Die Erteilung der Restschuldbefreiung wird im Datenbestand des Betroffenen bei der SCHUFA Holding AG gespeichert – Endlich die Restschuldbefreiung erteilt, jetzt kann es weitergehen – Sieht das die Wirtschaft auch so?
Zahlreiche Menschen in der Bundesrepublik Deutschland sind entweder aufgrund eigenen Verschuldens oder weil sie dritten Personen vertraut haben und damit eigentlich unverschuldet, in finanzielle Bedrängnis geraten. Ein Ausweg aus dieser Situation ist der Weg in die Insolvenz.
Während des Insolvenzverfahrens sind die Insolvenzschuldner in aller Regel redlich bemüht, ihre Gläubiger zu befriedigen. Hierzu wird den Insolvenzschuldnern ein Treuhänder zur Seite gestellt. Dieser erhält den pfändbaren Teil des monatlichen Gehalts, um die Gläubiger befriedigen zu können.
Nach einer entbehrungsreichen Zeit steht am Ende des Insolvenzverfahrens die Erteilung der Restschuldbefreiung.
Der Insolvenzschuldner hat es geschafft und kann nun wieder voller Zuversicht in die Zukunft schauen. Ist das wirklich so? Die Zukunft voller Zuversicht sieht nach den Erfahrungen der Rechtsanwälte Dr. Schulte und Team leider nicht so aus.
Eintragung der Restschuldbefreiung im Datenbestand des Betroffenen bei der SCHUFA Holding AG
Die Erteilung der Restschuldbefreiung muss nach den gesetzlichen Vorgaben des § 9 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) in Verbindung mit § 2 der Verordnung über öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren (InsBekV) veröffentlicht werden. Hierfür wurde das Portal www.insolvenzbekanntmachungen.de geschaffen.
Die Insolvenzbekanntmachungsverordnung enthält aber eine zeitliche Einschränkung. So ist die Veröffentlichung über die Erteilung der Restschuldbefreiung auf dem Portal www.insolvenzbekanntmachungen.de nach sechs Monaten – gerechnet ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung – zu löschen.
Des Weiteren ist eine uneingeschränkte Suche für jedermann nur für die Dauer von zwei Wochen ab dem Tag der Veröffentlichung möglich. Nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist müssen weitere Angaben, wie z.B. der Wohnort des Insolvenzschuldners, das Insolvenzgericht oder auch das Aktenzeichen des Insolvenzverfahrens angegeben werden, um ein Suchergebnis erzielen zu können.
Die zeitlichen Einschränkungen in der Insolvenzbekanntmachungsverordnung eröffnen durchaus die Diskussion, ob es sich bei dem Portal www.insolvenzbekanntmachungen.de um eine allgemein zugängliche Quelle handelt.
Stellt das Portal www.insolvenzbekanntmachungen.de eine allgemein öffentliche Quelle im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes dar?
Bisher gehen die deutschen Zivilgerichte davon aus, dass es sich bei dem Portal www.insolvenzbekanntmachungen.de um eine allgemein zugängliche Quelle handelt.
Nach der Auffassung der Rechtsanwälte Dr. Schulte und Team kann diese Auffassung jedoch nicht so einfach Bestand haben. Warum?
Das Portal www.insolvenzbekanntmachungen.de ist nicht so ohne weiteres eine allgemein zugängliche Quelle. Eine uneingeschränkte Suche ist immer nur für die Dauer von zwei Wochen gerechnet ab dem Tag der Veröffentlichung möglich. Dies spricht dafür, dass für die Dauer von zwei Wochen ab dem Tag der Veröffentlichung eine allgemein zugängliche Quelle vorliegt. Aber was ist nach Ablauf dieses Zeitfensters?
Um ein Suchergebnis erzielen zu können, sind weitere Angaben erforderlich. Kann hier wirklich davon ausgegangen werden, dass „jedermann“ über diese weiteren Angaben verfügt?
Wohl kaum, so die Auffassung der Rechtsanwälte Dr. Schulte. Praktisch würde das nämlich bedeutet, dass jeder über jeden genaustens Bescheid weiß.
Wie lange muss der Betroffene mit dem Eintrag, dass ihm die Restschuldbefreiung erteilt wurde, in seinem Datenbestand leben?
