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Unvergessener Klassiker der Bankenhaftung: Das „Schrottimmobilienurteil“ des Bundesgerichtshofes vom 13.06.2006 von Dr. Schulte und sein Team

Die traurige Geschichte ist noch nicht zu Ende… viele Familien sind in den Glanzzeiten der „Kapitalanlage in Immobilien als Steuersparmodell“ betrogen worden von Vertriebsmitarbeitern, die mit falschen Versprechungen rund um Eigentumswohnungen diese vermittelt haben. Auch im Jahre 2015 arbeiten viele betroffene Familien noch für den teuren Bankkredit, um den erhöhten Kaufpreis abzustottern.

Die Banken leugnen regelmäßig ihre Verantwortung für die Misere und verlangen weiterhin Zinsen und Kredite zurück. Im Jahre 2006 hat der Bundesgerichtshof klare Worte zur  Verantwortung der Banken gefunden.

Im Falle eines so genannten „institutionalisierten Zusammenwirkens“ zwischen den finanzierenden Banken und den Vermittlern wird eine Aufklärungspflicht der Bank widerleglich vermutet. Mit anderen Worten: Schadenersatzanspruch des Opfers gegen die Bank besteht und kann geltend gemacht werden und das gilt auch im Jahre 2015.

Was bedeutet das Urteil des Bundesgerichtshofs konkret?

Ein solches Zusammenwirken wird angenommen, wenn die Bank über einen längeren Zeitraum hinweg und in organisierter und routinierter Form mit dem Vermittler und dem Verkäufer der Immobilie zusammenarbeitet. Die Anleger können sich dann unter erleichterten Voraussetzungen auf einen Wissensvorsprung der Bank berufen, der eine Aufklärungspflicht der Bank zur Folge gehabt hätte. Die Aufklärungspflicht wird in diesen Konstellationen widerleglich vermutet.

Frühere Meinung: Bank haftet nicht – hier bestehen neue Möglichkeiten zur Geltendmachung von Schadensersatz

Die Meinung, Bank haftet nicht, wurde vor 2006 kontrovers diskutiert und fand auch Ablehnung in der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte. Insbesondere das Oberlandesgericht Frankfurt/Main hatte das Fehlen der Widerrufsbelehrung dann als nicht für den Darlehensvertrag ursächlich angesehen, wenn der Kaufvertrag beim Notar bereits unterzeichnet war. Dieser Ansicht hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) voll angeschlossen, so das aus dem Fehlen einer Widerrufsbelehrung der betroffene Anleger kaum noch günstige Rechtpositionen herleiten kann: „Widerruft er das Darlehen aus diesem Grunde, ist der gesamte restliche Darlehensbetrag in einer Summe zurück zu zahlen“, erläutert Dr. Thomas Schulte und Team die Konsequenzen der früheren Rechtsprechung.

Die Bundesrichter des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshof (BGH) mussten durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zum Kampf getragen werden und gingen in die Offensive:

„Unseriöse Strukturvertriebsmethoden bei Immobilienverkäufen werden jetzt, 10 Jahre nachdem den geprellten Anlegern die ruinösen Schrottimmobilien verkauft wurden, endlich auch als Grund gesehen, von den beteiligten Banken Schadensersatz zu fordern“.

Konsequenz dieses BGH Urteils für die Banken?

Wie es das am 13.06.2006 veröffentlichte Urteil des BGH XI ZR 6/04formuliert, fallen allzu enge Bindungen der Banken an betrügerische Vertriebstruppen und Initiatoren ihnen jetzt endlich auch selbst zur Last.

Fazit: Bundesgerichtsurteil stärkt den Anlegerschutz – Banken sind in der Pflicht

Wenn also die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falles so auffällig ist, dass sich die Bank der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen hat, braucht sie in Zukunft gute Argumente. Das Urteil war längst überfällig und ist zu begrüßen. In ihm kommt ein allgemeiner Rechtsgedanke des deutschen Zivilrechts zum Ausdruck, der auch in den §§ 123 und 166 BGB niedergelegt ist.

Der Bundesgerichtshof ist fleißig

Der BGH fertigte auf 30 von 38 Urteilsseiten zunächst einmal alle Stimmen in Literatur und Rechtsprechung ab, die nach der Entscheidung C-350/03 des EuGH (Schulte/Crailsheimer Volksbank) einen Schadensersatz der Bank forderten. Insbesondere das Oberlandesgericht (OLG) Bremen hatte hier in einem Aufsehen erregenden Urteil dem geprellten Erwerber einer Schrottimmobilie einen Schadensersatzanspruch zugesprochen, weil die Bank eine echte Rechtspflicht, nämlich die zur Belehrung des Anlegers über ein Widerrufsrecht für ein Haustürgeschäft, verletzt hatte und der Anleger sich bei ordnungsgemäßer Belehrung von seiner Immobilie innerhalb der Widerspruchsfrist hätte lösen können.
 
Der BGH geht einen anderen Weg, um dem „Gedanken des Verbraucherschutzes vor Risiken von Kapitalanlagemodellen im nationalen Recht Rechnung zu tragen“, der ihm vom Europäischen Gerichtshof vorgegeben war. Hieß es von den Bundesrichtern seit Jahr und Tag, bei Finanzierungen von Kapitalanlagen habe die Bank nur über die Eigenheiten des Darlehensvertrages Auskunft jetzt zu geben und müsse sich um andere Fragen, z.B.. der Unwirtschaftlichkeit des erworbenen Objektes nicht kümmern, ist diese Rechtsprechung nun wohl zu Gunsten der Anleger geändert.
 
Die Bank muss also darlegen und beweisen, dass sie trotz der Zusammenarbeit mit dem Anlagenvertreiber von dessen unlauteren Methoden nichts wusste.

Die Entscheidung bedeutet im Grunde, dass die Bank in Zukunft den Vertrieb von Kapitalanlagen, die finanziert werden, näher überwachen muss. Falls die Bank stattdessen die Augen vor schädigenden Vertriebsmethoden verschließt, müssen die Kreditkunden das Darlehen nicht zurückzahlen.

Die Entscheidung gilt auch heute zu Recht als wegweisend für den Anlegerschutz.

For our English clients here essential Information from this press release in English:

The German Federal Court (Bundesgerichtshof) issued a substantial decision on June 13th, 2006. False consulting by independant advisors is being projected towards financing banking companies under certain conditions. This is especially done in cases where the false or fraudulent consulting is clearly visible to the operating banking attendee or when the banking institute intentionally works together with fraudulent advisors.

Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
22. Jahrgang - Nr. 1652 vom 20. Juli 2015 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich