Die Informationen, die Anleger zur Grundlage von Anlageentscheidungen machen, sind von elementarer Bedeutung. Eine wichtige Informationsquelle sind Prospekte, die teilweise gesetzlich vorschrieben sind. Die Rechtslage verändert sich hier ständig. Prospekte, Prospekte – von der Wiege bis zur Bahre.
Ein Prospekt der Prokon-Unternehmensgruppe war nun Gegenstand der richterlichen Überprüfung. Die PROKON verfügt nach eigener Darstellung „bereits über 16 Jahre Erfahrung in ökologischen Geldanlagen und hat sich zum erfolgreichsten Anbieter im Bereich der Genussrechte entwickelt.“
In einer durch die Verbraucherzentrale Hamburg geführten Klage hat das OLG Schleswig am 05.09.2012 entschieden, dass der Verkaufsprospekt der Prokon-Unternehmensgruppe irreführende Werbeaussagen zur vermeintlichen Sicherheit und zur angeblichen „maximalen Flexibilität“ der Geldanlage enthalte. Das beklagte Unternehmen der Prokon-Unternehmensgruppe hatte seine Kapitalanlage in sogenannte Genussrechte damit beworben, dass hier eine „maximale Flexibilität“ der Geldanlage vorhanden sei. Diese Werbung hat das OLG Schleswig der betreffenden Prokon-Gesellschaft nunmehr untersagt.
Nach Rechtsauffassung des OLG Schleswig stellt die Kapitalanlage in Genussrechte keine ebenso sichere Geldanlage dar, wie die Geldanlage bei einer Bank auf einem Sparbuch. Im Fall der Insolvenz des Unternehmens hätten die Anleger der Genussrechte keine gesetzliche Sicherung, die bei einem Sparbuchguthaben bis zu 100.000,00 € pro Sparer vorhanden sei.
Zudem stellte das Gericht fest, dass das eingesammelte Kapital auch keineswegs von der Anlagegesellschaft selbst unmittelbar in den Auf- und Ausbau von Windparks gesteckt werdn. Das Unternehmen vergebe viel mehr Darlehen an andere Unternehmen der Prokon-Unternehmensgruppe für deren Investitionen und erhalte hierfür verzinsliche Darlehensrückzahlungsansprüche. Selbst besitze das Unternehmen, welches die Genusscheine ausgebe, weder Windkraftanlagen, noch betreibe es sie.
Die Zusage eines Höchstmaßes an Flexibilität treffe nicht zu, so das OLG Schleswig. Ein Höchstmaß an Flexibilität verspreche die Möglichkeit einer kurzfristigen und einfachen Auflösung der Geldanlage. Dies treffe aber auf die von der Beklagten Gesellschaft ausgegebenen Genussrechte bei weitem nicht zu, so das Gericht. Die Kündigung der Anleihe sei nämlich frühestens nach Ablauf von drei Kalenderjahren zulässig und dies auch nur unter eingeschränkten Voraussetzungen. Eine reguläre Kündigungsmöglichkeit bestehe erst ab fünf Kalenderjahren mit einer Kündigungsfrist von einem halben Jahr.
Zu der Entscheidung meint Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Sven Schulte: „Es ist sehr erfreulich, dass hier der Verbraucherschutz dazu führt, dass nicht mit jeder Werbeaussage in einem Verkaufsprospekt geworben werden kann. Es stellt sich nun die Frage, ob die Entscheidung des OLG Schleswig auch dazu führt, dass ein Anspruch gegen die Beklagte Prokon-Gesellschaft aus Prospekthaftung besteht. Denkbar sind hier zwei Fallvarianten. Zum einen die Prospekthaftung im engeren Sinne mit kurzen Verjährungsfristen und die sog. Prospekthaftung im weiteren Sinne. Liegt ein Fall der Prospekthaftung vor, können Anleger, die die Kapitalanlage gerade wg. der Flexibilität oder der angeblichen Sicherheit gezeichnet haben, die Kapitalanlage komplett rückabwickeln.
Anleger, die auf Grund der Versprechungen in dem Prospekt bei der Prokon-Unternehmensgruppe investiert haben oder die bezüglich der Kapitalanlage durch einen eingesetzten Berater/ Vermittler falsch beraten worden sind, sollten sich in jedem Falle an einen spezialisierten Rechtsanwalt wenden.“ Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte hierzu: „Grundsätzlich gilt, dass nach der Rechtsprechung z.B. einem vom uns erwirkten Urteil gegen eine Bank das Landgericht Berlin (Urt.v. 01.12.2003, 10 O 448/03, rechtskräftig durch das Kammergericht bestätigt und Resivion nicht zugelassen) eine solche Beteiligung für einen konservativen Geldanleger nicht geeignet ist. Eine solche Geldanlage bietet keinen Schutz vor einem Substanzverlust. Das heisst allerdings nicht, dass bei entsprechender Beratung und bei einem inhaltlich korrekten Fonds eine solche Geldanlage möglich ist.“
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