Die Gerichte gehen davon aus, dass die SCHUFA Holding AG die Erteilung der Restschuldbefreiung für die Dauer von 3 Jahren speichern darf. Die Frist beginnt ab dem Kalenderjahr, welches dem Eintrag folgt. Ist die Restschuldbefreiung zum Beispiel im August 2008 erteilt und im Datenbestand eingetragen worden, beginnen die 3 Jahre am 01.01.2009 zu laufen. Die Prüfungsfrist endet dann am 31.12.2011.
Für die Betroffenen dauert damit das bereits beendete Insolvenzverfahren fort und ist auch nach 6 Jahren noch nicht beendet. Gerade Betroffene die am Anfang des Jahres die Restschuldbefreiung erhalten haben, müssen noch fast vier weitere Jahre mit diesem „Makel“ leben und sind wahrscheinlich nicht oder weiterhin nur beschränkt kreditwürdig.
Hier wird durch die Rechtsanwälte der Kanzlei Dr. Schulte und Team weiterhin die Auffassung vertreten, dass die Speicherpraxis der Auskunfteien angreifbar ist. Es geht hier um Fragen nach der Auslegung des Bundesdatenschutzgesetzes und auch um Fragen des Europarechts. Hierzu hatten sich Dr. Gärtner und Dr. Schulte bereits in einem wissenschaftlichen Beitrag in der Zeitschrift Verbraucher und Recht (VuR 2012, 54 ff.) geäußert.
In § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Bundesdatenschutzgesetz ist geregelt, wann gespeicherte Einträge zu prüfen sind. Danach besteht für nicht erledigte Sachverhalte eine Prüfungsfrist nach vier Jahren und für erledigte Sachverhalte eine Prüfungsfrist von drei Jahren. Die Frist wird berechnet ab dem Kalenderjahr, welches der erstmaligen Speicherung folgt.
Bei Einträgen durch Banken lässt sich der Tag der ersten Eintragung meist ohne weiteres nachvollziehen. Jedoch gilt dies nicht unbedingt auch für Mitteilungen aus öffentlichen Verzeichnissen, welche ebenfalls gespeichert werden.
Im Datenbestand des Betroffenen wird vermerkt, dass das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Diese Angabe ist unter „Mitteilungen aus öffentlichen Verzeichnissen“ gespeichert. Hier wird seitens der Rechtsanwälte Dr. Schulte die Auffassung vertreten, dass dies gemäß dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Bundesdatenschutzgesetz die erstmalige Speicherung darstellt. Ab dem dieser Speicherung folgenden Kalenderjahr würden damit die nach dem Bundesdatenschutzgesetz maßgeblichen Prüfungsfristen zu laufen beginnen.
Die erste Prüfungsfrist endet dabei nach 4 Jahren. Zu diesem Zeitpunkt ist jedoch das Insolvenzverfahren noch nicht abgeschlossen. Somit würde erneut eine weitere Prüfungsfrist von vier Jahren zu laufen beginnen. In diesem zweiten Prüfungszeitraum wird in aller Regel die Restschuldbefreiung erteilt und somit gesehen das Insolvenzverfahren erledigt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes verkürzt sich damit die Prüfungsfrist auf nur noch drei Jahre.
Mit der Speicherung des Merkmals „Erteilung der Restschuldbefreiung“ werden in der Regel die vorhergehenden Einträge, die das Insolvenzverfahren betreffen, gelöscht und durch den Eintrag „Restschuldbefreiung erteilt“ ersetzt. Der Betroffene kann die erstmalige Speicherung anlässlich seines Insolvenzverfahrens dann meist nicht mehr als seiner eigenen Selbstauskunft erkennen.
Gibt es Möglichkeiten dagegen vorzugehen?
Betroffene sollten trotz der aktuellen Entwicklung der Rechtsprechung vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten nicht den Mut verlieren und sich an einen Rechtsanwalt wenden, der sich im Datenschutzrecht auskennt. Eine Prüfung des Sachverhalts und der daraus resultierenden Erfolgsaussichten kann erst nach Klärung der kompletten Angelegenheit erfolgen.
Hierbei gilt: Nicht jeder Weg führt gleich zum Ziel. Oftmals müssen steinige Umwegen gegangen werden, um das Ziel zu erreichen. Für die Betroffenen ist die Insolvenz häufig eine schwere Bürde.
Aktualisierung vom 27.20.2020
Der Gesetzgeber diskutiert gerade, ob das geltende Datenschutzrecht zu Gunsten von Restschuldbefreiten geändert werden soll. Es lohnt sich also am Thema dran zu bleiben.