Im Rahmen einer Weiterbildungsveranstaltung zum Thema: Internetrecht und Persönlichkeitsrechte referierte Privatdozent Dr. iur habil. Erik Kraatz vor Juristen.
Dr. Kraatz: „Es ist schon fast zu einem Volkssport geworden, seinen eigenen Namen zu googlen. Die Suchmaschine ist absoluter Marktführer und kann durch die Anzeigeergebnisse auf Seite 1 oder 2 die Reputation vernichten oder verbessern.“
Tipps und Tricks hierzu: Grundsatz „Eigenkontrolle durchführen“. Dr. Kraatz: „Programme wie Sistrix.de oder andere Anbieter geben Firmen und Privatpersonen die Möglichkeit die Veränderungen im Suchindex zu kontrollieren und schnell zu reagieren.“
Nicht selten führt dies zu überraschenden Ergebnissen und Links auf Seiten, die der eigenen Reputation nicht förderlich sind, wie etwa Hasstiraden oder negative Berichte über das eigene Geschäftsgebaren. Da in der heutigen Welt auch viele Geschäftsleute den Namen ihres künftigen Geschäftspartners vorher googeln, ist es elementar wichtig, hier nicht durch unwahre Tatsachen, Behauptungen oder ehrverletzende Äußerungen im Internet einen schlechten Ruf zu besitzen.
Angesichts der Bedeutung von Google als Suchmaschinenbetreiber kommt es damit maßgeblich darauf an, welche Seiten mit welchen Textausschnitten bei Google angezeigt werden. Befindet sich auf den Seiten, auf die verwiesen wird, rechtswidriger Content, sollte Google hierauf unbedingt hingewiesen werden.
Grundsatz Meldungspflicht: Es scheint sich durchzusetzen in der Rechtsordnung, dass nicht derjenige, der handelt Prüfungspflichten hat, sondern das Opfer hinweisen muss.
Dr. Erik Kraatz: „Offenbar scheint im Moment allen Juristen vom Amtsgericht bis zum Europäischen Gerichtshof die Idee, dass Handelnde wie Google, technische Betreiber und andere wie Forenbetreiber selber aufpassen müssen, nicht vorstellbar!“
Also lautet der Tipp: Verstoß melden und dokumentieren, sowie Zustellung nachweisen!
Grundsatz: Übertragungsgrundsatz des deutschen Presserechts
Reagiert Google auf das Löschungsbegehren nicht und löscht nicht die entsprechenden Ergebnisse in der Ergebnisanzeige, so greift der von der Rechtsprechung bereits im Presserecht entwickelte Grundsatz der faktischen Wiederholung. Dies bedeutet, dass wenn Google den Eintrag nicht löscht und damit weiterhin zu seiner Verbreitung beiträgt, dass dies angesichts der ständigen Abrufbarkeit des Internets mit einer eigenen Wiederholung des fremden ehrverletzenden Beitrags verbunden ist. Insoweit haftet dann Google, als wenn sie selbst diese Äußerung getätigt hätte. Dies kann neben einer Abmahnung durchaus Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.
Diesbezüglich Aufsehen erregt hat ein Beschluss des Oberlandesgericht Hamburg bereits aus dem Jahr 2010 (Aktenzeichen 7 W 5/10), der leider vielen nicht bekannt ist: Da sich nicht nur die Seite www.google.de, sondern auch die Suchmaschinenseite www.google.com grundsätzlich an das deutsche Publikum richtet, besteht der Löschungsanspruch selbstverständlich auch für die Seite www.google.com. Auch hierauf sollten Betroffene dringen, um sicherzustellen, dass ihr guter Ruf auch im Internet besteht.
Aktuelle Diskussionen 2014 um die Haftung von Google
1. Generelle Filterpflichten von Google als gewerblicher Suchmaschine mit marktbeherrschender Stellung?
Derzeit wird es überwiegend für nicht zumutbar erachtet, dass Suchmaschinenbetreiber wie Google präventiv Ihre Suchmaschinenergebnisse nach rechtswidrigem Content filtern. Aber auch hier hat ein erstes Umdenken stattgefunden, mehreren sich doch die Stimmen, die hinsichtlich der Zumutbarkeit zu Recht zwischen privaten Anbietern etwa eines kleinen Forums zum Erfolg des letzten Nachbarschaftstreffens und gewerblichen Anbietern unterscheiden wollen; angesichts der marktbeherrschenden Stellung von Google als Weltkonzern mit deutlich mehr Möglichkeiten sollten hier die Zumutbarkeitsgrenzen zugunsten des Rechtsschutzes Betroffener deutlich weiter gezogen werden.
2. Unmittelbare Verantwortlichkeit von Google für angezeigte Textausschnitte und angezeigte Thumbnail-Bilder?
Unter Suchergebnissen angezeigte Textausschnitte (sogenannte Snippets) sind genauso wie angezeigte Bilder zählen rechtlich als eigener Inhalt von Google, dennoch hat die Rechtsprechung hier bislang entschieden, dass der durchschnittliche Nutzer dies als Fremd-Content einschätzt und daher Google nicht zuordnet, so dass Google hier auch erst „auf Zuruf“ einer Rechtsverletzung zu einer Löschung verpflichtet sein soll. Dies kann jedoch nicht generell sein, da der Vergleich zwischen hetzerischen Überschriften, hetzerischen Schlagzeilen und provokativ anmoderierten Meinungsforen, wo der Forenbetreiber unstreitig unmittelbar haftet, sind nicht von der Hand zu weisen.
3. Umfang der sekundären Pflichtpflichten nach Mitteilung von Ergebnissen, die auf ehrverletzenden Inhalt verweisen
Wird Google eine Rechtsverletzung mitgeteilt, so ist der Suchmaschineneintrag „unverzüglich“ zu löschen, wobei der Zeitraum hier derzeit diskutiert wird; im Gespräch sind lediglich „mehrere Stunden“.
4. Das „Recht auf Vergessen“ (Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 13.05.2014 – C-131/12) contra das „Recht auf Wahrheit“ als „Grundfessel“ jeder Rechtsordnung
Der Europäische Gerichtshof hat mit einem wegweisenden Urteil ein „Recht auf Vergessen“ begründet und damit Google die Löschung älterer, einer Person unliebsamer Informationen aufgegeben – auch das Internet soll vergessen. Abgesehen von der technischen Möglichkeit der Umsetzung steht er konträr zum „Recht auf Wahrheit“, das in unserer Rechtsordnung fest verankert ist und daher den Vergessensanspruch rechtlich begrenzt.
5. Google als Verantwortlicher für die „Verarbeitung personenbezogener Daten“ bei der reinen Anzeige von Suchmaschinenergebnissen
Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs betreibt Google durch die Erstellung von Suchmaschinenseiten eine Verarbeitung personenbezogener Daten, was umfangreiche datenschutzrechtliche Pflichten nach sich zieht, deren Reichweite derzeit diskutiert werden.