Verbraucherfreundliche Rechtsprechung bei Kapitallebensversicherungen
Mehr Geld bei vorzeitigem Ausstieg – weit reichende Folgen für die Branche
Zahlreiche Inhaber von Kapitallebensversicherungsverträgen haben nach der Kündigung des Vertrags Anspruch auf Nachzahlung, wissen dies aber nicht. Denn bei vorzeitiger Kündigung einer Kapitallebensversicherung müssen Versicherungen ihren Kunden exakt darlegen, was sie bei der Ermittlung des Rückkaufswerts vor allem an Abschluss- und Stornokosten von den Beiträgen abgezogen haben. Betroffen sind 10 bis 15 Millionen Verträge, die zwischen Ende Juli 1994 und Mitte 2001 geschlossen wurden. Bereits im Jahr 2005 stellten die Bundesrichter fest, dass die Lebensversicherungskunden bei einer Kündigung mindesten die Hälfte des Deckungskapitals zurückerhalten müssen. Außerdem muss bei der Ermittlung des Deckungskapitals die Provision für den Vermittler gleichmäßig auf die gesamte geplante Laufzeit des Vertrags verteilt werden. Die Mindestentschädigung beläuft sich bei dieser Rechnung auf knapp die Hälfte der eingezahlten Beiträge. Das ist eine ganze Menge, wenn man berücksichtigt, dass die Versicherer vor dem Urteil des BGH zu gar keiner Rückleistung verpflichtet waren. Denn in den ersten Jahren der Laufzeit verwendeten die Lebensversicherungsgesellschaften alle Beitragszahlungen, um Abschlusskosten und insbesondere die Provision für den Vermittler zu finanzieren. Weiterhin haben die Karlsruher Richter eine eigene Berechnungsmethode aufgestellt: Wenn die zu einem höheren Betrag führt, muss der Versicherer diesen auszahlen und bei Kündigungen in der Vergangenheit eine Nachzahlung leisten.
Doch damit nicht genug. Nach einem aktuellen Urteil des Landgerichts München sind Versicherungen nach Treu und Glauben verpflichtet, dem Kunden die zur Klärung seiner Zahlungsansprüche erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Belege vorzulegen, die exakte Auskunft über die Höhe der Abschluss- und Stornokosten geben. Die Klauseln über Rückkaufswert, Abschluss- und Stornokosten waren bislang zu undurchsichtig und daher unwirksam, entschieden die Richter. Nach Schätzungen von Verbraucherschützern haben deutschlandweit noch Millionen von Lebensversicherungskunden nach früher Kündigung oder Beitragsfreistellung ihrer Verträge Anspruch auf eine Nachzahlung. Dass diesen bisher nur ein kleiner Teil der Betroffenen geltend gemacht hat, liegt wohl daran, dass die verbraucherfreundliche Rechtsprechung nicht genügend durchgedrungen ist. Die Beratung beim spezialisierten Anwalt kann Rückzahlungsmöglichen ausloten und helfen, diese auch gerichtlich durchzusetzen. Auch bei Rentenversicherungsverträgen dürften Kunden nach einer vorzeitigen Kündigung oder Beitragsfreistellung Anspruch auf mehr Geld haben. Details sind allerdings insoweit noch unklar. Wir werden Sie weiter darüber informieren.
Definitiven Anspruch auf eine Nachzahlung oder auf Gutschrift haben Versicherte, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
– Abschluss eines Kapitallebensversicherungsvertrags zwischen Ende Juli 1994 und Mitte 2001
– Vorzeitige Kündigung oder Beitragsfreistellung des Vertrags
– Auszahlung eines Rückkaufswerts oder Berechnung eines Guthabens unterhalb des von den Bundesrichtern verordneten Minimums. Das dürfte bei Kündigung in den ersten drei bis vier Jahren der Vertragslaufzeit die Regel sein
sowie:
– Auszahlung eines Rückkaufswerts oder Berechnung eines Guthabens unter Berücksichtigung eines Stornoabzugs
– Es darf keine Verjährung vorliegen, denn Ansprüche aus Lebensversicherungsverträgen verjähren grundsätzlich fünf Jahre nach Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, deshalb ist unbedingt rechtzeitiges Handeln gefragt