Falscher Schufaeintrag - Dr. Thomas Schulte

Schufa – Oberlandesgericht spricht Schadenersatz zu bei falschem Schufaeintrag

Vorsicht, Schufa-Eintrag mit Folgen: Darlehensverträge nicht verlängert, weil der Ex-Schwiegersohn in spe unter falschem Namen den abgeschlossenen Handyvertrag nicht bezahlt hat! Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt über weitreichenden Folgen und Schadensansprüche.

Die Schufa, offiziell bekannt beziehungsweise firmierend als Schufa Holding AG, ist ein privates Unternehmen, das sich auf die Sammlung und Bewertung von Kreditinformationen spezialisiert hat. Ihr Name ist ein Synonym für Bonitätsauskünfte in Deutschland und für viele ein zweischneidiges Schwert. Doch was genau bedeutet es, einen negativen Schufa-Eintrag zu haben und wie kann man sich davor schützen? Lassen Sie uns dies anhand eines aktuellen Falls aus Hamburg beleuchten.

Der Fall des Holger M.: Ein Lehrstück bezüglich eines Schufa-Eintrages

Unternehmer Holger M. aus München besitzt zwei Mietshäuser in Nürnberg, finanziert durch die Deutsche Bank. Eines Tages erhält er unerwartet Post: Sein Darlehen wird nicht verlängert, weil sein Schufa-Score negativ ist. Der Grund? Sein Ex-Schwiegersohn in spe hatte unter falschem Namen einen Handyvertrag abgeschlossen und die Rechnungen nie bezahlt. Die Konsequenz: Unternehmer und betroffener Ex-Schwiegervater in spe Holger M. erhält einen negativen Schufa-Eintrag, der seine Bonität erheblich beeinträchtigt. Aber genau dieser Eintrag hat weitreichende Folgen, denn die Bank darf das Darlehen aufgrund interner Richtlinien und vertraglicher Vereinbarungen nicht verlängern. Wir lernen: Gibt es nicht, gibt’s nicht!

Ein Fehler, weitreichende Folgen

Solche Geschichten sind keine Einzelfälle. Oft sind es alltägliche Ereignisse wie Kreditkarte ausgeliehen, Scheidungen, unverschuldete Notlagen oder Identitätsdiebstahl, die zu einem negativen Schufa-Eintrag führen. Die Konsequenzen sind aber dennoch schwerwiegend und betreffen nicht nur Kredite, sondern auch Mietverträge oder Handyverträge, zudem können diese für langwierige wirtschaftliche und soziale Probleme sorgen und imaginäre Schäden nach sich ziehen.

Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg

Ein aktuelles Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg (Aktenzeichen 13 U 71/21) zeigt, wie komplex und folgenreich ein negativer Schufa-Eintrag sein kann. Ein Betroffener hatte geklagt, weil ein Dritter fälschlicherweise seine Daten an die Schufa gemeldet hatte. Diese Meldung führte zu einer erheblichen Verschlechterung seines Schufa-Scores, was seine Bonität negativ beeinflusste. Das Gericht entschied zugunsten des Klägers und sprach ihm einen Schadenersatz von 2.000 Euro zu. 

Schufa-Eintrag - Dr. Thomas Schulte

Die Rechtslage: Was sagt die DSGVO – Anspruch Schadensersatz?

Gemäß Artikel 82 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat jede Person Anspruch auf Ersatz der Schäden, die durch Verstöße gegen die DSGVO entstehen. Erfasst sind die in Geld messbaren materiellen Schäden, als auch die immateriellen Schäden (auch Schmerzensgeld genannt). In diesem Fall hatte ein Dritter gegen die Bestimmungen der DSGVO verstoßen, indem sie ohne rechtliche Grundlage die Daten des Klägers an die Schufa gemeldet hatte. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass solche Verstöße einen Anspruch auf Schadenersatz begründen können.

Schwierigkeiten mit dem Schadensbegriff in Deutschland

In Deutschland gestaltet sich die Frage des immateriellen Schadensersatzes bei rechtswidrigem Schufa-Eintrag noch schwierig. Immaterielle Schadensersatzansprüche umfassen nicht materielle Verluste wie Rufschädigung, psychischen Stress oder den Verlust von Lebensqualität. Die zentrale Herausforderung besteht darin, diese immateriellen Schäden adäquat zu bewerten und zu entschädigen, da sie oft nicht direkt in Geldwerten ausgedrückt werden können. Dies wird durch die DSGVO beeinflusst, die den Datenschutz in der EU regelt, und verlangt eine präzise Ermittlung und Bemessung solcher Schäden.

Die Gerichte prüfen wie folgt: 

Der Schadensersatzanspruch aus Artikel 82 Abs. 1 DS-GVO findet im nationalen Recht unmittelbar Anwendung und schließt andere Anspruchsgrundlagen nicht aus. 

Jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.

Nach dem Erwägungsgrund 146 Satz 3 der DS-GVO soll der Begriff des Schadens im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union „weit auf eine Art und Weise ausgelegt werden, die den Zielen der Verordnung in vollem Umfang entspricht“. Gemäß dem Erwägungsgrund 146 Satz 6 der DS-GVO „sollten die betroffenen Personen einen vollständigen und wirksamen Schadenersatz für den erlittenen Schaden erhalten“. Damit ist auch gemeint, dass Schadensersatzforderungen abschrecken und weitere Verstöße unattraktiv machen sollen (Bergt in: Datenschutz-Grundverordnung / BDSG, 2. Auflage, 2018, Artikel 82, Rn. 17). In dem Erwägungsgrund 75 der DS-GVO findet sich eine Liste nicht abschließender Beispiele für Handlungen, die zum Schadensersatz berechtigen. Die Handlungen werden teilweise in dem Erwägungsgrund 85 der DS-GVO noch einmal genannt. 

