erschienen jedoch nicht auf der Internetseite. Nicht selten steckte hinter dieser Vorgehensweise der Webadministrator der unternehmerischen Internetseite, der dadurch die Zugriffsrate auf die Internetseite erhöhen wollte, auch ohne das der Inhaber der Internetseite davon wusste.
Dr. Thomas Schulte erläutert die Quellentext- Entscheidung des BGH:
In der sogenannten „Quelltext-Entscheidung“ entschied der Bundesgerichtshof, dass die Nutzung von fremden Markenbegriffen zur Erhöhung der Trefferquote der eigenen Internetseite eine kennzeichenmäßige Nutzung darstellt (BGH, Urt. v. 18.05.2006 – I ZR 183/03). Auch wenn der Begriff selbst gar nicht erscheint, so mache sich der für die Internetseite Verantwortliche doch das Interesse der Internetnutzer an der markenrechtlich geschützten Bezeichnung zunutze und könne deshalb von dem Inhaber der Marke auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden.
Neue Urteile seit 2007 – Übertragung der Grundsätze bei der AdWord-Werbung bei Google
Diese noch relativ junge obergerichtliche Rechtsprechung ist bereits ein Jahr später, im Juli 2007, vom Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart auf die sogenannte AdWord-Werbung bei Suchmaschinen wie Google übertragen worden. Dabei gibt der Werbekunde gegenüber Google für die von ihm geschaltete Anzeige ein oder mehrere Stichworte bekannt, über deren Eingabe der Internetnutzer dann zu der Anzeige gelangt. Ebenso wie es bei der Festlegung der Begriffe im Quelltext nicht erforderlich ist, dass diese Begriffe auch auf der dazugehörigen Internetseite erscheinen, müssen auch die vorab festgelegten Stichwörter für die AdWord-Werbung bei Google nicht in der Anzeige erscheinen. Nach Auffassung des OLG Stuttgart mache sich der Werbende auch im Fall der Werbung bei Google die Signalwirkung von markenrechtlich geschützten Bezeichnungen zunutze und begeht damit eine Markenrechtsverletzung.
Diese Ansicht wird mittlerweile auch von anderen Oberlandesgerichten geteilt. So existieren entsprechende Entscheidungen der Oberlandesgerichte Braunschweig und Dresden aus dem Jahr 2007. Auch wenn in einigen Fällen die Übertragbarkeit der Quelltext-Entscheidung auf die AdWord-Werbung offen gelassen wurde und eine höchstrichterliche Entscheidung durch den Bundesgerichtshof noch aussteht, so ist doch das Risiko, wegen der Verwendung markenrechtlich geschützter Begriffe in Anspruch genommen zu werden, mittlerweile erheblich.
Warum sollte ich meine Werbeagentur kontrollieren?
Dr. Thomas Schulte rät zur Kontrolle: „Denjenigen Unternehmen, die Anzeigen bei Google geschaltet haben, ist zu empfehlen, die für die AdWord-Werbung ausgewählten Stichwörter im Hinblick auf markenrechtlich geschützte Begriffe zu überprüfen. Dies trifft auch und gerade dann zu, wenn die Werbung nicht von dem Werbenden selbst, sondern von dritter Seite, etwa durch eine Agentur, entworfen wurde. Nicht jede Werbeagentur verfügt nämlich über eine qualifizierte Rechtsabteilung und angesichts des zunehmenden Drucks bezüglich der Suchmaschinen-Optimierung wäre ein allzu sorgloser Umgang nicht zum ersten Mal vorgekommen.“
Wann ist ein Begriff markenrechtlich geschützt?
Die Frage, welche Begriffe überhaupt markenrechtlich geschützt sind, ist damit allerdings noch nicht beantwortet. Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte erklärt den juristischen Begriff: „Grundsätzlich schützt das Markenrecht Zeichen, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen so zu kennzeichnen, dass man sie von Produkten anderer Hersteller oder Anbieter unterscheiden kann. Dies trifft natürlich auf sehr viele Herstellerbezeichnungen zu. Einige Bezeichnungen stellen allerdings nur allgemein beschreibende Begriffe dar. Solche Begriffe sind nicht schutzfähig, da hier ein Freihaltungsbedürfnis anzunehmen ist. Meist sind solche allgemein beschreibende Begriffe auch Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs. In diesem Fall kann man die Unterscheidungsfähigkeit des Begriffs, der Voraussetzung für einen Markenschutz ist, ggf. durch das Gesamterscheinungsbild einer Marke erhalten.“
Einfacher ausgedrückt: den „kuschelweichen“ Weichspüler gibt es nicht ohne das ihn begleitende Plüschtier. Aus der Eingabe von „kuschelweich“ als bloßes Stichwort lässt sich aber keine Markenrechtsverletzung herleiten, weil dieser Begriff Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs und nicht unterscheidungskräftig genug ist.
Bei den Stichwörter, die Internetnutzer typischerweise eingeben und von denen sich Zielgruppen angezogen fühlen, handelt es sich jedoch häufig um Eigennamen, die durchaus unterscheidungskräftig sind. Deshalb ist bei der Verwendung solcher Begriffe im Quelltext oder im stichwortbezogenen Online-Marketing Vorsicht geboten. Die unangenehmen Folgen einer Markenrechtsverletzung wiegen die Vorteile einer erhöhten Trefferquote einer Internetseite sehr schnell auf.