Recht und Gesetz

Unwirksame Kündigung von Verbraucherkredit aufgrund von Formfehlern

Unwirksame Kündigung von Verbraucherkredit aufgrund von Formfehlern – Aktuelle Prozessentscheidung am Landgericht Neuruppin

Haben Sie auch einen Wunsch, den sie gerade nicht finanzieren können? Ein toller Urlaub vielleicht, ein neues Auto, oder schicke Möbel? – Kein Problem, so jedenfalls versprechen es zahlreiche Unternehmen in ihren Werbebriefen. Zahlreiche Menschen finden jeden Tag in Deutschland viel versprechende Post in ihrem Briefkasten: Die Erfüllung ihrer Wünsche – mit einem schnellen und „umkomplizierten“ Kredit, ohne aufwändige Anträge und Prüfung der Kreditwürdigkeit. Viele Unternehmen bieten mittlerweile solche Verbraucherkredite an. Einen Sofortkredit über 10000 Euro zu bekommen ist kaum ein Problem, und zwar bei verschiedenen und voneinander unabhängigen Banken. Der so genannte Anschaffungskredit liegt voll im Trend. Kaufen auf Pump ist gesellschaftsfähig geworden, der gute alte Sparstrumpf ein Auslaufmodell: Warum warten, wenn man auch jetzt schon kaufen kann?

Da kann man schon mal den Überblick verlieren. Nur allzu oft schließt ein Verbraucher so viele Kreditverträge ab, dass er an der einen oder anderen Stelle in Zahlungsrückstand gerät. Dann aber drohen sehr schnell die Kündigung und damit die auch umgehende Fälligkeit der vollen Kreditsumme. Der gekündigte Kredit landet als Eintrag in der Schufa und anderen Auskunftsdatenbanken, und so kann man sich leicht in einer unangenehmen Lage wieder finden, in der nicht nur weitere Darlehen und Kreditkarten, sondern auch Handyverträge, Car-Sharing und die Wohnungssuche zum Problem werden.

Zum Glück für den Verbraucher gibt es gesetzliche Bestimmungen, an die sich die Bank bei der Kündigung eines Verbraucherdarlehens halten muss, unter anderem muss sie sämtliche Kündigungsvoraussetzungen auch nachweisen können. Das hat das Landgericht Neuruppin in seinem Urteil vom 08.05.2008 noch einmal deutlich herausgestellt (Aktenzeichen 5 O 154/07). Bei dem durch den Verfasser geführten Verfahren ging es um einen Kreditvertrag mit monatlichen Raten in Höhe von 80 Euro. Die Kreditnehmerin war aufgrund eines vorübergehenden finanziellen Engpasses in Zahlungsrückstand geraten. Nachdem die dritte Rate offen blieb, sah sich die Bank im Recht, eine fristlose Kündigung des Darlehensvertrages auszusprechen. Dabei unterlief ihr jedoch ein entscheidender Formfehler.

Nach den Bestimmungen über die Kündigung von Verbraucherdarlehen kann die Bank ein solches Darlehen nur dann kündigen, wenn sie das Vorliegen sämtlicher Kündigungsvoraussetzungen beweisen kann. Hierzu zählt neben dem Verzug mit mindestens zwei aufeinander folgenden Raten auch ein Gesamtdarlehensverzug von 5 % beziehungsweise 10 % der Darlehenssumme – je nach Laufzeit. Darüber hinaus muss die Bank die Kündigung des Darlehens ankündigen beziehungsweise androhen, und dem Darlehensnehmer mindestens eine zweiwöchige Zahlungsfrist zubilligen. Dabei muss die Bank explizit darauf hinweisen, dass bei nicht rechtzeitig erfolgender Zahlung die gesamte Restschuld fällig wird.

Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte und Darlehensnehmerin ein solches Schreiben, in dem die Bank die Kündigung androht, nicht erhalten. Die Bank konnte nicht einmal das Absenden, geschweige denn die Zustellung eines derartigen Schreiben nachweisen.

Es sind insbesondere diese Schreiben, in denen die Kündigung bei Setzen einer letzten Zahlungsfrist angedroht werden muss, die den Banken Schwierigkeiten bereiten, da es hier oft zu Formfehlern kommt oder Zustellungsnachweise erbracht werden kann. Die übliche Praxis der Zustellung per Einschreiben ist den Banken durchaus bekannt und wird für das Kündigungsschreiben selbst auch genutzt. Bei dem Mahnschreiben, welches die Kündigung androht, wird dies aber oft nicht beachtet.

Kommt es zum Gerichtsverfahren, ist es ein entscheidender Nachteil für die Bank, wenn diese die Zustellung dieses Schreibens nicht nachweisen kann. Denn dann liegt eine der wesentlichen Kündigungsvoraussetzungen nicht vor, was die Kündigung insgesamt unwirksam werden lässt. Dies gilt mindestens dann, wenn der Darlehensnehmer den Zahlungsrückstand nebst möglicherweise aufgelaufenen Gebühren in der Zwischenzeit ausgeglichen hat. Andernfalls kann die Bank kann auch während des laufenden Prozesses die fehlenden Kündigungsvoraussetzungen nachholen, um die Kündigung wirksam zu machen.

Betroffene Verbraucher sollten in jedem Fall einen Experten hinzuziehen, der beurteilen kann, ob sich die Bank an alle Kündigungsvoraussetzungen gehalten oder ihr doch eventuell Formfehler bei der Kündigung des Verbraucherdarlehensvertrages unterlaufen sind.

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Die Artikel Highlights

Empfehlung von Dr. Thomas Schulte wegen großer Erfahrung und erfolgreicher Prozessführung, z.B. Titelbeitrag im Magazin „Capital“, Ausgabe 07/2008.

Der Beitrag schildert die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erstellung. Internetpublikationen können nur einen ersten Hinweis geben und keine Rechtsberatung ersetzen.

Ein Beitrag aus unserer Reihe "So ist das Recht - rechtswissenschaftliche Publikationen von Dr. Schulte Rechtsanwalt" registriert bei DEUTSCHE NATIONALBIBLIOTHEK: ISSN 2363-6718
23. Jahrgang - Nr. 527 vom 3. Juni 2008 - Erscheinungsweise: täglich - wöchentlich