Artikel 82 Abs. 1 DS-GVO umfasst ausdrücklich auch immaterielle Schäden. Der Verpflichtung zum Ausgleich eines immateriellen Schadens muss eine benennbare und insoweit tatsächliche Persönlichkeitsverletzung gegenüberstehen, die z.B. in der mit einer unrechtmäßigen Zugänglichmachung von Daten liegenden „Bloßstellung“ liegen kann 

Nicht bereits jede Datenschutzrechtsverletzung in Form einer nicht (vollständig) rechtskonformen Datenverarbeitung ist automatisch auch ein ersatzfähiger Schaden. Vielmehr muss die „Verletzungshandlung“ eines Verantwortlichen in jedem Fall auch zu einer konkreten, nicht bloß unbedeutenden oder empfundenen Verletzung von Persönlichkeitsrechten der betroffenen Person geführt haben (so auch LG Karlsruhe, Urteil, 02.08.2019 – 8 O 26/19, Rn. 19, zitiert nach juris). 

Das Gebot einer finanziellen Kompensation setzt vielmehr eine objektiv nachvollziehbare und spürbare Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der betroffenen Person durch die Rechtsverletzung voraus (Wybitul, NJW 2019, 3265-3269; vgl. LG Frankfurt, Urteil vom 18.09.2020 – 2-27 O 100/20, Rn. 49, zitiert nach juris). Dass ein Schaden entstanden ist und in welcher Höhe, hat die betroffene Person darzulegen und zu beweisen. Weiter muss der Verstoß gegen die Verordnung auch kausal für den Schaden gewesen sein, was ebenfalls von der betroffenen Person darzulegen und zu beweisen ist.

Wie Sie der Schufa-Falle entkommen: Tipps für den richtigen Umgang mit der Schufa Holding AG

  1. Vorsicht bei Online-Aktivitäten: Jeder kann in eine Schufa-Falle geraten, besonders wenn Familienmitglieder, deren Freunde oder Geschäftspartner nicht genügend Achtsamkeit walten lassen. Stellen Sie sich vor, Sie bestellen impulsiv ein teures Elektronikgerät online oder nehmen an einem verlockenden Glücksspiel teil, nur um später festzustellen, dass solche Handlungen Ihre Bonität ruinieren können. Viele Anbieter fragen bei der Schufa nach und melden Ihre Daten – eine einzige unbedachte Handlung kann somit weitreichende Konsequenzen haben.

  2. Unterstützung in Krisenzeiten: Suchen Sie in schwierigen Zeiten Unterstützung bei Familie und Freunden, um finanzielle Probleme frühzeitig zu vermeiden.

  3. Ordnung und Vorsicht: Um Ihre finanzielle Gesundheit zu schützen, ist Ordnung das A und O. Bewahren Sie wichtige Unterlagen sorgfältig auf und nutzen Sie Einschreiben mit Rückschein, um den Erhalt von Dokumenten zu bestätigen. Das kann entscheidend sein, wenn es darum geht, nachzuweisen, dass Sie wichtige Mitteilungen rechtzeitig erhalten haben.

  4. Regelmäßige Schufa-Überprüfung: Ein weiteres Muss ist die regelmäßige Überprüfung Ihrer Schufa-Daten. Fordern Sie regelmäßig eine kostenlose Schufa-Auskunft an, um mögliche Fehler frühzeitig zu erkennen und zu korrigieren.

  5. Realismus und Wehrhaftigkeit: Denken Sie daran, dass große Unternehmen wie die Schufa selten menschlich agieren. Erwarten Sie keine Kulanz und setzen Sie sich aktiv gegen ungerechtfertigte Forderungen zur Wehr. Bei Bedarf sollten Sie nicht zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Realismus und Wehrhaftigkeit sind Ihre besten Verbündeten im Umgang mit der Schufa. 

Mit diesen Tipps können Sie Ihre Bonität schützen und vermeiden, in die Schufa-Falle zu geraten. Setzen Sie sich aktiv gegen ungerechtfertigte Forderungen zur Wehr und suchen Sie bei Bedarf professionelle Hilfe.

Fazit: Wachsamkeit und Proaktivität sind gefragt

Bei einem falschen Schufa-Eintrag stellt sich immer die Frage nach der Löschung und nach Schadenersatz. 

Hier gelten für Schadenersatz unter anderem nachfolgende Fragen, um das Bestehen eines Anspruchs abzuschätzen:

  1. Beweise sichern. Welche Einträge gibt es? Worauf werden diese gestützt?
  2. Welche Nachteile habe ich erlitten (z.B. Mietwohnungsvertrag nicht erhalten) – der Schaden muss konkret und nachvollziehbar beziffert werden.
  3. Ist der Schufa Eintrag kausal für den Schaden?
  4. Wie stark haben sich die Nachteile auf mein Leben und meine wirtschaftliche Situation ausgewirkt.
Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 9391 vom 1. August 2024 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich