Recht und Gesetz

Steuerhinterziehung und gekaufte Steuer-CDs

Prominenter Fall weckt die Nation auf: Frage nach Gerechtigkeit und Bestrafung – Sind gekaufte Steuer-CDs auch weiterhin in Steuerstrafverfahren verwertbar! – von Dr. iur. habil. Erik Kraatz, Rechtsanwalt und Privatdozent für Straf-, Strafverfahrens- und Wirtschaftsstrafrecht.

Der Prozess gegen Uli Hoeneß hat nicht nur gezeigt, dass die Steuerhinterziehung (§ 370 AO) kein Kavaliersdelikt ist, sondern hat die Steuerhinterziehung auch wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht. Hintergrund der Selbstanzeige des inzwischen verurteilten Ex-Bayern-Präsidenten war seine Befürchtung, die deutschen Finanzbehörden hätten aufgrund gekaufter Steuer-CDs bereits Kenntnis seiner Auslandskonten.

Ob derartige von den deutschen Steuerbehörden im Ausland (Liechtenstein, Schweiz, Luxemburg) von dubiosen Informanten gekaufte CDs mit den Kontodaten deutscher Staatsbürger in Steuerstrafverfahren überhaupt verwertbar sind, hatte sich im Jahr 2010 bereits das Bundesverfassungsgericht beschäftigt.

Gerechtigkeit und Bestrafung

In der dortigen sogenannten „Liechtenstein-Affäre“ hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass ein Beweisverwertungsverbot grundsätzlich nicht bestünde. Denn auch wenn die Strafprozessordnung nicht auf eine Wahrheitserforschung „um jeden Preis“ gerichtet sei, so schränke die Annahme eines Verwertungsverbots doch eines der wesentlichen Prinzipien des Strafverfahrensrechts ein, nämlich den Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen hat und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind. Das Rechtsstaatsprinzip gestatte und verlange die Berücksichtigung der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege, ohne die der Gerechtigkeit nicht zum Durchbruch verholfen werden könne.

Der Rechtsstaat könne sich nur verwirklichen, wenn ausreichende Vorkehrungen dafür getroffen seien, dass Straftäter im Rahmen der geltenden Gesetze verfolgt, abgeurteilt und einer gerechten Bestrafung zugeführt würden. „Mit diesen Strafen müssen Steuerhinterzieher rechnen:
Steuerhinterziehung Strafe Freiheitsstrafe
… bis zu 1.000 € Einstellung gegen Auflage
… bis zu 50.000 € Geldstrafe
… bis zu 100.000 € Freiheits- oder Geldstrafe … kann auf Bewährung ausgesetzt werden
… bis zu 1.000.000 € Freiheits- und evtl. Geldstrafe … kann auf Bewährung ausgesetzt werden
… mehr als 1.000.000€ Freiheits- und evtl. Geldstrafe … kann nicht auf Bewährung ausgesetzt werden“, so Strafrechtler Dr. iur. habil. Erik Kraatz.

Gekaufte Steuer-CD und Privatperson – Daten verwertbar?

Diese Grundsätze sind in ihrer Allgemeingültigkeit vom rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichtshof zum Teil angezweifelt worden. Hintergrund war, dass das dortige Finanzamt von einer Privatperson ein Datenpaket einer ausländischen Bank gekauft hatte. Auf dieser waren auch Informationen über eine Privatperson. Daraufhin ordnete die Staatsanwaltschaft die Durchsuchung der Wohnung und des früheren Arbeitsplatzes der Person an, weil aufgrund der Daten-CD Tatsachen dafür sprächen, dass die Durchsuchung zum Auffinden von Beweismitteln, nämlich der jeweiligen Steuerunterlagen, führen würde. Tatsächlich wurden in der Wohnung, insbesondere im Tresor seines Arbeitsplatzes und seines Bankfachs, eine Karteikarte bzgl. einer luxemburgischen Bank sowie ein Eintragungsgesuch in einem Aktenregister festgestellt. Daraufhin ordnete das Amtsgericht die Beschlagnahme dieser Unterlagen an, weil der Verdacht der Steuerhinterziehung sich aus diesen Ermittlungen ergeben würde.

Nachdem die Beschwerde hiergegen verworfen worden war, erhob er Verfassungsbeschwerde zum rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichtshof. Dieses bestätigte zwar, dass der Beschuldigte in einem Strafverfahren fair zu behandeln sei, setzte hiergegen aber gleichfalls die Erfordernisse einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege. Dennoch habe das Gericht jeweils sorgfältig zu prüfen, ob die rechtswidrige Beweisbeschaffung über die Privatperson nicht den Behörden zugerechnet werden kann und muss. Sollte sich dies herausstellen, so seien die erlangten CD-Informationen nicht verwertbar. Es obliege daher in derartigen Fällen jeweils dem Staat, die genauen Umstände des Datenerwerbs mitzuteilen.

Fazit: Bietet der Ankauf von Steuer-CDs neue kriminelle Anreize?

Auch wenn die Grundsätze des rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichtshofs keine Umkehr der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darstellen, so ist es doch immerhin bemerkenswert, dass der Verfassungsgerichtshof für die Zukunft ein Beweisverwertungsverbot nicht mehr ausschließen möchte, wenn sich der Ankauf von Steuer-CDs derart intensivieren sollte, dass sie dadurch Anreize für den illegalen Datenklau im Ausland bieten und sich dann diese illegale Beschaffung der Informationen zurechnen lassen muss. Die weiteren Entwicklungen bleiben hier abzuwarten, insbesondere für jene Steuerpflichtigen, die noch immer unbekannte Konten im Ausland besitzen.

Durch langjährige Erfahrungen, Qualifikation als Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht kann erfolgreich im Steuerrecht und Steuerstrafrecht durch ganzheitliche, integrale Beratung in Bezugnahme von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern geholfen werden. Für Rückfragen, weiteren Informationen und Diskussion stehen die Rechtsanwälte Dr. Schulte und sein Team mbB gerne unter 030 22 19 220 20 oder dr.schulte@dr-schulte.de zur Verfügung.

 

und Privatdozent für Straf-, Strafverfahrens- und Wirtschaftsstrafrecht an der Freien Universität Berlin

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

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Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
23. Jahrgang - Nr. 1251 vom 22. April 2014 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich