Das einst friedliche Internet ist in den letzten Jahren zu einer „Schmuddelbude“ verkommen. Der deutsche Gesetzgeber hat es schwer diese virtuelle Lebenswirklichkeit gerecht und ausgleichend zu organisieren. In Bezug auf Äußerungen gilt es Opfer von Beleidigungen und Hetze, Verleumdungen und so weiter zu schützen, auf der anderen Seite gilt der Grundsatz, dass die Meinungsfreiheit ein hohes Gut ist. Rechtlich werden verschiedene Möglichkeiten zur Regulierung diskutiert, wobei auch das Recht der Strafbarkeit von Beleidigungen ständig angepasst wird. Bekanntlich kommt Deutschland aus einer Rechtstradition, die da lautet:
„Die Ehre ist wichtiger als der Tod – Reichsstrafgesetzbuch von 1871 bis heute“
Als „Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen“ am 31. Mai 1870 das heute im wesentlichen geltende Strafgesetzbuch mittels Einführungsgesetz in die Rechtswelt setze, war eines völlig klar: Das Strafgesetzbuch hat eine Ordnung: zuerst werden Straftaten gegen den Staat unter Strafe gestellt, dann sexuelle Mitbestimmung, dann EHRE und danach erst Straftaten gegen das LEBEN wie Mord und Totschlag. Deshalb gilt heute noch: Staat, Geschlecht, Ehre und dann Tod….. Die Strafbarkeit von Beleidigungen und Hetze und so weiter gilt natürlich auch im Internet. Und es ist auch richtig, bei Straftaten gegen die Ehre nicht wegzuschauen, sondern den Opfern aktiv zu helfen. Dazu sind Gesetzesänderungen gerade wegen des Internets notwendig. Zur Geschichte und den Änderungen des Strafrechts finden sich hier Darstellungen.
Strafbarkeit verhetzender Beleidigung
Zum 22. September 2021 ist ein Gesetz in Kraft getreten, das das deutsche Strafrecht in mehreren Punkten fortentwickelt, schreibt das Bundesministerium der Justiz und weist auf den Straftatbestand im Beleidigungsrecht hin.
„Der neue Straftatbestand „Verhetzende Beleidigung“ (§ 192a StGB) verbessert den strafrechtlichen Schutz vor Herabwürdigung aufgrund nationaler, rassischer, religiöser oder ethnischer Herkunft, der Weltanschauung, Behinderung oder sexuellen Orientierung. Bereits das geltende Recht stellt Volksverhetzung (§ 130 StGB), Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung (§§ 185 ff. StGB) unter Strafe. Gewisse strafwürdige Äußerungen, die die Menschenwürde anderer angreifen, sind von diesen Vorschriften jedoch unzureichend erfasst. Dies gilt insbesondere für verhetzende Inhalte, die sich gegen bestimmte Gruppen richten und Angehörigen dieser Gruppen zugeleitet werden. Eine Volksverhetzung (§ 130 StGB) liegt in der Regel nicht vor, wenn die Nachricht nicht öffentlich verbreitet wird. Für eine strafbare Beleidigung (§ 185 StGB) fehlt es oftmals an dem erforderlichen konkreten Bezug zu einer individuellen Person.
Der neue Straftatbestand „Verhetzende Beleidigung“ schließt die vorstehend umrissene Strafbarkeitslücke. Er erfasst Inhalte, die eine durch ihre nationale, rassische, religiöse oder ethnische Herkunft, ihre Weltanschauung, ihre Behinderung oder ihre sexuelle Orientierung bestimmte Gruppe oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen beschimpfen, böswillig verächtlich machen oder verleumden. Die Tathandlung besteht im Gelangenlassen eines entsprechenden Inhalts an eine Person, die einer der genannten Gruppen angehört. Der Strafrahmen der verhetzenden Beleidigung beträgt Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.“
Mit anderen Worten: Schutzlücke zwischen Beleidigung (§ 185 StGB) und Volksverhetzung (§ 130 StGB) geschlossen
Der Text der Norm lautet:
§ 192a
Verhetzende Beleidigung
Wer einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der geeignet ist, die Menschenwürde anderer dadurch anzugreifen, dass er eine durch ihre nationale, rassische, religiöse oder ethnische Herkunft, ihre Weltanschauung, ihre Behinderung oder ihre sexuelle Orientierung bestimmte Gruppe oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, an eine andere Person, die zu einer der vorbezeichneten Gruppen gehört, gelangen lässt, ohne von dieser Person hierzu aufgefordert zu sein, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Soweit erkennbar ist noch keine Rechtssprechung zu diesem neuen Straftatbestand ergangen. Die noch unter der alten Bundesregierung ergangene Gesetzesverschärfung ist sinnvoll aus Opfersicht und rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere ist kein Verstoß gegen den Schutz der Meinungsfreiheit oder den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes erkennbar.
Tipps und Tricks für Opfer von Straftaten im Internet
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum mehr, in dem Opfer von Verleumdungen und Hetze, Beleidigungen, Drohungen schutzlos sind. Vorerst gilt der Grundsatz, dass jeder selbst kontrollieren muss, ob er Opfer geworden ist, falls dieses geschehen ist, sollten die Beweise gesichert werden durch Screenshots. Je nachdem ob ein Täter bekannt ist ergeben sich dann unterschiedliche Wege, die hier von dem Autor näher beschrieben wurden.
https://www.dr-schulte.de/2022/02/11/reputationsrecht-bussgeld-gegen-betreiber-private-opfer-von-hetze-nicht-schutzlos/