Die neueste Rechtsprechung mit dem Smartphone abgerufen, mit der Mandantschaft telefoniert und das Oberlandesgericht München schon im Blickfeld – so schnell ist es passiert.
Zu Fuß über die rote Ampel. „Wenn Sie mir bitte folgen würden?“ Rechtsanwältin Buchmann von der Kanzlei Dr. Schulte und sein Team aus Berlin testet unfreiwillig das Verkehrsrecht zu Fuß. Bei Rot über die Ampel als Fußgänger? Was erwartet mich? Ein freundlicher Polizist in Zivil bittet zur Seite, fragt nach dem Personalausweis, spricht eine Verwarnung aus, kassiert 5,00 EUR und lässt andere vorüberziehen überreicht einen grünen Zettel mit dem Vermerk § 37 StVO. Man wünscht einen schönen Tag und fragt sich:
Ausweispflicht?
Mit Vollendung des 16. Lebensjahres sind deutsche Staatsbürger grundsätzlich nach dem Personalausweisgesetz (PersAuswG) verpflichtet einen Personalausweis zu besitzen. Die sogenannte Ausweispflicht ergibt sich aus § 1 PersAuswG. Wer es unterlässt, einen Ausweis auf Verlangen einer zuständigen Stelle vorzulegen, handelt ordnungswidrig.
Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden. Aber, was viele nicht wissen, die Ausweispflicht umfasst grundsätzlich nur die Pflicht einen Ausweis zu besitzen, nicht aber diesen ständig bei sich zu führen. So lautet es im Gesetz, dass nur gefordert werden kann, dass eine zur Feststellung der Identität berechtigte Behörde die Vorlage verlangen darf. M.a.W. das Nichtbeisichführen führt nicht zu einer Ordnungswidrigkeit. Allerdings kann z.B. die Polizei nach den Polizei- und Ordnungsgesetzen der Länder unter bestimmten Voraussetzungen eine Person festhalten oder zur Dienststelle bringen, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Es ist daher immer empfehlenswert eine Kopie des Ausweises bei sich zu tragen.
Bei Rot über die Ampel – was habe ich falsch gemacht?
Die Straßenverkehrsordnung (StVO) regelt den öffentlichen Verkehr. Daran nehmen auch Fußgänger teil Und so lautet es in § 37 StVO:
„ … Wechsellichtzeichen haben die Farbfolge Grün – Gelb – Rot – Rot und Gelb (gleichzeitig) – Grün. Rot ist oben, Gelb in der Mitte und Grün unten.
…
Rot ordnet an: „Halt vor der Kreuzung.“
Mit dem Verstoß gegen das Halteverbot ist somit eine Ordnungswidrigkeit erfüllt.
Verwarngeld? Nicht in jedem Fall!
§ 56 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) ist die Rechtsgrundlage nach der die Verwaltungsbehörde die „Verwarnung“ aussprechen und ein „Verwarnungsgeld“ von 5,00 – 55,00 € aussprechen kann.
Damit handelt es sich also um eine sogenannte „Kannbestimmung“ – das heißt, nicht in jedem Fall ist ein Bußgeld zu zahlen! Insbesondere muss man auch die Verwarnung an sich nicht akzeptieren. So lautet es in § 56 OWiG wörtlich:
„Die Verwarnung nach Absatz 1 Satz 1 ist nur wirksam, wenn der Betroffene nach Belehrung über sein Weigerungsrecht mit ihr einverstanden ist und das Verwarnungsgeld entsprechend der Bestimmung der Verwaltungsbehörde entweder sofort zahlt oder innerhalb einer Frist, die eine Woche betragen soll, bei der hierfür bezeichneten Stelle oder bei der Post zur Überweisung an diese Stelle einzahlt. Eine solche Frist soll bewilligt werden, wenn der Betroffene das Verwarnungsgeld nicht sofort zahlen kann oder wenn es höher ist als zehn Euro.“
Achtung! Nimmt man die Verwarnung an – so ist sie nachträglich nicht mehr angreifbar. Weder hat man die Möglichkeit den Sachverhalt klarzustellen noch rechtliche Einwendungen vorzubringen. Wer sich wehren will – sollte das also an Ort und Stelle tun und den „grünen Zettel“ nicht entgegennehmen.
Können Fußgänger auch Punkte in Flensburg erhalten?
Rechtsanwältin Buchmann fragt den Polizeibeamten in Zivil. Er meint: „Ja! Wenn ein Fußgänger wiederholt gegen die StVO verstößt und wir das aktenkundig machen – so kann die Straßenverkehrsbehörde Punkte in Flensburg veranlassen oder sogar mit Führerscheinentzug reagieren.“
Und er hat Recht. Was viele nicht wissen, seit dem 1. Mai 2014 gelten neue Regelungen in der Flensburger Verkehrssünderkartei – viele Änderungen betreffen Radfahrer und auch Fußgänger. Das Punktesystem gilt für alle Verkehrsteilnehmer und somit auch für Fußgänger. Es sollte aber im Einzelfall geprüft werden, ob die Maßnahme verhältnismäßig ist.
Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz (GG)?
Während Rechtsanwältin Buchmann zur Seite gebeten wird, dürfen andere weiterlaufen. Ungerecht? Ist das ein Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz – das Recht auf Gleichbehandlung? In diesem Fall, das Recht wie die anderen weiterlaufen zu dürfen?
Rechtsanwältin Buchmann erklärt: „Ja, es handelt sich rechtstechnisch um einen Eingriff, dieser ist aber gerechtfertigt. Überdies hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden „Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt nicht im Unrecht“.“.
Nur systemlos und willkürlich darf der Polizist nicht vorgehen. Lässt er also z.B. drei gutaussehende Frauen bei Rot laufen und hält den eiligen Rechtsanwalt an – so sollte man ruhig nachhaken.
Fotos von Polizei?
Rechtsanwältin Buchmann will nun wenigstens ein Erinnerungsfoto und fragt den Polizist. „Darf ich ein Bild von Ihnen machen?“ Dieser meint „Nein, von dem Polizeiwagen schon, aber nicht von mir!“
Und in der Tat hat z.B. das Verwaltungsgericht Göttingen entschieden, dass das Fotografieren eines Polizisten nicht gerechtfertigt ist. Rechtsanwältin Buchmann erklärt dazu: Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgericht verstößt das Fotografieren von Polizisten gegen das Recht am eigenen Bild als Schutzgut der öffentlichen Sicherheit.
Interessieren Sie sich für weitere Probleme aus dem Bereich Verkehrsrecht melden Sie sich bei den Rechtsanwälten Dr. Schulte und sein Team.