Im Rahmen eines Weiterbildungsprogramms werden die grundsätzlichen Fragen zum Wasserrecht und Gewässerschutz diskutiert- von Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt in Berlin. Die Sammlung und Behandlung von Abwasser ist in Deutschland in den letzten einhundertfünfzig Jahren neben stagnativen Phasen im Grunde stetig verbessert worden und hat einen hohen Standard erreicht.
Nach der letzten Erhebung des statistischen Bundesamtes waren 1991 90,6 Prozent der Wohnbevölkerung an die öffentliche Kanalisation angeschlossen. Die Abwässer von 85,1 Prozent der Bevölkerung wurden in öffentlichen Abwasserbehandlungsanlagen gereinigt, wobei 44,4 Prozent der Abwässer bereits der weitergehenden Reinigung unterzogen wurden. Dieser Prozess war und ist kostenintensiv und wird daher von vielen Widerständen begleitet.
Die gemischten Richtlinien
Mit den gemischten Richtlinien hat die EG die Dualität von Einissions- und Immissionskonzept verlassen. Die Grundwasserrichtlinie, die im Schwerpunkt emissionsseitig ausgerichtet ist, unterlegt das Grundwasser einem umfassenden Bewirtschaftungssystem. Die Kommunalabwasserrichtlinie, die neben emissions- und immissionsbezogenen Elementen umfassende Errichtungs- und Betreibungspflichten von Abwasserbehandlungsanlagen vorsieht, wird durch die Nitratrichtlinie ergänzt. Auch die Nitratrichtlinie, die beide Elemente enthält, verlangt umfangreiche Maßnahmen zur Eindämmung der Nitratbelastung der Gewässer.
Staatliche Daseinsvorsorge
Wasserrecht ist ein ganz altes Kulturrecht, weil die geordnete Nutzung des Wassers Voraussetzung für die Entwicklung der Gesellschaft war und ist. Der aktuelle Status ist ein gewisses Desinteresse der Bevölkerung an diesen Fragen, weil diese gemeinhin als gelöst gelten.
Die unschädliche Abwasserbeseitigung ist heute ein Kernbereich der staatlichen Daseinsvorsorge. Zur Sammlung des Abwassers in der Kanalisation sind Misch- oder Trennsysteme üblich. Beim Mischsystem fließen Schmutz- und Regenwasser in einem gemeinsamen Kanal ab. Um bei starken Regenfällen eine Überlastung der Kläranlagen zu vermeiden, sind Stauräume oder Entlastungsbauwerke vorgesehen. Beim Trennsystem werden Schmutz- und Regenwasser in verschiedenen Kanälen abgeführt. Meist gelangt das Regenwasser direkt in den Vorfluter.
Die Richtlinie des Rates vom 17.12.1979 über den Schutz des Grundwassers, gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe (80168/EWG), entzieht sich einer klaren Einordnung in das System der Richtlinien.
Gemäß Art. 1 Abs.1 soll das Grundwasser vor zukünftigen Verunreinigungen durch bestimmte gefährliche Stoffe geschützt werden und vorhandene Verunreinigungen sollen eingedämmt oder behoben werden (erste Begründungserwägung). Aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie sind Haushaltsabwässer einzelstehender Wohnstätten sowie unschädliche Ableitungen ausgenommen (Art. 2). Damit gilt die Grundwasserrichtlinie auch nicht für die kommunalen Abwässer, die gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 3 Kommunalabwasserrichtlinie nicht in die Kanalisation eingeleitet werden. Die Ableitung gefährlicher Stoffe, die im Anhang der Richtlinie genannt und in Liste I und II unterteilt werden, soll für Stoffe der Liste I verhindert und für Stoffe der Liste II begrenzt werden (Art. 3). In Liste I sind einzelne Stoffe verschiedener Stofffamilien und – gruppen enthalten, die aufgrund ihrer Toxizität, Langlebigkeit, mutagenen, bioakkumulierenden und cancerogenen Wirkung als besonders gefährlich gelten (Anhang). Die Mitgliedstaaten haben jegliche direkte Ableitung dieser Stoffe zu verbieten.
Regelung zu grundwasserschädigende Stoffe
In Liste II sind grundwasserschädigende Stoffe enthalten; das Einleiten dieser Stoffe darf nur nach Prüfling durch die Mitgliedstaaten erlaubt werden (Art. 5). Die künstliche Anreicherung des Grundwassers für die öffentliche Gewässerbewirtschaftung bedarf einer gesonderten Genehmigung (Art. 6). Die nationalen Behörden haben die Einhaltung der Genehmigungen zu überwachen (Art. 13).
Die Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht, die nach Ansicht der Bundesrepublik insbesondere durch die §§ 2, 3 Abs.1 Ziffer 5, 19a – f ,19g – f , 34 Abs.1 WHG, durch das Abfallgesetz, durch das Verwaltungsverfahrensgesetz sowie landesrechtliche Gesetze und Erlasse und Verwaltungsvorschriften geleistet worden war“, wurde von der Kommission als ungenügend kritisiert. Aus diesem Grunde wurde am 02.Mai 1988 Klage gegen die Bundesrepublik erhoben. In dem Urteil vom 28.02.1991 stellte der EuGH fest, dass die deutschen Verwaltungsvorschriften dem Erfordernis der Rechtssicherheit nach einer konkreten, genauen und eindeutigen Umsetzung der Richtlinien nicht genügen.
Da die Bundesrepublik diesem Urteil noch nicht nachgekommen ist, ist eine erneute Verurteilung vor dem EuGH nicht auszuschließen.