Die Tagespresse meldet Ende Oktober 2021, dass zwei Polizisten bei einer Gefährderansprache verletzt worden sind. Worum geht es rechtlich? Was ist der Hintergrund solcher Gefähreransprachen?
Gewaltschutzgesetz soll Opfer von Übergriffen schützen
Verfolgung online, offline gibt es leider zunehmend. Gerade Personen aus dem Näheverhältnis neigen zum Stalking, weil das Näheverhältnis beendet ist und einer der Beteiligten das nicht zu akzeptieren vermag. Bekanntlich sind die Menschen frei und andere Menschen sind Weggefährten, d.h. ein Teil des Lebensweges begleiten sie den anderen. Dazu ist eine Zustimmung erforderlich. Wird diese entzogen kann es losgehen.
Was ist “Stalking“ überhaupt“?
Erst Anfang des Jahrhunderts wurde zum Schutz vor Übergriffen ein eigenes Gesetz geschaffen. Das Gewaltschutzgesetz. Offenbar gab es das Phänomen früher nicht oder nicht so ausgeprägt. Der englische Begriff „Stalking“ kommt aus der Jägersprache und bedeutet so viel wie „anpirschen“ oder „anschleichen“. Dieser Begriff wird mittlerweile aber auch in Deutschland als Umschreibung für eine fortgesetzte Verfolgung, Belästigung oder Bedrohung einer anderen Person gegen deren Willen verwendet. Es gibt aber noch keine allgemeingültige Definition des Stalking und seine Erscheinungsformen sind vielfältig.
Die Rechtsordnung versucht die Opfer von Stalking zu schützen, bevor ein Schaden an Leib und Leben eingetreten ist.
Gewaltschutzgesetzes (GewSchG)
Stalking im Sinne des Gewaltschutzgesetzes (GewSchG) ist insbesondere ein Verhalten, mit dem eine Person widerrechtlich und vorsätzlich eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt (§ 1 Abs. 2 Nr. 2b GewSchG). Das Gewaltschutzgesetz greift aber auch ein, wenn Gewalt angewendet (§ 1 Abs. 1) oder mit Gewalt gedroht wird (§ 1 Abs. 2 Nr. 1), oder es zu einer Verletzung des Hausrechts kommt (§ 1 Abs. 2 Nr. 2a).
Was soll das Opfer tun?
Stalking-Opfern ist grundsätzlich zu raten, sich so frühzeitig wie möglich gegen den Stalker zur Wehr zu setzen. Hierfür stehen zivilrechtliche und strafrechtliche Mittel zur Verfügung:
1. Zivilrecht – lass mich in Ruhe – notfalls hilft das Amtsgericht vor Ort
Nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG )kann das Opfer eine zivilrechtliche Schutzanordnung gegen den Stalker erwirken, also beispielsweise ein Kontakt- oder Näherungsverbot. Diese Schutzanordnung kann zivilrechtlich unter anderem mit der Festsetzung von Ordnungsgeld oder sogar Ordnungshaft vollstreckt werden. Zuständig ist das Amtsgericht des Wohnortes. Ein Rechtsanwalt ist nicht erforderlich. Der Betroffene kann bei dem Gericht um Hilfe nachsuchen.
2. Strafrecht – Stalker werden bestraft
Viele Stalking-Handlungen erfüllen Straftatbestände des Strafgesetzbuchs. Je nach den Umständen des Einzelfalles können insbesondere die Straftatbestände des Hausfriedensbruchs, der Beleidigung, der sexuellen Nötigung, vorsätzlichen oder fahrlässigen Körperverletzung, Nötigung und Bedrohung sowie die Tatbestände hinsichtlich der Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs erfüllt sein.
Mittlerweile wird strafrechtliche Schutz wird durch das seit Januar 2002 geltende Gewaltschutzgesetz noch verstärkt. Bei einer Zuwiderhandlung gegen eine zivilgerichtliche Schutzanordnung macht sich der Täter strafbar: Es drohen Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe (§ 4 GewSchG). Damit ist nunmehr auch sichergestellt, dass auch Nachstellungen, die nicht von den Straftatbeständen des Strafgesetzbuches erfasst sein sollten, strafrechtlich geahndet werden können. Offenbar sind diese Normen teilweise unbekannt oder nicht verinnerlicht.
3. Polizeirecht – Polizei muss aktiv helfen
Zusätzlich kann die Polizei helfen in dem z.B. ein Kontaktverbot ausgesprochen wird. Z.B. gilt in Berlin das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz. Hier kann ein Kontakt und Betretungsverbot ausgesprochen werden. Um einen solchen Vorfall geht es bei der Verletzung der Polizeibeamten. Sie haben auf die Einhaltung der Gewaltschutzanordnung gedrungen und einen Gefährder angesprochen.
Welche Vorgehensweise ist die richtige? Was tun?
Welche Vorgehensweise bei Stalking sachgerecht ist, lässt sich nicht allgemeingültig sagen, sondern hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Betroffene sollten professionellen Rat einholen, wie sie sich in ihrer konkreten Situation am besten verhalten. Hilfestellung leisten insbesondere Opfer- und Gewaltberatungsstellen, Frauenhäuser und Selbsthilfeinitiativen sowie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Vor allem in konkreten Gefahrensituationen können und sollten sich die Opfer selbstverständlich auch an die Polizei wenden. Die Polizei muss zur Verhinderung von Straftaten einschreiten. Sie ist verpflichtet, jede Strafanzeige aufzunehmen und bei Verdacht auf Straftaten ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.
Was Tun bei einem falschen Stalking Vorwurf?
Durch die Änderungen der Rechtsordnung kann jetzt der Stalking Vorwurf zu schlimmen Folgen führen, falls das gesamte staatliche Instrumentarium missbraucht wird. Hier hilft nur für den falsch Verdächtigten: Beweise sammeln, Ruhe bewahren und versuchen die Wahrheit an das Licht zu bringen. Aufgeben ist falsch – weder für Opfer noch für falsch Beschuldigte.
Unsere Rechtsordnung hat durch das Instrumentarium der Gewaltschutzanordnung eine Lücke geschlossen. Vor der Einführung des Gesetzes war es für Opfer extrem schwierig und der Volksmund vermutete: es muss erst etwas geschehen, bevor der Staat eingreift…, heute ist das anders.