Seminarveranstaltung des Arbeitskreis Kreditgewährung in Berlin – Rechtliche Diskussion zum Urteil des OLG München zum Az.: 5 U 3445/11
Der Arbeitskreis Kreditgewährung ist ein erfolgreicher und praxisorientierter Zusammenschluss zwischen spezialisierten Rechtsanwälten und Bankfachleuten. Zu dem Thema „Verlängerung der Verjährungsfrist für eine Bürgschaftsforderung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist wirksam“ führten Dr. Thomas Schulte – Rechtsanwalt und Gründungsmitglied der Kanzlei Dr. Schulte und sein Team; Dana Wiest – Rechtsanwältin und Alexander Bellgardt – Bankfachmann, am 12.10.2012 in den Kanzleiräumen ein Seminar durch, indem das Urteil des Oberlandesgericht München kontrovers diskutiert wurde.
Das Oberlandesgericht München hatte in seiner Entscheidung zum Az.: 5 U 3445/11 über folgenden Sachverhalt zu befinden:
Eine Bank hatte im Jahr 2005 an eine GmbH zwei Darlehen ausgereicht. Ein Darlehen war dabei als Kontokorrentkredit ausgestaltet. Für beide Darlehen hatte der Geschäftsführer der GmbH eine selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft übernommen. Die Bürgschaftsverträge waren formularmäßig ausgestaltet und umfassten 5 Druckseiten. In den formularmäßigen Bedingungen war unter anderem geregelt, wann der Bürge durch die Bank in Anspruch genommen werden kann und wie, dass der Bürge ein Kündigungsrecht hat und die Haftung des Bürgen. Darüber hinaus fand sich eine Regelung, dass die Ansprüche der Bank aus diesem Bürgschaftsvertrag nach 5 Jahren verjähren.
Der Geschäftsführer der kreditnehmenden GmbH schied noch im Jahr 2005 aus und machte von seinem außerordentlichen Kündigungsrecht im September 2005 Gebrauch. Die Bank kündigte im Februar 2010 dann die Darlehen gegenüber der GmbH und forderte die Rückzahlung. Gleichzeitig hatte die Bank dem damaligen Geschäftsführer die Inanspruchnahme aus den selbstschuldnerischen Bürgschaften angekündigt. Die GmbH konnte die Darlehen nicht zurückzahlen und fiel in Insolvenz. Die Bank forderte nunmehr von dem damaligen Geschäftsführer Zahlung. Sie beantragte einen Mahnbescheid, welcher im August 2010 erlassen und dem damaligen Geschäftsführer zugestellt wurde.
Das Landgericht München gab der Bank im Wesentlichen Recht und verurteilte den damaligen Geschäftsführer zur Zahlung. Dabei vertrat das Landgericht die Auffassung, dass der Anspruch der Bank entgegen der Ansicht des damaligen Geschäftsführer nicht verjährt sei. Gegen dieses Urteil legte der damalige Geschäftsführer Berufung ein und verblieb bei seiner Argumentation, dass der Anspruch der Bank verjährt sei.
Das Oberlandesgericht München bestätigte das Urteil des Landgerichts München. Zur Begründung verwies es darauf, dass die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft in unverjährter Zeit erfolgte. Die Verlängerung der Verjährungsfrist sei in den formularmäßigen Bürgschaftsverträgen wirksam vereinbart worden. Eine unangemessene Benachteiligung eines Vertragspartners würde sich daraus nicht ergeben.
Zur Erklärung für die Seminarteilnehmer erläuterte Rechtsanwältin Dana Wiest die Urteilsgründe wie folgt:
„Der Anspruch gegen den Bürgen entsteht mit der Fälligkeit der gesicherten Forderung. Dies war im Februar 2010 der Fall, als die Bank die Darlehen gegenüber der GmbH gekündigt hat. Es war nunmehr zu klären, ob der Anspruch der Bank gegenüber dem damaligen Geschäftsführer noch durchgesetzt werden kann. Schließlich hatte der damalige Geschäftsführer bereits im September 2005 seine selbstschuldnerischen Höchstbürgschaften fristlos gekündigt. In diesem Zusammenhang hatte sich das Oberlandesgericht München damit auseinander zu setzen, ob die Verlängerung der Verjährungsfrist wirksam vereinbart war und somit der Bürge noch in Anspruch genommen werden konnte.“
Um den Seminarteilnehmer diesen Schwerpunkt zu verdeutlichen, verwies Rechtsanwältin Dana Wiest zunächst darauf, dass die regelmäßige Verjährung drei Jahre beträgt und zum Schluss des Jahres zu laufen beginnt in dem der Anspruch entstanden ist. Im hier diskutierten Fall hätte dies zur Folge, dass mit Wirksamwerden der außerordentlichen Kündigung durch den damaligen Geschäftsführer die Verjährungsfrist zum 31.12.2005 zu laufen begonnen hat. Eine Verjährung wäre demnach zum 31.12.2008 eingetreten. Hier hatte jedoch die Bank die Verjährungsfrist von drei auf fünf Jahre verlängert.
