Harte Bandagen für Vermittler von Anlagemöglichkeiten durch BGH-Urteil
Wer schaudert nicht bei dem Gedanken an die Titanic-Tragödie. Vorhersehbare Gefahren führten nach der Kollision mit einem Eisberg in der Arktis zum Sinken des Schiffes. Und obwohl für die Evakuierung mehr als zwei Stunden Zeit zur Verfügung standen, starben 1514 der über 2200 an Bord befindlichen Personen – hauptsächlich wegen der unzureichenden Zahl an Rettungsbooten und der Unerfahrenheit der Besatzung im Umgang mit diesen. Darüber hinaus war die Gefahr des Untergangs bei der verwendeten Konstruktion nach einer Kollision voraussehbar. Sicher tat der menschliche Egoismus mit der Lebenserhaltungsenergie sein Übriges für die hohen Opferzahlen.
Es stellt sich nach einiger Überlegung der Bedeutung des Urteils auch die Frage, ob eine Regelung, wie sie der BGH nun definiert hat (Urteil vom 10.01.2019 – III ZR 109/1), nicht sogar ein solches Unglück hätte verhindern können?
BGH erhöht die Anforderungen an die fehlerfreie Beratung
Ein rationaler Abwägungsprozess soll Grundlage einer jeden vorhergehenden Anlageentscheidung sein. Schon bisher wurden die Anforderungen an den Vertrieb einer Kapitalanlage in der Rechtsprechung ständig erhöht. Unter dem Begriff Prospekthaftung führten unrichtige Angaben in den Anlagebeschreibungen oft zur Haftung des Anbietenden oder auch des Vermittlers durch die Annahme arglistiger Täuschung.
Der BGH stellt noch einmal die umfassende Aufklärungspflicht fest, verlangt darüber hinaus aber eine nicht nur einmalige Aufklärung des potentiellen Anlegers. Auch hier ging es um einen Schiffsfonds.
Prospekt darf nicht erst kurz vor Unterschrift übergeben werden
Der Prospekt muss dem Anleger vor dem Zeichnungstermin übergeben worden sein. Diesen Empfang muss der Herausgebende/Übergebende quittieren. Dabei muss beachtet werden, dass dies ausdrücklich und gesondert vom Vertragstext geschieht.
BGH: „Gemäß § 309 Nr. 12 Halbsatz 1 Buchstabe b BGB ist eine Bestimmung unwirksam, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, indem er diesen bestimmte Tatsachen bestätigen lässt. Die Ausnahme des Halbsatzes 2 greift nicht ein. Sie gilt nur für das gesondert unterschriebene, einer Quittung gemäß § 368 BGB entsprechende (reine) Empfangsbekenntnis
Empfang des Prospekts muss daneben gesondert quittiert werden
BGH: „Auch das eine bloße Quittungsfunktion erfüllende Empfangsbekenntnis ist nur dann gemäß § 309 Nr. 12 Halbsatz 2 BGB wirksam, wenn es gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Dies bedeutet in Entsprechung mit Nr. 11 Buchstabe a der Vorschrift, dass es getrennt vom sonstigen Vertragstext erteilt werden, mithin räumlich und drucktechnisch deutlich abgehoben sein muss, wobei sich die Unterschrift allein auf das Empfangsbekenntnis als rein tatsächlichen Vorgang der körperlichen Übergabe und Entgegennahme einer Sache beziehen und keine weitere Erklärung umfassen darf“.
Der Empfang muss also außerhalb des Vertragstextes alleine liegend quittiert werden.
Wie hätte der Anleger im Fall der Beteiligung „Titanic“ entschieden?
Im Falle der Titanic dürften die damaligen Pionier- Anleger ihr Geld verloren haben. Hätte es damals schon die Prospekthaftung gegeben, und der Initiator-Reeder White Star line wäre ehrlich gewesen, hätte der Bau möglicherweise dadurch verhindert werden können. Jedenfalls zu dem Zweck, durch die Arktis zu kreuzfahrten…
Etwa so hätte es im Prospekt heißen müssen: „Liebe Atlantiküberquerer und Anlageinteressenten, nur am Rande, aber zwingend, muss darauf hingewiesen werden, dass die Gefahr der Kollision mit einem Eisberg relativ hoch ist, dabei die Konstruktion des Schiffes darüber hinaus nicht ausreichen wird, um einen derartigen Zusammenstoß zu überstehen. Es wird vermutlich Todesopfer geben, denn auch Rettungsboote sind erheblich zuwenig. Jedes Todesopfer zieht Schadensersatzklagen an Bord. Das ist also schon ein deutlich hohes Risiko der Anlage“.
Aber wenn Sie dennoch möchten, müsste Ihnen gesagt werden, unterzeichnen Sie die Klausel gesondert hier. Dies möchte ich an dieser Stelle aber bezweifeln. Da mag niemand sein Geld investieren.
Fazit : BGH entmachtet „Gier-frisst –Hirn“-Euphorie
Der BGH hat mit seiner Entscheidung erneut die Rechte der Verbraucher gestärkt, was auch in diesem Fall eine gute Entscheidung war. Geldgier frisst Hirn. So auch bei vielen Interessenten, gerade bei Neuanlegern. So wird diese Spezies durch die Vorgabe des BGH gezwungen, sich die Sache noch einmal ohne Euphorie zu überlegen und ein oft existenzielles Risiko zu vermeiden. Weniger Möglichkeiten des schnellen Betrugs sind für die Kriminellen weniger geworden. Die richtige Richtung.