In diesem Zusammenhang erklärte Bankfachmann Alexander Bellgardt:
„Verjährungsfristen können durch Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen verlängert werden. Jedoch ist eine derartige Verlängerung nur dann wirksam, wenn der anderen Vertragspartner dadurch nicht unangemessen benachteiligt wird. Dies ist jedoch immer in jedem Einzelfall zu prüfen. So kann eine Verlängerung der Verjährungsfrist einen Verbraucher unangemessen benachteiligen, einen Geschäftsführer einer GmbH jedoch nicht.“
Hier verwies Rechtsanwältin Dana Wiest noch einmal auf das Urteil des Oberlandesgericht München. Dieses vertrat die Auffassung, dass die Verlängerung der Verjährungsfrist auf 5 Jahre den damaligen Geschäftsführer nicht unangemessen benachteilige, da sich diese Frist im Rahmen der gesetzlichen Vorgabe der wirtschaftlich vergleichbaren Nachhaftung eines ausscheidenden Kommanditisten im Sinne des § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB bewege. Der überwiegende Teil der Richter des entscheidenden Senats sah die Verlängerung der Verjährungsfrist als maßvoll an. Jedoch waren sich die Richter ihrer Entscheidung nicht sicher und haben die Revision zugelassen. Es bleibt nunmehr abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof mit der Klärung der Frage der Wirksamkeit der Verlängerung der Verjährungsfrist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen befasst wird.
Herr Alexander Bellgardt erklärte dann den Seminarteilnehmern noch kurz, dass die Banken als Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen diese meist so ausgestaltet haben, dass es immer zu ihren eigenen Gunsten spricht. Wie das Urteil des Oberlandesgericht München eindrucksvoll darstellt, gehen die Banken bis an den Rand des rechtlich möglichen und haben nunmehr eine weitere Argumentationsmöglichkeiten, dass die Verjährungsfristen verlängert werden können.
Das Ergebnis der anschließenden Diskussion mit den Seminarteilnehmern lautet:
„Banken haben einen großen Spielraum bei der Gestaltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. So können dort unter anderem Verjährungsfristen über die gesetzlichen Verjährungsfristen hinausgehend verlängert werden. Es ist daher geboten vor Unterzeichnung von Bürgschaftsverträgen die Unterlagen sorgfältig durchzuarbeiten und sich gegebenenfalls beraten zu lassen, bevor eine abschließende Unterzeichnung erfolgt und eine Bürgschaft übernommen wird. Das Urteil des Oberlandesgericht München zeigt deutlich, dass die Banken gerne Regelungen zu ihren Gunsten in den Allgemeinen Geschäftsverbindungen treffen. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich der Bürge aufgrund des Umfangs nicht allzu vertiefend damit befasst und die versteckten Regelungen zu seinem Nachteil nicht erkennt. Aber selbst wenn eine nachteilige Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist, gilt diese; es sei denn die Regelung ist so nachteilig, dass sie eine unangemessene Benachteiligung darstellt. Verlängerungen der Verjährungsfrist sind dann unangemessen, wenn sie die Regelverjährung erheblich überschreiten. Eine fünfjährige Verjährungsfrist ist als maßvoll anzusehen.“
Die Seminarveranstaltung war ein großer Erfolg, fand großen Anklang und zur Zufriedenheit der Seminarteilnehmer konnte die Erkenntnis mitgenommen werden, eine Bank hat zahlreiche Möglichkeiten einen Bürgen in Anspruch zu nehmen. Dabei hat die Bank sogar das Recht, die Verjährungsfrist zu verlängern. Dieses Recht kann die Bank aber nur dann wirksam geltend machen, wenn die Verlängerung der Verjährungsfrist den Bürgen nicht unangemessen benachteiligt. Es ist daher zwingend erforderlich, die Unterlagen vor der Unterzeichnung genau durchzusehen und zu prüfen, ob die Bank in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Verlängerung der Verjährungsfrist versteckt hat. Wenn ja sollte geprüft werden, ob hier eine abweichende Vereinbarung mit der Bank geschlossen werden kann oder die Verlängerung der Verjährungsfrist unter Berücksichtigung der Ausführungen des Oberlandesgericht München als maßvoll bewertet werden kann.
Über die Erfolge der Anwälte wird in den Medien berichtet.